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Mensch – Maske – Tier Zu den Entstehungsbedingungen der Karikatur

Simone Voegtle
Institut für Archäologische Wissenschaften, Suiza

Mensch – Maske – Tier Zu den Entstehungsbedingungen der Karikatur

HASBonline – Hefte zur Archäologie des Mittelmeerraumes aus Bern, vol. 22, pp. 9-31, 2017

Universität Bern

Préface

La nouvelle HASBonline – Hefte zur Archäologie des Mittelmeerraumes aus Bern est une revue archéologique suisse publiée en ligne, qui prend en compte la nécessité de publier rapidement les résultats de la recherche scientifique. Son libre-accès est motivé par la conviction que l’information scientifique doit être accessible à tout le monde. Cela va de pair une volonté de favoriser les échanges entre spécialistes du monde entier. La publication rapide et en ligne ne doit pas affaiblir la qualité des contributions. C’est pourquoi HASBonline présente dans la rubrique ‘articles’ uniquement des essais évalués et soumis à un double processus de blind peer review.Le domaine principal de HASBonline est l’archéologie de la Méditerranée et de ses régions périphériques, avec une ouverture vers la diversité des approches méthodo-logiques.De 1975 à 2009, la revue et ses suppléments ont été publiés sous format papier au nom de HASB. Ces numéros sont désormais numérisés et accessibles sur http://retro.seals.ch/digbib/vollist?UID=has-001.Avec ce numéro paraissent les premières contributions en ligne. Elles embrassent un vaste cadre méthodologique et historique. Notre objectif est d’élargir constamment ce cadre en y joignant les contributions de la communauté scientifique anglo-saxonne, italienne et francophone. Grâce à votre soutien, ce but pourra être atteint.

Prefazione

HASBonline – Hefte zur Archäologie des Mittelmeerraumes aus Bern è una nuova rivista svizzera di archeologia in forma digitale, per favorire una rapida pubblicazione dei risultati della ricerca scientifica, ad accesso libero e con l’obiettivo di essere fruibile da tutti e di incentivare così gli scambi tra specialisti di tutto il mondo.La rapida pubblicazione in rete non deve però portare ad uno sminuimento della qualità dei contributi. Per questo motivo HASBonline nella rubrica „articoli“ pubbli-cherà unicamente saggi valutati e approvati in un processo di double blind peer review.Il tema principale degli HASBonline è l’archeologia del Mediterraneo e delle sue regioni periferiche, con tutta la diversità degli approcci metodologici.Dal 1975 al 2009 la rivista e i suoi supplementi sono stati pubblicati in forma stampata sotto il nome di HASB. Queste annate sono state digitalizzate e sono ora accessibili su http://retro.seals.ch/digbib/vollist?UID=has-001.Con questo primo ’Quaderno’ appaiono i primi contributi in forma digitale del-la nuova rivista. Essi presentano un vasto quadro metodologico e storico. Il nostro obiettivo è di allargare costantemente questo contesto aggiungendovi i contributi del-la comunità scientifica di lingua inglese, italiana e francese. Grazie al vostro appoggio potremo raggiungere il nostro scopo.

Zur Einführung

Zwischen Mensch und Tier nimmt die Maske, so legt es oben stehender Titel nahe, im antiken Griechenland eine Vermittlerrolle ein. Auch die Karikatur liesse sich in gewisser Weise an diese Stelle setzen, wenn auch der Bezug hier viel differenzierter ist. Wie sich das Verhältnis zwischen Mensch, Maske, Tier und Karikatur genau präsentiert, dem soll im folgenden Text in einer diachronen Betrachtung nachgegangen werden.. Dabei ist die Maske in ihren frühen Erscheinungsformen im archaischen Griechenland relevant; Theatermasken stellen bereits ein späteres Entwicklungsstadium dar und kommen daher nur am Rande vor. Die Karikatur wiederum erscheint nicht vor dem 5. Jahrhundert v. Chr. Erst in hellenistischer Zeit ist sie hinreichend fassbar und so für die vorliegenden Überlegungen ausschlaggebend. Spezielle Aufmerksamkeit wird der Stellung des Tieres zukommen, das in Verschmelzung sowohl mit der Maske als auch mit der Karikatur als Instrument dient, um bestimmte Inhalte zu transportieren. Diese symbolische Verwendung wird formal auf der physiognomischen Ebene sichtbar, auf der sich sowohl Maske als auch Karikatur der Gestalt des Tieres bedienen. Dabei soll hier deutlich gemacht werden, dass die Karikatur die Maske in verschiedener Hinsicht beerbt und gewisse Charakteristika weiterführt und verfeinert.

MASKE

Funktion

Die Maske ist ein ambivalentes Objekt, dessen paradoxe Funktion des Zeigens und Verbergens eine ungebrochene Faszination ausübt. R. Weihe sieht sie als »Form der Unterscheidung«., die zwischen Gesehenem und Ungesehenem, zwischen Innen und Aussen trennt, aber die beiden Bereiche zugleich verbindet. Sie kann eine Persönlichkeit verhüllen und umgekehrt auch Medium dafür sein. Diese Ambivalenz birgt ein grosses Potential: Der Schutz, den die Maske bietet, kann einerseits Gelegenheit geben, unterdrückte Triebe und Aggressionen loszuwerden. Im konkreten Sinn ist dies zum Beispiel während des Karnevals der Fall, im übertragenen Sinn kann ein Witz eine solche Maskierung sein.. Auf der anderen Seite kann die Maske auch der eigentlichen Identitätsfindungdienen: »Man wird, wenn man sich bewusst maskiert, wirklicher, als man es normalerweise ist«.. Der Unterschied liegt im Wort bewusst. Die Entscheidung für eine Rolle kann einem die Möglichkeit geben, sie voll und ganz, nach bestem Vermögen auszufüllen und in dieser Zeit wirklich, ungeteilt und eben bewusst zu existieren. Die ihr inhärente Möglichkeit zur Transformation macht die Maske zu einem »Urgerät«., das seit dem Neolithikum zu den rituellen Instrumenten des Menschen gehört. Im Ritual verkörpert der Maskenträger ein göttliches oder dämonisches Wesen, welches im ihm zur Verfügung gestellten Körper unterschiedlich viel Platz einnehmen kann.. Die Maske führt zur Durchlässigkeit der Grenzen zwischen Mensch und Gott – K. Kerényi spricht von der »vereinigenden Verwandlung«., die sie ermöglicht. Diese Macht zur transzendentalen Kommunikation erklärt ihre grosse Bedeutung in den Ritualen verschiedenster Epochen und Kulturen.. Eine enge Verbindung besteht seit Anbeginn auch zwischen der Maske und dem Tod. Die Leere hinter der Maske, die uns durch die Mundund Augenhöhlen anspringt, lässt an das Gesicht eines Toten denken, aus dem alles Leben gewichen ist: »Der Schrecken des Todes liegt darin, dass sich vor aller Augen und mit einem Schlage in ein stummes Bild verwandelt, was gerade noch ein sprechender, atmender Körper gewesen war. Dazu noch ein unverlässliches Bild, das sich in kurzer Zeit aufzulösen beginnt«.. Viele Kulturen begegneten diesem Schrecken, indem sie für die Verstorbenen Masken anfertigten, um so das Gesicht zu bewahren, das der Tod geraubt hatte10. Diese übereinander gelegten Bilder – das Angesicht des toten Menschen und sein Abbild als Lebender – sind Masken, weil sie den Verlust der Identität ausdrücken, den der Tod zur Folge hat. Die Maske ist letztlich Ausdruck der menschlichen Auseinandersetzung mit dem Selbst11.

In der Vita Aesopi lesen wir, dass die Bediensteten des Haushalts, als sie den missgestalteten Sklaven Äsop zum ersten Mal sahen, meinten, er sei von ihrem Meister als baskanion gekauft worden78. Zum baskanion, dem ‘Zauber’79, und seiner Wirkung schreibt Pollux, dass man mit diesem Begriff lächerliche Figürchen bezeichnete, die von den Schmieden hergestellt wurden und zur Abwehr des Neides dienten80. Diese Figuren, so überliefert wiederum Phrynichos, hängten die Handwerker auch selber in ihren Werkstätten auf, um ihre Arbeit zu schützen81. Die mit diesen drei Quellen vorliegende Verwendung des Wortes baskanion macht deutlich, dass sowohl einem lebendigen, physisch aus der Norm fallenden Menschen als auch den dergestalt fabrizierten Objekten ein Zauber innewohnte – zwischen ‘natürlicher’ und künstlich hergestellter Deformierung wurde offenbar kein Unterschied gemacht. Es liegt also nahe anzunehmen, dass umgehängten Amuletten genau so wie aufgehängten oder aufgestellten lächerlich-hässlichen Figürchen eine bestimmte Wirkung zugeschrieben wurde – ähnlich, wie es L. Giuliani bereits im Zusammenhang mit den Grotesken hellenistischer Zeit beobachtet hatte82. Dabei ist unwichtig, aus welchem Material und welcher Kunstgattung angehörig das lächerliche Bild war. Sowohl in der Kleinskulptur als auch im Mosaik oder der Malerei war meiner Meinung nach der apotropäischglückbringende Aspekt wesentlich, der sich aus der hässlichen Gestalt ergab. Das deformierte Gegenbild rief beim Betrachter eine Abwehrreaktion hervor, konnte aber andererseits durch seine Nähe zum Abnormen auch einen Schutz vor allem Dämonischen bieten. Hier wirkte das Prinzip der Analogie83, das Gleiches mit Gleichem abzuschrecken suchte. Dass heisst, dass jemand – sei es Mensch oder Geist –, der sich mit böser Absicht dem Träger oder Besitzer der hässlichen Figur näherte, davon abgeschreckt wurde, da er selbst moralisch schlecht und damit hässlich war.

Analog dazu erschliesst sich auch die Funktion der Karikatur aus ihrer formalen Verzerrung. Zusätzlich zur allgemeinen Hässlichkeit der zuvor besprochenen Figuren kam bei den Karikaturen eine spezifische Komponente hinzu. Es war nicht der Mensch an sich, der lächerlich erschien, sondern ein ganz bestimmter Mensch, womöglich sogar ein Gott oder ein Held. Hier rückte der Spott als Intention in den Vordergrund, denn er traf eine bekannte Person oder Personengruppe. In der Folge verlagerte sich der Schwerpunkt innerhalb der Funktion auf das Lachen, eine Tatsache, die im Zusammenhang mit der Karikatur evident erscheint. Die karikierten, mit Hässlichkeit beladenen Figuren sind deshalb lächerlich, weil man sich vom damit verbundenen Minderwert bzw. den damit behafteten Gestalten durch das Lachen distanzieren konnte. Das Hässliche wurde von der Gemeinschaft ausgeschlossen und ferngehalten, indem sie darüber lachte. Dabei spielte es keine Rolle, ob eine bestimmte Berufsgruppe, eine bekannte Persönlichkeit oder Herakles verspottet wurde: Die Karikatur zeigte, was man nicht sein wollte oder was nicht sein durfte. Gleichzeitig, und dies ist die kathartische Komponente des Lachens, wurde man von den negativen Gefühlen, die man beim Anblick eines hässlichen Menschen empfand, befreit. Nicht das Hässliche an sich war so gesehen – nicht nur, aber vor allem in Bezug auf die Karikatur – apotropäisch, sondern das dadurch provozierte Lachen84.

Die Maske im antiken Griechenland

Das griechische Verständnis der Maske erschliesst sich aus der Bedeutung des Gesichtes. Das Wort, das zu ihrer beider Bezeichnung benutzt wurde, war dasselbe: tò prósopon das, was dem Blick des anderen präsentiert wird. Das Gesicht wurde als »lieu d’émission de signes«12 betrachtet, auf dem sich das freundliche Empfangen eines Gastes ebenso wie empfundenes Leid ablesen liess. Es sprach eine eigene, von den Worten unabhängige Sprache, es machte die Persönlichkeit seines Trägers sichtbar. Als Medium in der Kommunikation des Selbst mit den Anderen war es grundlegend für die zwischenmenschlichen Beziehungen. Aus dieser Perspektive muss auch die Maske betrachtet werden: »On l’aura compris, sans doute, à déchiffrer ainsi les visages grecs: si le terme qui désigne le masque est le même que celui qui désigne le visage, ce n’est pas que ce dernier soit conçu comme un masque. Le visage des Grecs ne dissimule pas, il n’abrite ni ne renferme rien. Il n’est pas comme le nôtre cette enveloppe de peau qui préserve, derrière la clôture des paupières, les secrets de la vie intérieure. Le visage, tout au contraire, exprime et révèle«13.

Es war, folgt man dieser Logik, also nicht die Aufgabe der Maske der Griechen, etwas zu verstecken, und es stellte sich auch niemand die Frage, was sich hinter einer Maske befand. Die Maske verbarg nicht, sondern sie zeigte. Die Persönlichkeit eines Schauspielers oder eines Ritualteilnehmers machte für den Moment der Performanz jener Entität Platz, die er durch seine Verkleidung darstellte. Dabei ging es nicht so sehr darum, die eigene Persönlichkeit durch eine andere zu ersetzen. Sie wurde lediglich vorübergehend nicht in Betracht gezogen14. Dionysos, der Gott der Ekstase, forderte geradezu dieses Heraustreten aus sich selbst und den enthousiasmos, die Erfüllung mit dem Göttlichen. In der Verehrung dieses Gottes vereinten sich die drei Aspekte der Maske, die sich für Griechenland unterscheiden lassen: Ritual, Theater und Tod. Die Maske war das Attribut des Dionysos, und er wurde, wie es verschiedene Vasenbilder überliefern, auch in Form einer Maske verehrt15. Das Theater, dessen Masken uns am zahlreichsten erhalten sind, hat seine Wurzeln im Dionysoskult und kann als eine Fortführung der Umzüge und Kultspiele zu Ehren des Gottes gedeutet werden16; die Masken des Theaters sind letztlich also ebenfalls ein Ritualgerät. Schliesslich hatte der Kult um Dionysos auch eine mystische Komponente, die den Eingeweihten eine Wiedergeburt nach dem Tod versprach. Auch wenn eigentliche Totenmasken für Griechenland nicht nachzuweisen sind, ist die Verbindung von Maske – also Dionysos – und Tod auch hier präsent17.

Neben Dionysos sind vor allem zwei weitere göttlich-mythische Figuren mit der Maske im antiken Griechenland verbunden: Artemis und Gorgo. Das Gorgoneion gehört, wie noch deutlich werden wird, zu den ersten griechischen Masken überhaupt18. Der chthonische Aspekt der Gorgo, deren Maskengesicht als exemplarisch für die dämonischen Gestalten Griechenlands zu sehen ist, verkörperte das Unheil der Unterwelt. Zusammen mit den Masken aus dem Kult der Artemis, die uns ebenfalls ganz an den Anfang ihrer griechischen Erscheinungsform führen, ist die Wirksamkeit der Maske damit weitgehend abgedeckt: Ihre ursprüngliche Funktion liegt im Ritual, wo sie als Instrument zur Vergegenwärtigung einer göttlichen oder dämonischen Macht in Gebrauch war19.

Tonmaske aus dem Heiligtum der Artemis Orthia
Abb. 1
Tonmaske aus dem Heiligtum der Artemis Orthia

Sparta (Sparta, Arch. Mus. 15398); nach R.

Sparta (Sparta, Arch. Mus. 15398); nach R.

M. Dawkins, The Sanctuary of Artemis Orthia at Sparta (London 1929) Taf. 47

Löwe als Wasserspeier
Abb. 2
Löwe als Wasserspeier

(Olympia, Arch. Mus.); nach J. Boardman, Griechische Plastik. Die archaische Zeit (Mainz 1994) Abb. 265

Achäologische Zeugnisse

Die rituelle Maske begegnet uns in einer der frühesten Formen (7./6. Jahrhundert v. Chr.) in den Masken aus dem Artemis Orthia-Heiligtum in Sparta20. Die in der Regel lebensgrossen Terrakottamasken waren wohl aufgrund der Löcher für Augen, Mund und Nase sowie Befestigungsvorrichtungen an der Seite vor ihrer Weihung an die Göttin bei rituellen Tänzen in Gebrauch21. Von den zwei Hauptgruppen, jener der ‘Helden’ und jener der ‘Grotesken’, ist letztere die grössere und erscheint schon im 7. Jahrhundert v. Chr. Die unter dieser Bezeichnung zusammengefassten fratzenhaften Gesichter von sogenannten Gorgonen, Satyrn und alten Frauen22 fallen durch die tiefen wellenförmigen Einkerbungen auf, die Augen, Nase und Mund einfassen (Abb. 1). Eine ähnliche Gestaltung der Oberfläche ist bei den mesopotamischen Humbaba-Masken zu beobachten, die in der Bronzezeit verbreitet waren23. Diese Parallele hat dazu geführt, den Ursprung der spartanischen Masken im Alten Orient zu sehen, von wo möglicherweise die ikonographische Vorlage mit den Phöniziern nach Griechenland kam24. Primär ist in meinen Augen ein anderer Bezug ausschlaggebend: die morphologische Verwandtschaft der spartanischen Groteskenmasken mit gewissen Tiergesichtern. Sowohl in der Vasenmalerei als auch bei plastischen Löwenbzw. Panthergesichtern archaischer Zeit finden sich ähnliche Wellen zur Kennzeichnung der Stirnund Nasenpartie. Auffallend ist die Ähnlichkeit bei einer Löwenskulptur aus Olympia25, datiert um 675 v. Chr., bei der die mehrfachen, tiefen Linien über den Augen und in den Mundwinkeln trotz der fragmentarischen Erhaltung deutlich zu sehen sind (Abb. 2). Bei einem Löwen aus Korfu26 (um 600 v. Chr.) ist die Partie um das Maul in tiefe Falten gelegt (Abb. 3), und auch die beiden Panther, welche die Gorgo im Giebel des Artemis-Tempels27 (um 580 v. Chr., Abb. 12) flankieren, weisen sowohl auf der Stirn als auch auf der Nase wellenförmige, in der Mitte spitz zulaufende Kerben auf. Ein einen Stier anfallender Panther auf dem Kleitias-Krater28 (um 570 v. Chr.), um ein Beispiel aus der Vasenmalerei zu nennen, ist auf ähnliche Weise gekennzeichnet (Abb. 4). Als Vorbild für diese Tierdarstellungen dienten spätestens ab der Mitte des 7. Jahrhunderts v. Chr. assyrische Löwen mit ihrem charakteristischen faltigen Maul und der langen Mähne29. Es scheint naheliegend, dass dieser Einfluss über die Raubkatzendarstellungen auch auf den fratzenhaften Gesichtern von griechischen Mischwesen und Ungeheuern sichtbar geworden ist, wie wir sie in den Masken aus Sparta vor uns haben30. Dies gilt in besonderem Masse für das Gorgoneion. Es reicht in seiner bildlichen Darstellung als reines Gesichtszeichen in geometrische Zeit zurück, während die ganze Gestalt des Ungeheuers in Verbindung mit dem dazugehörigen Mythos von Perseus erst nach der Mitte des 7. Jahrhundert v. Chr. dargestellt wurde31. Vieles weist darauf hin, dass das Gorgoneion eine der ersten griechischen Maskenformen war: Die explizit frontale und flache Darstellung, die Verwendung losgelöst vom Körper und die überzeichneten Elemente, die eher an eine Grimasse erinnern als an ein menschliches Gesicht. Bestätigt wird diese Wahrnehmung durch die antiken Lexika: Sie führen den Terminus gorgoneion als Synonym für prosopon auf32.

Liegender Löwe
Abb. 3
Liegender Löwe

(Korfu, Arch. Mus.); nach R. Lullies, Griechische Plastik (München 1956) Taf. 13

Kampf zwischen Panther und Stier, Kleitias-Krater
Abb. 4
Kampf zwischen Panther und Stier, Kleitias-Krater

(Florenz, Arch. Mus. 4209); nach M. Cristofani, Materiali per servire alla storia del Vaso Francois, Bollettino d’arte, Serie speciale 1981, Abb. 145

Neben jenen aus Sparta weisen viele weitere dieser frühen gorgoneia die Kennzeichen einer Raubkatze auf. In den in Tiryns gefundenen und um 700 v. Chr. datierenden Tonmasken33, die neben grossen, hervorstehenden Augen und Ohren sowie einer enormen Nase über vier riesige, jeweils aus den oberen und unteren Mundwinkeln ragende Eckzähne verfügen (Abb. 5), sieht E. Simon »die frühesten über dem Kopf tragbaren Masken in der griechischen Kunst, die uns erhalten sind«34. Ein als Tempelakroter dienendes Gorgoneion von der Athener Akropolis35 (Abb. 6, 1. Viertel 6. Jahrhundert v. Chr.), fasst die tierischen Charakteristika besonders anschaulich zusammen. Es vereint den aufgerissenen Mund mit den Eckzähnen, der heraushängenden Zunge und den horizontalen, leicht gebogenen Kerben auf der Nase. Alle diese Elemente finden sich auch in den archaischen Löwenund Pantherbildern. Vergegenwärtigt man sich das in Abwehroder Drohgebärde fauchende Gesicht eines solchen Raubtieres, ergibt sich zudem ein physiologischer Zusammenhang: Der aufgesperrte Rachen lässt nicht nur die gewaltigen Eckzähne und die Zunge sichtbar werden, sondern führt auch dazu, dass sich die Haut des Gesichts in Falten legt und sich das Fell auf der Nase kräuselt36. Diese Drohgebärde wurde in den Raubtierdarstellungen der griechischen Kunst umgesetzt; zwei Löwen-Wasserspeier vom Tempel in Himera37 (Abb. 7, 5. Jahrhundert v. Chr.) zeigen sie ebenso, wie ein Löwe auf einem korinthischen Alabastron38 (625–600 v. Chr.). Einige der ersten griechischen Masken bedienten sich also derselben formalen Kennzeichnung wie bedrohliche Raubtierdarstellungen39.

Tönerne Maske aus Tiryns
Abb. 5
Tönerne Maske aus Tiryns

(Nauplia, Arch. Mus.); nach SiMON 2002, Abb. 3

Gorgoneion, Tempelakroter der Athener Akropolis
Abb. 6
Gorgoneion, Tempelakroter der Athener Akropolis

(Athen, Akropolis-Museum 701); nach P.

(Athen, Akropolis-Museum 701); nach P.

C. Bol (Hrsg.), Die Geschichte der antiken Bildhauerkunst I (Mainz 2002) Abb. 248

Maske und Tier bei Demeter, Artemis, Gorgo und Dionysos

In den Kulten, in denen die Maske als Ritualgerät verwendet wurde, hatte das Tier eine ausgeprägte symbolische Bedeutung; die tierhaften Elemente, welche die Ikonographie der Maske bestimmten, gingen einher mit der Präsenz des Tieres in Religion und Ritual. Funde aus dem bronzezeitlichen Zypern lassen auf eine schon früh vorhandene Tradition der Tiermaskierung im rituellen Kontext schliessen; sie ist in den letzten Jahrhunderten des 2. Jahrtausends v. Chr. anhand von entsprechend bearbeiteten Stierschädeln nachgewiesen40. Auch Terrakottaund Steinfiguren archaischer Zeit zeigen die Verwendung eines Stierkopfes als Maske (Abb. 8). Statuetten dieser Art existieren auf der Insel seit zypro-geometrischer Zeit, das früheste Beispiel wird zwischen 1050 und 950 v. Chr. datiert41. Die Mehrzahl stammt aber, wie das hier gezeigte Exemplar, aus dem 6. – frühen 5. Jahrhundert v. Chr. (CA II), aus den Jahrhunderten zwischen der zypro-geometrischen und frühen zypro-klassischen Periode42. Sie kamen mehrheitlich in Heiligtümern zutage, in denen nicht nur maskentragende Statuetten, sondern auch die theriomorphen Masken selbst gefunden wurden. Eine rituelle Verwendung der Tiermasken scheint daher wahrscheinlich43.

Wasserspeier des Siegestempels von Himera
Abb. 7
Wasserspeier des Siegestempels von Himera

Löwen-Wasserspeier des Siegestempels von Himera (Palermo, Museo Antonino Salinas N.I. 3928); Archivio Fotografico del Museo Archeologico Regionale Antonino Salinas di Palermo

Zypro-archaische Terrakottafigur mit Stiermaske
Abb. 8
Zypro-archaische Terrakottafigur mit Stiermaske

(Stockholm, Medelhavsmuseet A.I. 809); nach

NiELSEN 2002, Taf. 7


In Lykosura, wo im megaron die Mysteriengottheiten Demeter und Despoina verehrt wurden, fanden sich rund 140 Terrakottastatuetten von ungefähr 15 cm Grösse, die stehende, in ein Himation gekleidete Figuren mit einem Tierkopf zeigen (Abb. 9). Datiert werden sie ins 2. und 1. Jahrhundert v. Chr., wobei aber frühere Beispiele vorausgesetzt werden44. Die Vermutung, dass es sich bei den dargestellten Figuren um in den Kult einzuweihende Mysten handelt45, wird durch die Darstellungen auf dem reliefierten Schleier der Despoina bekräftigt (Abb. 10). Auf einem friesartigen Band oberhalb des Saumes finden sich 15 als Tiere verkleidete Personen, bei denen zum Teil auch die Extremitäten tiergestaltig sind. Diese ‘Tiere’ tanzen und machen Musik46. Ritual, Tanz und Verkleidung scheinen im Tier das geeignete Instrument zur Annäherung an die Gottheit gefunden zu haben. Auf attischen Vasen seit der Mitte des 6. Jahrhundert v. Chr. – also einiges vor Beginn der kanonischen Komödienaufführungen – dargestellte, als Tiere verkleidete Menschen deuten darauf hin, dass der Tanz in Tiergestalt, wie ihn auch der komos vorsah, durchaus verbreitet war47.

Terrakottafigur mit Widdermaske aus Lykosura
Abb. 9
Terrakottafigur mit Widdermaske aus Lykosura

(Lykosura Museum); nach JOST 2003, 158 Abb. 6.4

Sowohl für die eingangs erwähnten Masken aus Sparta als auch für jene aus Tyrins wird der Kontext des rituellen Tanzes vermutet. Auch wenn diese Masken nicht direkt Tiere darstellten, verwendeten sie doch Kennzeichen der tierischen Physiognomie und bedienten sich auf diese Weise deren performativer Kraft. Bezeichnend ist zudem, dass die Masken aus Sparta im Umfeld der Artemis gefunden wurden. Auch in Lykosura war die Göttin Teil der Kultstatuengruppe. Als eine Erscheinungsform der potnia theron war sie der Natur und vor allem den Tieren eng verbunden48. In der ikonographischen Darstellung als Herrin der Tiere, wie sie zum Beispiel auf dem Henkel des Kleitias-Kraters zu sehen ist (Abb. 11), wird zudem die Verwandtschaft der Göttin mit der Gorgo sichtbar, die J.-P. Vernant als »la face sombre, le revers sinistre de la Grand Déesse dont Artémis tout spécialement prendra en charge l’héritage«49 bezeichnet. Wie Artemis kann auch Gorgo flankiert von zwei Tieren dargestellt werden, und sie verkörpert dieses Schema auf besonders eindrückliche Weise im Giebel des Artemistempels auf Korfu (Abb. 12)50. Artemis ist eine Grenzgängerin, ihre Zuständigkeit erstreckt sich auf die wilde Natur, deren Zähmung und rituelle Kontrolle in ihrer Macht liegt. Und auch hier ergeben sich Gemeinsamkeiten, einerseits mit der dritten Maskengottheit, Dionysos, dem Gott, der die Gegenwelt des ekstatischen Rausches als Ausbruch aus der Zivilisation beherrscht51, und andereseits wieder mit der Gorgo. Die Grenze, welche die Gorgo überschreitet, ist jene zum Jenseits. Mit ihren beiden Schwestern lebt sie in der Nähe des Eingangs zur Unterwelt, da, wo die Sonne untergeht52. Im Dämonenhaften der Gorgo zeigt sich der Schrecken des Hades: Mit ihrem tödlichen Blick versteinert sie jeden, der in ihr Angesicht sieht. Umgekehrt kann der Mensch sich diese Macht zu Nutze machen, wenn er nur auf der richtigen Seite des Ungeheuers steht, nämlich hinter ihm. Das Gorgoneion wird dann zur Maske dessen, der den Tod bringt, also des Kriegers, der es auf dem Schild trägt, oder der Bewohner des Hades selbst oder aber eines Protagonisten im chthonischen Ritual53.

Detail des Gewandes der Demeter Despoina, Lykosura
Abb. 10
Detail des Gewandes der Demeter Despoina, Lykosura

(Athen, NM 2171); nach P. C. Bol (Hrsg.), Die Geschichte der antiken Bildhauerkunst III (Mainz 2007) Abb. 174

Artemis als Potnia Theron auf dem Kleitias-Krater
Abb. 11
Artemis als Potnia Theron auf dem Kleitias-Krater

(Florenz, Arch. Mus. 4209, ABV 76.1); nach LIMC II 2 (1984) 445 Nr. 33 b s.v. Artemis (L. Kahil)

Alle drei auf diese Weise verbundenen, das Andere verkörpernde, Grenzen überschreitende numina – Artemis, Dionysos und Gorgo Medusa – nehmen in verschiedener Form Bezug auf die Maske und auf das Tier. Die Fremdheit, die zu ihrem Wesen gehört, lässt sich durch diese beiden Mittel offenbar besonders gut zum Ausdruck bringen.

Brüllen und Lachen

Aus der Verbindung mit der Physiognomie des Tieres ergibt sich ein weiterer, hier relevanter Aspekt des Maskengesichts. Das Gorgoneion als eine der ersten griechischen Masken widerspiegelt perfekt deren ambivalente Funktion von tödlicher Abschreckung und unheilabwendendem Schutz. Sein zähnefletschendes Grinsen erscheint aber nicht nur wie das aufgerissene Maul eines wilden Tieres, sondern zugleich auch als eine der ersten Formen des bildlich dargestellten Lachens.

H. Kenner schreibt dazu: »Sollen nun gefletschte Zähne und herausgestreckte Zunge die bösen Geister vertreiben, so wird dasselbe auch mit dem Grinsen und Lachen der Fall sein. Die Kräfteballung, durch die das Lachen verursacht wird, und die Grimasse, die es verursacht, erscheinen als Unheil-abwehrend«54. Die Darstellung des Lachens kann auf dieselben physiognomischen Wurzeln zurückgeführt werden, wie jene der Drohgebärde – das aufgerissene Maul lässt sich als Brüllen genau so wie als erstarrtes Lachen interpretieren55. Der dafür geltende Gesichtsausdruck ist dem Tier abgeschaut und war in der Maske vereint als zwei Regungen, die dem Menschen nur bedingt anstanden, deren Macht er aber, wenn er wollte, nutzen konnte. Mit derselben Absicht: Unheil abwehrend war das fauchende Tiergesicht genau so, wie das ins Bild gesetzte Lachen. Ersteres aus offensichtlichen Gründen, zweiteres auf dem Umweg über die menschliche Ritualisierung. Das Lachen hat seine apotropäische Bedeutung dem Umstand zu verdanken, dass es schon in den verhaltensbiologischen Anlangen des Menschen eng mit der Aggression verbunden war und die Reaktion sichtbar machte, zu der sich der Mensch angesichts einer Bedrohung gezwungen sah. In dieser Hinsicht besteht also nur ein geringer Unterschied darin, ob wir das Maul zum Lachen oder zum Fauchen aufreissen, und es ist daher nicht erstaunlich, dass der Mensch diese Ambiguität im Gesicht des Tieres erkannte.

Gorgo im Giebel des Artemis Tempels von Korfu
Abb. 12
Gorgo im Giebel des Artemis Tempels von Korfu

(Korfu, Arch. Mus.); nach R. Lullies, Griechische Plastik (München 1956) Taf. 17

Frühe griechische Masken nahmen physiognomische Kennzeichen auf, die für die ungebändigte, im Tier verkörperte Wildheit und Kraft standen und deren Energie sich in der Maske kontrollieren und im Ritual anwenden liess. Die Interpretation der Grimasse hatte dabei sowohl als Fauchen oder Brüllen als auch als grinsendes Lachen Gültigkeit – beides war in der Antike von grosser Wirkungskraft.

KARIKATUR

Die Karikatur im antiken Griechenland

Unmittelbarer als die Maske hatte die Karikatur mit dem Lachen zu tun. Die Mittel, derer sie sich bediente, um ein Lachen zu bewirken, waren aber ähnlicher Natur.

Aristoteles nennt in der Poetik als Ursache für das Lachen in erster Linie den Irrtum und die Hässlichkeit. Beides ist eine Form von brutta figura, sei es im übertragenen, situationsbedingten oder im physischen Sinn: Ein Mensch, der sich lächerlich macht, weil er eine Situation nicht angemessen meistert oder aber weil er hässlich ist, ist ein Grund zum Lachen. Die Definition des Lächerlichen als das Hässliche ist zu verstehen als die logische Konsequenz der kalokagathia, die vom Schönen auf das Gute schloss und damit die Analogie von Form und Inhalt, die das griechische Denken beherrschte, zum Ausdruck brachte: Dem Schönen, Guten und Richtigen stand das Hässliche, Schlechte und Falsche gegenüber. Die Normverletzung, sei es auf der äusseren, rein physischen, oder auf der inneren, moralischen Ebene, machte den Schuldigen in den Augen der Gemeinschaft hässlich und damit lächerlich, also ‘des Lachens wert’. Der Mangel, den das Hässliche und Fehlerhafte verkörperten, war der Auslöser für die Heiterkeit des sich überlegen Fühlenden, der gleichzeitig das Bedürfnis verspürte, sich vom Minderwert zu distanzieren56.

Beispiele für die soziale Relevanz des ‘Verlachens’ finden sich sowohl in der Literatur als auch in der Kunst der Griechen zur Genüge. In der Ilias lachen die versammelten griechischen Heerführer über den hässlichen Thersites genau so, wie die olympischen Götter über den lahmen Hephaistos57. Die Aischrologie, also die öffentliche Spottrede, war ein wirksames Instrument zur Diskriminierung und Blossstellung einer Person sowohl in der Alten Komödie als auch in der politischen und juristischen Rhetorik. Verkrüppelte und kranke Menschen wurden in hellenistischer Zeit als Grotesken kleinplastisch dargestellt und spiegelten dabei wohl eine gesellschaftliche Realität: In den Symposia gehörte die Verspottung von körperlich behinderten und missgebildeten Menschen, die zum Tanzen oder anderen blossstellenden Tätigkeiten aufgefordert wurden, zur Unterhaltung der Teilnehmer58. Das Lachen auf Kosten der Hässlichkeit war in der griechischen Kultur tief verwurzelt. Auf der Ebene des Bildes äusserte sich dies in Form von menschlichen Figuren, die nicht der Norm entsprachen. In der Vasenmalerei nahm im 6. Jahrhundert v. Chr. mit den sogenannten Dickbauchtänzern eine Bildtradition ihren Anfang, die zwergenhafte, unproportionierte Gestalten zeigte59. Die etwas später entstehenden Kabirenund Phlyakenvasen ebenso wie Pygmäendarstellungen verwendeten dieses Mittel, um die Sehgewohnheit des Betrachters zu brechen und eine Situation ins Lächerliche zu ziehen. Auch die Plastik wandte sich spätestens im Zuge der hellenistischen Sensibilität für die Schwächen des menschlichen Körpers der Darstellung des Lächerlichen zu. Hier stand die Abbildung von alten, kranken und leidenden Menschen im Vordergrund, die sich in der Kleinplastik zur übersteigerten Form der Groteske ausweitete. Die Grenze zwischen rein pathologischen, medizinisch korrekten Merkmalen einer Krankheit und der körperlichen Deformation als Mittel zur Lächerlichkeit ist bei diesen Figuren fliessend60; Terrakottafigürchen von alten Hetären mit Hängebrüsten oder von negroiden Sklaven mitum den Hals gelegtem Riesenphallus sind zweifelsohne als Spottbilder zu verstehen (Abb. 13). Jede Bild gewordene Hässlichkeit war ein Grund zum Lachen. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass auch die fratzenhaften Maskengesichter an der Grenze zum Lächerlichen stehen konnten61. Am offensichtlichsten ist dies in den Theatermasken der Alten Komödie der Fall, die das Gorgoneion, das in klassischer Zeit zusehends ‘vermenschlicht’, als Träger grotesker Züge beerben62 (Abb. 14). Hier zeigt sich auch deutlich die Verbindung der Maske zur Karikatur – die Wirkung beider ergibt sich aus der verzerrten Form. Die Karikatur ist ausserdem im übertragenen Sinn eine Art der Maskierung, denn sie bezieht sich auf ein Vorbild: Etwas bereits Bekanntes wird in einer neuen Gestalt gezeigt, die zwar in irgendeiner Art verzerrt ist, das Vorbild aber noch erkennen lässt. Die Karikatur setzt folglich immer ein Idealbild – möglicherweise auch nur ein gedankliches – voraus, dem, so könnte man sagen, die Maske der Verzerrung aufgesetzt wurde. Als Beispiel sei hier die ins 5. Jahrhundert v. Chr. datierte kleinplastische Karikatur des Herakles in Würzburg genannt (Abb. 15), ein magerer kleiner Mann mit Spitzbart, eingesunkener Brust und Bauchansatz, der mit dem wahren Helden nur das um den Hals geknüpfte Löwenfell und die Kithara gemeinsam hat63. Herakles wird als lächerliche Figur gezeigt und bleibt doch durch seine Attribute hinter der physischen Deformierung erkennbar.

Groteske Terrakottafigur aus Ägypten
Abb. 13
Groteske Terrakottafigur aus Ägypten

(Tübingen, Archäologisches Institut S/13 2747); nach J. Fischer, Griechisch-römische Terrakotten aus Ägypten. Die Sammlungen Sieglin und Schreiber. Tübinger Studien zur Archäologie und Kunstgeschichte 14 (Tübingen 1994) Taf. 32 Nr. 359

Maske eines Satyrs aus der Villa Hadriana
Abb. 14
Maske eines Satyrs aus der Villa Hadriana

(Rom, Museo Nazionale 38844); nach R. Paris, Persona. La maschera nel teatro antico (Rom 1990) Nr. 5

Herakles als Kitharöde aus Böotien
Abb. 15
Herakles als Kitharöde aus Böotien

Terrakottafigur; Herakles als Kitharöde (Würzburg, Mus. der Universität H 647); nach

E. Schmidt, Martin-von-Wagner-Museum der Universität Würzburg. Katalog der antiken Terrakotten I. Die figürlichen Terrakotten (Mainz 1994) Taf. 16 Nr. 77

Karikatur und Tier

Die Mittel der Verzerrung der Karikatur ebenso wie der Maske sind physiognomischer Natur und damit wesentlich im Gesicht angesiedelt. Das zitierte Beispiel des Herakles als Kitharöde führt einige der gängigsten Merkmale der ‘verhässlichten’ Gestalt vor: Grosse, abstehende Ohren, dicke Lippen, eine breite Nase und hervorquellende Augen. Gemäss den Aristoteles zugeschriebenen physiognomonica lassen alle diese Merkmale auf Dummheit oder Stumpfsinn schliessen64. Der Grundgedanke der im 4. Jahrhundert v. Chr. aufkommenden Physiognomik65 ist, dass sich die Seele in körperlichen Merkmalen manifestiert und so eine Wechselwirkung zwischen Körper und Seele besteht, die es erlaubt, vom Aussehen eines Menschen auf seine psychischen Qualitäten zu schliessen. Durch die Berücksichtigung bestimmter Kennzeichen lassen sich deshalb nach der Meinung der Physiognomiker Aussagen über den Charakter eines Menschen machen. Zur Festlegung der relevanten physiognomischen Merkmale standen dabei drei Instrumente zur Verfügung, von denen das wichtigste, neben ethnologischen und pathognomonischen Kriterien, der Tiervergleich war.

Um ausgehend von äusseren Merkmalen der Tiere über Analogien im Aussehen des Menschen eine Erkenntnis über dessen Charakter zu erhalten, musste bei möglichst vielen verschiedenen Tieren mit denselben wesenhaften Eigenschaften ein körperliches Kennzeichen als Gemeinsamkeit ausgemacht und beim Menschen als Entsprechung wiedergefunden werden. Dabei war zu berücksichtigen, dass die ausgewählten Tiere nur die gesuchte Eigenschaft gemeinsam hatten, damit über das ihnen gemeine und zur Charakterisierung des Menschen verwendete Kennzeichen keine Zweifel bestanden66. Wenn also als mutig bezeichnete Tiere wie der Löwe und das Wildschwein nach gemeinsamen Kennzeichen untersucht wurden, stiess der Physiognomiker auf das Kriterium der harten Haare, das sie sich teilen. In der Konsequenz waren Menschen mit weichen Haaren hingegen feige, weil auch die Tiere, die weiche Haare haben, feige sind67. Was die oben erwähnten Merkmale des Dummkopfes betrifft, sind sie vor allem der Physiognomie des Affen und des Esels entnommen, jener beiden Tiere, an die in physiognomonica am meisten Zuweisungen gemacht werden und deren gemeinsame Eigenschaft die Dummheit ist68. Der Esel ist ausserdem feige wegen seines fleischigen Gesichts, stumpfsinnig wegen seiner rundlichen Stirn und seines kleinen (!) Kopfes, träge wegen seines grossen Gesichts und übermütig wegen seiner lauten und tiefen Stimme69. Der Affe wiederum wird aufgrund seiner tiefliegenden Augen als Übeltäter bezeichnet, während sein kleines Gesicht und die kleinen Augen auf Kleinmut, sein »weniges Fleisch« aber auf Bösartigkeit hinweisen70. Auch wenn Tiere wie der Löwe oder der Adler fast ausschliesslich positiv konnotiert sind, verkörpern die meisten Kennzeichen des Tiervergleichs negative Eigenschaften. Vögel gelten als lüstern und schwatzhaft, Raubvögel zudem als unverschämt, was man an den krummen Zehen und dem spitzen Kopf erkennen kann71. Die Ziege ist gierig, der Fuchs zu allem fähig und die Katze kleinmütig72. Die feiste Nase des Schweins deutet auf Stumpfsinn, seine kleine Stirn auf Ungebildetheit, der kurze Hals des Wolfes auf Hinterlistigkeit73.

Physiognomisches Gedankengut fand auf diese Weise spätestens seit Aristoteles Eingang in das Bewusstsein einer breiten Bevölkerung und ist, gerade auch was die Tiere betrifft, als Niederschlag bei vielen hellenistischen und römischen Autoren zu finden74. Die erwähnte Heraklesfigur, die N. Himmelmann in eine Reihe von ähnlichen Darstellungen stellt, wird mittels ihrer physiognomischen Merkmale als ‘Dummkopf’ charakterisiert.75 Da die ersten dieser Figürchen bereits aus dem 5. Jahrhundert v. Chr. stammen, ist davon auszugehen, dass physiognomische Zeichen aus dem Vergleich mit dem Tier schon früh benutzt wurden, um den Menschen verzerrt und fern des Ideals als minderwertig – also tierhaft – darzustellen. Einzelne Tiere und ihre Charakterisierungen wurden sehr häufig verwendet und sind von grosser Konstanz: Der mutige Löwe, der durchtriebene Fuchs, der feige Hase, der dumme Esel, der bösartige Affe, das schmutzige Schwein. Eine solche Beurteilung von Tieren aufgrund moralischer Kriterien zeugt von der frühen, vorgeschichtlichen Verbindung zwischen Mensch und Tier und der Verwendung des Tieres als Folie für den menschlichen Charakter. So schwierig ein fassbarer Ursprung dieses Denkens zu benennen ist, so offensichtlich erscheint es vor dem Hintergrund der tiefen Verwurzelung des Tieres in der menschlichen Wahrnehmung – derselben, der auch seine Verwendung als Maske entsprang76. Der physiognomische Tiervergleich impliziert das Tier als meist negatives Stereotyp, dem der Mensch als positives Modell gegenüber stand. Entsprach der Mensch nicht seiner idealen Form, fiel er auf das Niveau des Tieres hinab. Das Tier war, im Gegensatz zum Menschen, eine Matrize ohne individuelle Varianten und ohne historischen oder anderen Kontext; eine Projektionsfläche, die konstant war und nicht täuschen konnte.

Die Mittel, derer sich die Karikatur zu Verzerrung bediente, waren also nicht willkürlich vorgenommene Übertreibungen, sondern ähnlich wie bei den frühen Masken der Physiognomie des Tieres entnommen. Die Karikatur setzte dem lächerlich zu machenden Vorbild die Maske des Tieres auf, in dem sie einzelne Gesichtszüge oder auch die ganze Gestalt77 durch – vermeintlich – tierische Charakteristika ersetzte.

MENSCH UND TIER, MASKE UND KARIKATUR

Das apotropäische Lachen tat demnach sowohl in der frühen griechischen Maske als auch in der Karikatur seine Wirkung. Während bei der Maske das Lachen durch das grinsende Maul direkt ins Bild gesetzt ist, wird es über die Karikatur bei deren Betrachter hervorgerufen. Sowohl die Maske als auch die Karikatur, soweit sie hier vorgestellt wurden85, erhalten ihre Wirkung aus der Verbindung der Elemente Lachen und Tier, nur ist die Zusammensetzung und damit die Funktion und vor allem die Verwendung eine andere. Zur Differenzierung dieser Punkte soll die jeweilige Rolle des Tieres im Folgenden noch etwas genauer betrachtet werden.

Mensch, Maske, Tier

In Bezug auf die Maske diente das Tier, wie schon angedeutet, in erster Linie als Vermittler nicht-menschlicher Fähigkeiten, die sich der Mensch zunutze machte. Die Tiermaske erlaubte die Verwandlung in ein mächtigeres Wesen oder besser dessen Aneignung an die eigene Person: »Das Tragen einer Maske vor dem eigenen Gesicht und damit das Heraufbeschwören einer neuen Identität, ohne die alte vollständig auszulöschen, bewirkt die geistige Vorstellung des Andersseins. Die Bedeutung, als ein Anderer zu erscheinen oder tatsächlich ein Anderer zu sein, erfährt eine besondere Betonung, wenn ein Mensch die Maske eines Tieres anlegt«86.

Die Grenzen zwischen Mensch und Tier, obwohl hierarchisch festgelegt in der aristotelischen scala naturae, waren für die Griechen fliessend und überschreitbar; Mensch und Tier konnten sich vermischen. Diese Hybridität zeigte sich auch in den verschiedenen Formen von Mischwesen, welche die griechische Mythologie bevölkerten. Sie waren das Kennzeichen aller Arten von Grenzüberschreitungen – zum Beispiel als Sphingen auf etruskischen Vasen oder in der literarischen Verkörperung durch Syklla und Charybdis als Symbol für die unbekannte Welt der zukünftigen griechischen Kolonien87. Dass Mensch-Tier-Vermischungen ebenso innermenschliche Grenzen sichtbar machten, zeigen auch die im Mythos thematisierten, zumeist unfreiwilligen Metamorphosen, wie Callistos Verwandlung durch Artemis in eine Bärin88 oder jene von Io in eine Kuh89. Diverse Ungeheuer – rein tierischen oder hybriden Ursprungs – als Symbol der wilden und bedrohlichen Natur oder Nicht-Kultur, die von Helden oder Göttern bezwungen werden, sind ebenfalls der Grenzthematik zuzuordnen, die im Wesentlichen auf eine Unterscheidung zwischen Kontrollierbarem und Nicht-Kontrollierbarem hinausläuft. Die Bewältigung des Unbekannten, von allem, was sich dem menschlichen Zugriff entzog, war seit vorgeschichtlicher Zeit an Rituale und die damit verbundene Verehrung des Numinosen gebunden: Der Mensch ist dem Unkontrollierbaren in der Form von Tier und Gott gleichermassen gegenübergestellt. Selbst in den nächsten aller gezähmten Tiere, den Haustieren, war noch ein Teil der unkontrollierbaren Kraft der Natur vorhanden und machte sie zu unheimlichen Geschöpfen, die sich jederzeit auch gegen den Menschen wenden konnten. Die Fremdheit zwischen Mensch und Tier war nie ganz überwunden, das Tier schien immer Zugang zu einer Sphäre zu haben, die dem Menschen verschlossen blieb und die er mit dem Göttlichen verband90.

Als Teil des Göttlich-Unkontrollierbaren konnte es diese Eigenschaft aber auch für den Menschen verwenden und ihn vor den Gefahren des Unbekannten schützen. In apotropäischer Funktion finden wir Tiere deshalb auf Grabdenkmälern, wo neben Löwen oder Hunden auch Sphingen als hybride Grenzwächter begegnen, oder an Tempeln. Neben den Giebelfiguren ist auch an die Akrotere oder Antefixe zu denken, die nicht selten in Gestalt eines Tieres oder Mischwesens auftreten. Weiter treten sie auch an anderen Orten in Erscheinung, wo besonderer Schutz notwendig war: Auf den Helmen, Schilden und Waffen der griechischen Soldaten waren jene Tiere abgebildet, von denen man sich Stärke im Angriff und in der Abwehr versprach91. Amuletten und Schmuck in Tierform mag derselbe Gedanke zugrunde gelegen haben.

Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen ist unschwer zu erkennen, von welcher Bedeutung die tierischen Aspekte der Gorgo als exemplarischer Maske waren: Sie erklären den wesentlichen Teil ihrer apotropäischen Natur und damit ihrer Funktion. Wir finden sie in derselben Verwendung an Tempeln und auf Schilden wieder, wie das Tier, und auch im Ritual fand sie möglicherweise ähnlichen Gebrauch, wie die Vermutungen zur Verwendung der Masken im Orthia-Heiligtum zeigen.

Mensch, Karikatur, Tier

Wie das Tier als menschliches Konzept und als Matrize zur Begrenzung des menschlichen Selbstbildes diente, so zeigte auch das als lächerlich Empfundene, wo das Eigene in das Andere überging. Das Tier als Symbol musste nicht, aber es konnte ein moralisches Urteil transportieren – am deutlichsten kommt dies in der Physiognomik zum Ausdruck, die tierische Kennzeichen verwendete, um menschliche, in der Regel negative Eigenschaften zu charakterisieren. Dem Tier wurde damit eine grundsätzlich minderwertige Natur zugeschrieben, wie es auch mit dem ethnisch Fremden oder dem weiblichen Geschlecht geschah. Nicht umsonst überliefert Diogenes Laertios folgenden berühmten Ausspruch eines griechischen Philosophen, für welche Dinge er dankbar sei: »... dass er geboren sei 1. als Mensch und nicht als Tier, 2. als Mann und nicht als Frau, 3. als Grieche und nicht als Nichtgrieche«92.

Das Tier, liesse sich postulieren, war sozusagen das Hässliche an sich, die Karikatur des Menschen per se. In Form bestimmter physiognomischer Kennzeichen auf das menschliche Gesicht projiziert, offenbarte es seine lächerliche Seite und vermeintlich wahre Natur – der eingangs erwähnte Zeige-Charakter der Maske tritt hier noch einmal deutlich hervor. Die Karikatur deckte die im Menschen verborgenen Eigenschaften auf und brachte sie mittels tiergleicher Kennzeichen ans Licht. Damit wurde der Minderwert, der mit der Verzerrung ins Lächerliche ausgedrückt wurde, auch klar als moralische Wertung sichtbar. Träger der bewussten Deformierung waren dementsprechend oft Mitglieder von Minderheiten oder sozial Benachteiligte. Am besten ist diese unterprivilegierte Stellung für die Sklaven fassbar, aber auch Handwerker und andere Arbeiter gehörten zu den beliebtesten Opfern der karikaturhaften Darstellung93. Der Vergleich mit dem Tier erniedrigte den Menschen und assoziierte automatisch eine tiefe Stellung in der Gesellschaft; es war der Versuch, jemanden an ihren Rand zu drängen und auszugrenzen. Die Gestalt des Tieres war nicht nur ein starkes Zeichen, sondern ermöglichte überdies eine explizite soziale Differenzierung. Die Abgrenzung gegenüber anderen Mitgliedern der Gesellschaft geschah durch ihre Ausgrenzung ins Nicht-Menschliche, durch die Identifizierung mit dem Tier.

ABSCHLIESSENDE BEMERKUNGEN

Der Unterschied zwischen Maske und Karikatur besteht in der Freiwilligkeit, mit der die Verwandlung ins Ab-Normale, Tierhafte geschieht. Die Anlehnung an das Tier durch das Tragen oder Anbringen einer Maske war gewollt, die positiven oder abschreckenden Eigenschaften wurden sich dadurch bewusst zu eigen gemacht. Die Karikatur hingegen zwang ihrem Opfer die Züge des Tieres auf. Der Akt der Verwandlung diente nicht dem Nutzen des Trägers, sondern wertete ihn ab. In der Karikatur macht das Tiergleiche ein moralisches Urteil sichtbar, das über den Karikierten gefällt wurde. Der Grenzbereich, den das Tier anzeigte, verlief nicht wie bei der Maske zwischen der menschlichen und der göttlichen oder dämonischen Sphäre, sondern innerhalb der von Wertvorstellungen bestimmten Gesellschaft. Aus der Sicht der ‘Täter’ war die Karikatur eine »Maske des Scherzes«94, die es erlaubte, durch das Lachen Distanz zu nehmen zu Unterdrücktem, Unverstandenem oder Angsteinflössendem.

Die Physiognomie des Tieres steht am Ursprung sowohl der dämonischen Maske als auch der Karikatur. Beide verwenden bestimmte, dem Tier entlehnte Bildchiffren, um eine Botschaft zu transportieren. Die Karikatur kann in gewisser Hinsicht sowohl formal als auch semantisch als eine Weiterführung der Idee der Maske gesehen werden95. Sie verfeinert über die Physiognomik die tierischen Merkmale, die dem bildlichen Ausdruck zur Verfügung stehen und verlagert die symbolische Verwendung des Tieres auf eine zwischenmenschliche, moralisch geprägte Ebene.

Sog. Beissergruppe, Westgiebel des Zeustempels in Olympia
Abb. 16
Sog. Beissergruppe, Westgiebel des Zeustempels in Olympia

(Olympia, Arch. Mus.); nach M. Andronikos V. Karageorgis M. Chatzidakis, Die Museen Griechenlands (1992) 202 Nr. 11

NACHTRAG

Zum Schluss möchte ich noch kurz auf eine weitere, sich in diesem Zusammenhang aufdrängende Frage hinweisen, jene nach dem menschlichen Porträt und seiner Stellung innerhalb der skizzierten Entwicklung. Vergleiche mit den Masken aus dem Artemisheiligtum in Sparta und den Kentauren der Parthenonmetopen sowie der Beissergruppe des Westgiebels des Zeustempels in Olympia (Abb. 16) brachten B. Schweitzer dazu, den Ursprung des menschlichen Porträts in der Maske zu suchen:

»Nicht aus der Wiedergabe des καλoς καγαθός, sondern aus den Bereichen des Abnormen und der apotropäischen Maske ist das individuell betonte Menschenbild und letzten Endes auch das Porträt hervorgegangen, indem das Magisch-Wirksame, das Furcht, Abscheu und Gelächter Erregende sich mit der veränderten Anschauung langsam zum Menschlich-Wesenhaften wandelte«96. Die Verwandtschaft mit dem Tierischen sieht er dabei als etwas, dem sich die menschliche Darstellung im Laufe der Zeit erfolgreich entwindet97. H. Kenner interpretiert B. Schweitzer dahingehend, dass die frühen Masken mit ihren tierhaften Zügen am Anfang der Kentaurenund Silenensowie der Greisenund Grotesken-Gesichter standen und damit den Ursprung jeglicher Darstellung ausserhalb der Norm darstellen98. Beide Hypothesen laufen darauf hinaus, das physiognomisch verzerrte Gesicht der Maske als Initialzündung einer Entwicklung zu sehen, an deren Ende das menschliche Porträt stand99. Meiner Meinung nach ist jedoch das bildlich umgesetzte Tiergesicht der Ausgangspunkt, aus dem dann, eher parallel als in chronologischer Abfolge, die dämonisch-grotesken Masken sowie die Kentaurenund Silenendarstellungen entstanden. Dass erst dieses Spiel mit physiognomischen Merkmalen auch deren spätere Anwendung auf das menschliche Gesicht ermöglichte, um es zu individualisieren, erscheint zumindest plausibel. Einmal damit angefangen, war es dann nur konsequent, die Charakterisierung eines Menschen bis zur Verzerrung der Karikatur zu (über)treiben.

Es wäre demnach zwar gewagt, aber nicht gänzlich verfehlt zu behaupten, dass der lange Weg zum menschlichen Porträt im Tier seinen Anfang nahm.

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Fußnote

1 Dieser Artikel ist die stark erweiterte Version des Vortrags, den ich an der Journée EDOCSA/CALLISTO Parodie, caricature et physiognomie antiques am 10.05.2011 an der Universität Fribourg gehalten habe. Vor allem zur Maske sind, namentlich von Karl Meuli, aber auch von Karl Kerényi und vielen anderen Altertumswissenschaftlern, bereits grundlegende Untersuchungen vorgelegt worden (siehe Bibliographie). Der hier präsentierte Text baut auf diesen Erkenntnissen auf und hat die Absicht, das Phänomen aus einem zusätzlichen, vergleichenden Blickwinkel zu betrachten.
2 WEiHE 2004, 43 und 46f.
3 LEOPOLD 2009, 46.
4 LEOPOLD 2009, 48.
5 KERÉNYI 1966, 341.
6 Ergreift die Gottheit vom menschlichen Träger vollständig Besitz, kann es zur Besessenheit und zum Verlust des menschlichen Bewusstseins kommen: Der Träger kann sich dann nach dem Ritual an nichts mehr erinnern. Anstelle eines vollkommenen Ersatzes der eigenen Persönlichkeit kann auch die Verschmelzung mit dem göttlichen Wesen stehen; der Träger nimmt vorübergehend eine zusätzliche Identität an, siehe AUGUSTAT 2009, 264f.; BARASCH 2002, 125.
7 KERÉNYI 1966, 342.
8 AUGUSTAT 2009, 265f.
9 BELTING 2001, 145.
10 Solches wird schon für die ins 7. Jahrtausend v. Chr. datierten bemalten Schädel und Masken aus Syrien, Jordanien und Israel vermutet, siehe BELTING 2001, 150–154; BELTING 2014, 46–49.
11 Siehe MEZGER 1992, 89f.: »Wenn man daher im Umgang verschiedener Epochen und Kulturen mit dem Maskenwesen ungeachtet aller methodischer Bedenken eventuell doch nach übergreifenden anthropologischen Konstanten suchen wollte, so könnten diese tatsächlich am ehesten in der eingefrorenen Mimik, den schwarzen Augenhöhlen und der erschreckenden Blicklosigkeit liegen, wie sie jeder Maske eigen sind und wie sie im Bewusstsein der Unmaskierten zwangsläufig irgendwo Verunsicherung auslösen und möglicherweise automatisch Erinnerungen an den Tod oder an Tote wachrufen. Hinzu kommt, dass der Auftritt des Individuums als maskierte Gestalt unter psychologischem Aspekt letztlich nichts anderes als ein vorübergehendes Sich-selber-Aufgeben ist, bedeutet der Rollenwechsel durch die Maskierung doch jedesmal ein Sterben«.
12 FRONTISI-DUCROUX 2012, 46. Ebenda auch entsprechende Textstellen aus griechischen Tragödien.
13 FRONTISI-DUCROUX 2012, 77.
14 FRONTISI-DUCROUX 2012, 79.
15 VERNANT 1990, 208f. 244; FRONTISI-DUCROUX 1991, 169f.
16 Die Etymologie des Wortes Komödie wird bekanntlich mit dem komos-Lied erklärt, siehe DNP 6, 1999, 692-694 s.v. Komödie (H.-G. Nesselrath); auch zu weiteren für den Ursprung der Komödie relevanten Zeugnissen. Zur Entstehung der Komödie aus dem komos siehe PICKARD-CAMBRIDGE 1962, 132–162, bes. 157f. Das Kultspiel als Teil des religiösen Rituals ist am frühesten in Ägypten und Mesopotamien greifbar. Seine Übernahme aus dem Osten (z. T. in Verbindung mit der Aneignung ganzer Gottheiten und deren Kult) und Weiterentwicklung durch die Griechen begründete gemäss NIElSEN 2007, 239f. die Entstehung des Dramas im weitesten Sinn. Das rituelle Drama als missing link zwischen Ritual und literarischem Theater spielte Szenen aus dem Mythos des verehrten Gottes nach. Ausführende waren Priester und anderes Tempelpersonal, teilweise auch cultic groups, das Publikum bildeten die Gläubigen; ausführlich dazu NIElSEN 2002, 79–88. Die Verbindung zur Cambridge School wird ebendort nur kurz abgehandelt. Cf. zudem PICKARD-CAMBRIDGE 1962, 128f. (mit Rückgriff auf die Hypothese von G. Murray) zu den schon früh nachweisbaren, mythologisch konnotierten Tänzen im Dionysoskult. Zu den Gemeinsamkeiten und Unterschieden von Ritual und Drama siehe GRAF 2007, 58f.
17 SChlESIER 2008, 41: »Als Ekstasegott musste Dionysos für die Griechen der Antike alle Rauscherfahrungen ... integrieren, und so konnten die in seine Mysterien Eingeweihten zu der Gewissheit gelangen, auch die Grenze zwischen Sterblichkeit und Unsterblichkeit endgültig überschreiten zu können«. Zur eigentlichen Totenmaske siehe FRONTISI-DUCROUX 2012, 36: »À cette classe d’objets archéologiques si spectaculaires ne correspond aucun témoignage linguistique. Aucun texte ne fait allusion aux masques mortuaires de Mycènes, dont les Grecs ignoraient sans doute l’existence ni à ceux de leurs voisins de Trébeniste ou de Sindos. Les Grecs auraient-ils nommé prosopon ces faces aveugles aux yeux fermés, aux paupières cousues ? Rien n’est moins sûr«. Mehr dazu ebenda, 71–75.
18 KERéNyI 1966, 342: »Die beiden ältesten Typen der griechischen Maske – der männliche Urtyp: Dionysos, und der weibliche: Gorgo – haben dies als Gemeinsames. Sie sind die Masken, sie konnten am frühesten für sich dastehen, ohne menschlichen Träger«.
19 Auch aus dem Demeterkult sind Beispiele bekannt, siehe KERéNyI 1966, 344 sowie im vorliegenden Text weiter unten. Die Verwendung der Maske im Artemiskult wird im Folgenden noch zur Sprache kommen. Zu einem möglichen rituellen Gebrauch des Gorgoneion, siehe CROON 1955, 14–16.
20 Zu den verschiedenen Datierungsvorschlägen siehe KAASGAARD FALB 2009, 137. Kleinere Exemplare sowie solche ohne Lochungen wurden wohl direkt zu Votivzwecken hergestellt. Es wurden Fragmente von mindestens 603 Masken gefunden, von denen aber ein kleinerer Teil in die frühe Phase des Heiligtums gehört, siehe CARTER 1987, 355. 359. Noch früher, um die Jahrtausendwende, datieren die ersten Masken aus Zypern, unter denen sich auch verschiedene groteske Exemplare finden, siehe WALCEK AVERETT 2015, 5–8.
21 KAASGAARD FALB 2009, 138; DEPPMEYER 2010, 217; CROON 1955, 13–15. Die tönernen Versionen waren möglicherweise Kopien der zum Ritual benutzten Originale aus Holz oder Leinen, siehe ROSENBERG 2015, 257. Der Autor (ebenda 258–260) schlägt zudem eine Deutung als frühe Theatermasken vor.
22 Zur Gruppeneinteilung und der umstrittenen Bezeichnung der alten Frau siehe CARTER 1987, 356– 358; DEPPMEYER 2010, 216f.; KAASGAARD FALB 2009, 138f. mit Anm.
23 Siehe zum Beispiel CARTER 1987, Abb. 8.
24 KAASGAARD FALB 2009, 139. 141; CARTER 1987, 365f. 374; WALCEK AVERETT 2015, 9f. für Zypern. Wilcke weist darauf hin, dass das Humbaba-Gesicht auch in der Eingeweideschau Verwendung fand und das von Wulsten durchzogene Antlitz ein Abbild der Darmwindungen darstellt, siehe RIA 4, 1972–1975, 534 s.v. Huwawa (C. Wilcke). Die Verbindung von Humbaba und Gorgo Medusa zeigt sich auch in anderen Motiven. So wurde der Kampf von Gilgamesch und seinem Freund Enkidu gegen das Ungeheuer Humbaba in seiner bildlichen Darstellung transformiert zur Ikonographie von Perseus, der mit dem Beistand der Göttin Athena der Gorgo gegenüber tritt, siehe BURKERT 2003, 70 Abb. 2.1f.; HOPKiNS 1934, 356f.; CARTER 1987, 362, wo sie schreibt: »If we extend the comparison, the head of Humbaba, cut off by Gilgamesh and Enkidu, should be a prototype for the head of Medusa served by Perseus«.
25 Olympia, Arch. Mus.
26 Korfu, Ach. Mus.
27 Korfu, Arch. Mus.
28 Florenz, Arch. Mus. 4209, ABV 76.1.
29 BOARDMAN 2000, 78; HOPKiNS 1934, 345. Die Ablösung des hethitischen Löwen mit einem eher quadratischen Schädel durch den assyrischen ist vor allem in den Profildarstellungen der Vasenmalerei gut nachzuvollziehen.
30 Boardman sieht für die Herausbildung der Gorgo im Allgemeinen vorderasiatische löwenköpfige Dämonen wie Pazuzu ausschlaggebend, was letztlich auf dasselbe hinausläuft, siehe BOARDMAN 2000, 79. Von Pazuzu wurde einerseits nur der Kopf dargestellt – mit einer eher flachen, faltigen Schnauze, grossen hervortretenden Augen und zwei von der Mitte der Stirn abgehenden, kurzen Hörnern –, andererseits tritt er aber auch mit einem aufrechten, geflügelten Körper auf, der mit den Vordertatzen weitere Löwenelemente zeigt. Er teilt diese zweifache Erscheinungsform nicht nur mit dem bereits erwähnten Humbaba, dessen Nachfolge als apotropäischer Dämon er in der Eisenzeit antritt und dessen Ikonographie er demnach teilweise übernimmt, sondern auch mit der griechischen Gorgo. Auch der ägyptische Dämon Bes reiht sich hier ein und könnte ikonographisch ebenfalls Einfluss auf die Darstellung von Pazuzu genommen haben, siehe RIA 10, 2003–2005, 372f. 378 s.v. Pazuzu (F. A. M. Wiggermann). Der Löwenkopf war das Kennzeichen verschiedener dämonischer Gestalten in Mesopotamien, siehe RIA 7, 1987–1990, 83 s.v. Löwe (W. Heimpel).
31 Die früheste bekannte Darstellung von Perseus mit der Gorgo Medusa findet sich auf den Metopen des Tempels von Thermos (um 625 v. Chr.). Bei Homer ist an verschiedenen Stellen vom Gorgoneion die Rede, aber nie von der ganzen Figur und dem dazugehörigen Mythos, siehe HOPKiNS 1934, 343.
32 Onomasticon 4, 115 und 10, 167, cf. FRONtiSi-DuCROux 2012, 25. Zur speziellen Natur des Gesichts der Gorgo siehe ebenda 75: »Par là s’explique aussi que la face de Gorgo, dont la vue équivaut à la mort, et qui ôte la vue en même temps que la vie, ne soit désignée que comme tête. Bien quelle soit un masque, elle ne peut recevoir le nom de prosopon, ce nom qui désigne l’ensemble des traits que chacun offre aux yeux d’autrui, mais qui dit surtout la réciprocité visuelle, l’échange lumineux et vivant des regards humains«.
33 Nauplia, Arch. Mus.
34 SiMON 2002, 19; die Nase wird als die eines Löwen interpretiert. Simon vermutet eine Verwendung dieser Masken im Kult der Athena (ebenda). Boardman sieht die Identifizierung als Gorgoneion nicht gegeben, siehe BOARDMAN 1968, 38.raturverzeichnis.
35 Athen, Akropolis Museum 701.
36 Die Übertragung dieses Charakteristikums auf die Nase der Gorgo scheint typisch für die attischen Darstellungen zu sein, siehe FLOREN 1977, 34.
37 Himera, Arch. Mus.
38 Halle/Saale, Robertinum, Archäologisches Museum der Universität Halle.
39 Der archaische Gorgotypus, der für diese Überlegungen relevant ist, wird von Floren auch als Löwentypus bezeichnet. Korinth wird bei der ikonographischen Entwicklung des Gorgoneions als führend angesehen; für eine detaillierte Beschreibung der Ikonographie des Typus am Beispiel der korinthischen Vasenmalerei siehe FLOREN 1977, 14–18. 40. Die ‘Vermenschlichung’ der Gorgo geht erst in klassischer Zeit vonstatten. Die Schlangenhaare sind eine spätere, rein griechische Zutat, die gemäss Floren in Ostgriechenland ihren Ursprung hat, siehe FLOREN 1977, 67; BOARDMAN 1968, 38. Neben der Gorgo gehören auch die Satyrmasken zu den schon früh festgelegten Typen, siehe FRONTiSi-DUCROUX 2012, 21.
40 WALCEK AVERETT, 2015, 7 mit Abb. 5. 24f.
41 WALCEK AVERETT, 2015, 9 Abb. 6.
42 WALCEK AVERETT 2015, 19 Abb. 16. Zum chronologischen Überblick siehe ebenda Tabelle 1 und Abb. 1.
43 Gemäss WALCEK AVERETT 2015, 20–24 gehören die Heiligtümer, in denen die Masken gefunden wurden, meist männlichen Gottheiten und sind ikonographisch stark dem Stiermotiv verpflichtet, wie auch die meisten der maskierten Statuetten. Die Tiermasken tragenden Menschenfiguren werden auch den ‘ring-dancers’ zugeordnet, ab dem 7. Jahrhundert v. Chr. auftretende Votivgruppen, die sich im Kreis um einen Gegenstand, z. B. einen Baum oder einen Pfeiler, drehen, siehe YOUNG – HALSTEAD YOUNG 1955, 220 Taf. 1 und LAURENS – LOUKA 1987, 27 mit Anm. 12 und Abb. 14–15.
44 JOST 2003, 157.
45 Die Interpretation der Terrakottafiguren als am Ritual beteiligte Personen liegt auf der Hand, zumal das Tragen einer Maske durch einen Priester auch von einem anderen Demeter-Kult überliefert ist, siehe JOST 2008, 104; Paus., 8. 15. 2–3. Jost sieht in den tierköpfigen Votiven aus Lykosura aber weniger das Kultpersonal, als vielmehr die einzuweihenden Ritualteilnehmer. Der Korb, den sie auf dem Kopf tragen, beinhaltet ihrer Meinung nach die Opfergaben, die sie im Zuge der Initiation den Göttinnen darbrachten, siehe JOST 2008, 105; JOST 2003, 157–159.
46 Zu unterscheiden sind vier Musikanten (ein Fuchs und drei pferdeartige Tiere spielen verschiedene Instrumente) und mindestens sechs identifizierbare Tänzer (zwei Schweine, drei Widder und ein Esel), cf. JOST 2003, 160. Zur Kultstatuengruppe gehörten ausserdem die ‘Herrin der Tiere’ Artemis als weitere ‘grosse Göttin’ Arkadiens und der Titan Anytos.
47 Siehe KENNER 1954, 22f.: »Das attische Drama führte solche im uralten Brauchtum verwurzelte Züge an zahllosen Stellen mit, ohne sie voll auszuschöpfen, ohne ihre ursprüngliche Bedeutung mehr zu verstehen. … All dies sind Nachklänge ältester sakraler Tänze, der Riten in Tierverkleidung, die jedem Volk auf primitiver Stufe eigen sind«. Zur Hypothese, dass bei den Umzügen in Tiergestalt theriomorphe Gottheiten verehrt wurden siehe PiCKARD-CAMBRiDGE 1962, 151–157. Ebenda auch zur Theorie von Rademacher, dass die Tierchöre ihren Ursprung in Bettelumzügen hatten, bei denen Tiere (real oder als Bild) mitgetragen wurden und auch die Teilnehmer selbst als Tiere verkleidet sein konnten. Das für diese Theorie ausschlaggebende Ritual ist jenes für Artemis Lyaia in Syrakus. Ähnlich GiNZBURG 2005, 196–199. 224f.
48 Siehe VERNANT 1990, 144–152 zu den verschiedenen Verbindungen der Artemis mit Tieren in Ritual und Mythologie. Aus Artemisheiligtümern sind besonders viele Tiervotive bezeugt: Reliefs, Statuetten und Statuen von Vögeln, Rindern, Rehen, Ziegen, Hunden und auch von Fröschen und Schildkröten. Artemis war nicht die einzige Göttin, in der die Herrin der Tiere fortlebte, aber ihre Nähe zur Natur und den Tieren machte sie zur häufigsten Erscheinungsform dieser Gottheit, siehe BEVAN 1986, 12–14. Zu den Votiven siehe BEVAN 1986, 42–44 (Vögel). 92–95 (Rinder). 106f. (Rehe). 121f. (Hunde). 153f. (Frösche). 160–162 (Schildkröten). 173–175 (Ziegen).
49 VERNANT 2010, 36. 50 Ähnlich wie das bereits erwähnte Motiv der Enthauptung der Gorgo durch Perseus hat auch die bildliche Darstellung der potnia theron Wurzeln im Alten Orient. Zu den diversen Ausprägungen siehe BARCLAY 2001, 375–377.
51 VERNANT 1990, 214f.; HENRiCHS 1994, 31: »Dionysos als der so ganz Andere – damit ist der unmittelbare Verfremdungseffekt angesprochen, der von allem Dionysischen ausgeht. Wie und wo auch immer die antike Begegnung mit Dionysos stattfand, sei es im Weinrausch oder der Theatermaske, im Leben nach dem Tode oder dem Aufgehen des Einzelnen in der rituelle Gruppenekstase, es fanden Grenzüberschreitungen statt, die momentan andersartige und die normale Welt transzendierende Bedingungen des Menschseins schufen«. WEiHE 2004, 119: »Dionysos ist dasjenige, was sich ständig transformiert: nicht Gott, sondern Mensch, nicht Mensch, sondern Tier, nicht dieses Tier, sondern ein anderes. Dionysos ist immer das Andere auch«.
52 Hes. theog. 274f.; cf. CROON 1955, 10.
53 VERNANT 1990, 90–94. 106. 115; CROON 1955, 14–16.
54 KENNER 1960, 69.
55 Biologisch gesehen ist diese Verbindung bereits nachgewiesen. Wie die Verhaltensforschung gezeigt hat, war das Lachen ursprünglich ein Entblössen der Zähne bei drohender Gefahr und als solches zumindest bei den Primaten ebenfalls vorhanden. Die besänftigende Wirkung des Lachens ist auf eine Ritualisierung dieses Reflexes zurückzuführen, der bei Affen wie bei Menschen zur Entwicklung von scherzhaftem Spiel und Humor geführt hat, siehe dE WAAl 2004, 11–16. 56 cf. zuletzt VoeGTLe 2015, 90–92 mit Anm. 519.
57 Hom. Il. 2, 245–271 bzw. 1, 536–611.
58 Die These Giulianis besagt, dass Bettler und andere Randständige, die an den Festen der Reichen als Spassmacher auftraten und die Gesellschaft mit Tänzen unterhielten, mit ihrer Präsenz das Prestige einer Veranstaltung steigerten, siehe GiULiANi 1987, 716–718. Die Bedeutung dieser realen Personen ging dann auf die entsprechenden Tonoder Bronzefiguren über – die auch für weniger Begüterte erschwinglich waren – und verlieh ihnen eine Funktion als Glücksbringer und Zeichen des (erhofften) Reichtums.
59 WANNAGAT 2015, 34–37.
60 GiULiANi 1987, 709f.
61 VErNANt 1990, 87: »Dans le bouleversement des traits qui composent la figure humaine, elle exprime, par un effet d’inquiétante étrangeté, un monstrueux qui oscille entre deux pôles: l’horreur du terrifiant, le risible du grotesque«.
62 DNP 7, 1999, 976 s.v. Maske (H.-D. Blume).
63 Würzburg, Mus. der Universität H 647. Siehe auch HiMMELMANN 1994, 90–94 mit Anm. 18. 64 Arist. phgn. 811 a 25f. 811 a 30f. 812 a 10f.
65 Zum antiken Verständnis der Physiognomik als wissenschaftlicher Disziplin und ihrer Behandlung bei Aristoteles siehe Vogt 1999, 43f. 108–133.
66 Aristot. phgn. 805 b 29–806 a 7. Diese Ausführungen sind Teil einer kritischen Analyse des Tiervergleichs in Traktat A der phyisognomonica, welche in einem gewissen Widerspruch zu dessen regem Gebrauch in Traktat B steht. Vogt 1999, 191f. sieht darin jedoch im Gegenteil eine Ergänzung der beiden Teile.
67 Denn am feigsten sind Hirsch, Hase und Schafe, und sie haben das weichste Haar; am mutigsten aber Löwe und Wildschwein, und sie tragen das härteste Haar. Aristot. phgn. 806 b 9–11 (Übersetzung S. Vogt). Die Stelle führt im Folgenden auch einen ethnologischen Vergleich an, der die Menschen des Nordens als mutig, weil mit hartem Haar ausgestattet, jene des Südens aber als feige, weil mit weichem Haar versehen, bezeichnet (Aristot. phgn. 806 b 14–17).
68 Die mit dicken Lippen, wobei die obere weiter vorsteht als die untere, sind dumm; siehe die Esel und Affen. Aristot. phgn. 811 a 25f. (Übersetzung S. Vogt).
69 Aristot. phgn. 811 b 6f. 9f. 30f. 812 a 8. 813 a 21f.
70 Aristot. phgn. 810 b 3f. 811 b 9f. 19f. 22. Natürlich wird das Tier nicht aufgrund dieser Merkmale in seinem Charakter erkannt, sondern der Charakter schafft erst das entsprechende Aussehen und die physiognomischen Kennzeichen.
71 Aristot. phgn. 806 b 20–22. 810 a 30f. (Vogel), phgn. 810 a 22 (Raubvogel).
72 Aristot. phgn. 812 b 7f. 813 b 5f. (Ziege), phgn. 812 a 16f. (Fuchs), phgn. 811 b 9f. (Katze).
73 Aristot. phgn 811 a 29–31 (Schwein), 811 a 17 (Wolf).
74 In der Nachfolge der aristotelischen physiognomonica verfassten auch andere Autoren physiognomische Schriften, zum Beispiel Polemon aus Laodikeia (ca. 88–145 n. Chr.). Plinius (Plin. nat. 11, 141. 154. 183–184. 221. 226. 263) nimmt viele der physiognomischen Beobachtungen des Aristoteles in seine Naturgeschichte auf, und auch Galen setzt sich damit auseinander.
75 HIMMELMANN 1994, 101.
76 Siehe VOGT 1999, 125: »Die Zuweisung konstanter Charaktertypen an Tierarten ist aber auch ein kulturanthropologisches Konstrukt, dessen Grundlage im griechischen Denken kaum angezweifelt wurde. Der Verfasser der Physiognomonica kann diese Hypothese daher ebenso selbstverständlich voraussetzen wie Aristoteles«. Ebenda 180: »Dabei wird einer Tierart – ‘dem Löwen’, ‘dem Fuchs’, ‘dem Schaf’ – ein bestimmter Charaktertypus zugeschrieben, und ein menschliches Individuum, das
77 Zur Spezialform der Tierkarikatur siehe VOEGTLE 2015, bes. 136–140.
78 Vita Aesopi 3, 12, 2.
79 LLiDDELL – SCOTT – JONES 310: Das Wort baskanion kommt von baskainein ‘bewitch, envy’ und bedeutet ‘malign influences’ (baskania), aber auch ‘charm’ und ‘amulet’. Die Zweideutigkeit der Form widerspiegelt sich also im Ausdruck (ähnlich wie beim lateinischen Wort fascinum). Zur magischen Natur des Amuletts siehe NiLSSON 1941, 185.
80 Poll. 7, 108.
81 Phryn. 68 (Rutherford).
82 GiULiANi 1987, 716–718. 83 cf. FARAONE 1992, 117–119.
84 VOEGTLE 2015, 214 (insbesondere zur Katharsis 87–89).
85 Wie bereits mehrfach betont, gelten meine Beobachtungen, was die Maske betrifft, nur für die frühen Beispiele griechischer Masken bzw. ihre grotesken Formen, allen voran der Gorgo. Die Karikatur kennt ebenfalls weitere Spielarten, die hier nicht in Betracht gezogen wurden, gerade auch in Form von Spottbildern und Graffiti, bei denen die Physiognomik weniger ausschlaggebend gewesen sein dürfte.
86 BARASCH 2002, 125.
87 WINKLER-HORACˇEK 2008, 513. 516f.
88 Bei Ovid (Ov. met. 2, 466–488) ist es Juno, die eifersüchtig ist auf Kallisto, welche von Zeus vergewaltigt wurde.
89 Ov. met. 1, 630–638. 90 cf. giLhuS 2006, 94f., hier allerdings in Bezug auf das römische Reich: »Initially, it is important to stress that the type of connection made between the divine and the bestial varied: animals either partook in the divine, appeared as symbols, were attributes of divinities or were used as instruments. These four types of relationship between animals and gods varied regionally, depending on the different cultures and religions of the empire«. Berichte von Pausanias über Heiligtümer der Demeter in Arkadien zeigen, dass gewisse Gottheiten in Form von hybriden Kultbildern verehrt wurden, die aus menschlichem Körper und tierischem Kopf bestanden. Dies soll der Fall gewesen sein im Heiligtum der Demeter Melaina in Phigalia, deren menschengestaltige Kultstatue offenbar einen Pferdekopf hatte, siehe JOSt 1985, 312–317 sowie 309 zur theriomorphen Gestalt der Demeter Erinys; ebenso NiLSSON 1941, 479. Beide scheinen ihr Tierattribut der Nähe zu Poseidon zu verdanken. Neben Demeter wurde in Arkadien auch die Göttin Eurynome in Mischgestalt, und zwar mit dem Unterkörper eines Fisches, verehrt, siehe JOSt 1985, 411–414. Ebenfalls zu den hybriden Gestalten können Pan und der Kentaur Chiron gezählt werden, ausserdem einige ‘importierte’ Wesen wie Acheloos oder Zeus Ammon. Diese unterscheiden sich von den erwähnten weiblichen Gottheiten allerdings durch die Kanonisierung ihrer tierischen Komponenten, die als Teil ihres Wesen angesehen wurden.
91 Ein griechischer Bronzehelm (Teil einer Statue) in Paris (Louvre Br 1102) ist oben mit einer liegenden Sphinx und auf den Wangenklappen mit zwei Widderköpfen verziert. Weitere Beispiele finden sich auf Vasen, so auf einer schwarzfiguren Halsamphora in Paris (Louvre F 262, ABV 375.204).
92 Diog. Laer t. 1, 33 (Übersetzung F. Jürss). Die Aussage wird entweder Thales oder Sokrates zuge-schrieben.
93 Siehe Voegtle 2015, 126. 240. 94 leopold 20 09, 46. 95 bArASCh 2002, 130f. sieht den Verlauf dieser Entwicklung anders und stellt die Physiognomik an den Anfang der (Tier)Maske.
96 SChWeitzer 1940, 38.
97 SChWeitzer 1940, 37f.
98 kenner 1954, 12f. 16. 22: »Als Ahnen aller Kentauren-, Satyr-, und Silenen-, Greisen und Barbarenbil-der können jene tönernen Topfmasken von Grogonen aus dem ausgehenden 8. Jahrhunder t gelten, die in Tyrins gefunden wurden. Die Furchen, das Hauptcharakteristikum der Ar temis-Or thia-Masken, sind hier bereits plastisch oder in Malerei angedeutet«. Kenner vermutet auch, dass die Physiognomik nur indirekt auf das Tier zurückgriff, indem sie sich ihrerseits an den in der Maske verfestigten Zügen orientierte, siehe kenner 1954, 38f.
99 kenner 1954, 24: »Der tiefverwurzelte, festgefügte Idealtypus war nur von seinem Gegenpol aus, dem ewig schwankenden, tausendfach schillernden Furchtbar-Hässlichen zu überwinden und in ein Abbild des persönlichen, einmaligen Ich zu verwandeln«.
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