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DOI: https://doi.org/10.13092/lo.106.7512
Resümee: The present paper is the first part of a larger essay which, due to space constraints, will be published in two separate parts. Using evidence of two small corpora, I develop a centreperiphery model inspired by the prototype theory and apply it to the syntax of German. In doing so I proceed in two steps. In the first part, published here, the graded four-level model of linguistic variation presented below (with the categories “prototype”, “variants”, “competitive forms” and “free stylistic variation”) is tested and refined on two already well-researched grammartical phenomena, namely conditionality and passive structures. In the second part (to be published in the next issue of Linguistik online) I apply the model to the more complex subject of sentence types in German, in particular the so-called minor sentence types. A complete description of a language should not only list the grammatical categories, but also contain quantitative information, on both the frequency of occurrence of a particular category and on the position and relative share of this category in the field of its competing means of linguistic expression. A grammar of contemporary German, which not only records the structures, but shows the “structures in use” in different domains and text types, still remains a desideratum.
1 Einleitung
Der vorliegende Aufsatz ist der erste Teil einer grösseren Abhandlung, die aus Platzgründen in zwei separaten Teilen publiziert wird. Wie aus dem Obertitel hervorgeht, soll hier versucht werden, ein von der Prototypentheorie inspiriertes Zentrum-Peripherie-Modell auf die Syntax des Deutschen anzuwenden. Dabei gehen wir in zwei Schritten vor. Im ersten, hier veröffentlichten Teil soll das unten vorgestellte Vier-Stufen-Modell der sprachlichen Variation (mit den Kategorien „Prototyp“, „Varianten“, „Konkurrenzformen“ und „freie stilistische Variation“) zunächst theoretisch umrissen und dann an zwei bereits gut erforschten Grammatik-Phänomenen erprobt und verfeinert werden, nämlich der Konditionalität (4.1) und den Passivstrukturen (4.2). Im zweiten Teil (erscheint in der nächsten Nummer von Linguistik online) wird dieses Modell dann auf das wesentlich komplexere Thema der Satzarten des Deutschen angewendet. Im Lichte dieses vierstufigen Zentrum-Peripherie-Modells soll ein neuer Blick auf die Satzarten geworfen werden, insbesondere bei den sogenannten minor sentence types (Siemund 2018:
301–334). Dabei werden bislang noch kaum in den Blick der Forschung geratene Strukturen theoretisch und empirisch etabliert, insbesondere die dieser-Exklamation, z. B. Dieser Sonnenuntergang! Diese Struktur gehört unzweifelhaft „irgendwie“ zum weiten Feld der Exklamation, was schon durch einen simplen Nachfolgesatz-Test einsichtig gemacht werden kann: Dieser Sonnenuntergang! *Der war ganz normal und unspektakulär.
Eine vollständige grammatische Beschreibung einer Sprache sollte nicht nur die auftretenden Strukturen erfassen, sondern dort, wo konkurrierende Ausdrucksmöglichkeiten existieren, auch quantitative Angaben über die Nutzung dieser Strukturen in verschiedenen Textsorten bieten. Im Sinne einer Pilotstudie haben wir deshalb für die drei untersuchten Felder die relativen Anteile der einzelnen Konstruktionsvarianten in zwei Kleinkorpora eruiert. Wir haben dabei bewusst nicht auf die Verfahren der Korpuslinguistik zurückgegriffen – bei nicht annotierten Korpora sind diese bereits mit einem Suchbefehl nach den Verb-Erst-Strukturen überfordert – sondern eine zeitaufwendige „Handanalyse“ durchgeführt. Eine solche hat auch den Vorteil, dass man so allerlei nicht vorhersehbaren Phänomenen begegnet, auf die man durch eine automatische Extraktion nach im Voraus formulierten Suchbefehlen nicht gestossen wäre.
Eine Vorbemerkung: Die in diesem Beitrag präsentierten empirischen Daten wurden nicht mit dem Ziel erhoben, die Berechtigung einer bestimmten Theorie zu „beweisen“. Sie sind vielmehr im Rahmen einer faktengetriebenen Analyse von authentischen Korpora gewonnen worden. Erst im Anschluss daran wurde darüber nachgedacht, durch welches theoretische Modell sich die gefundenen Resultate mit den zahlreichen Ausdrucksvarianten am adäquatesten abbilden liessen, wobei uns ein – auf dem Kerngedanken der Prototypentheorie beruhendes – ZentrumPeripherie-Modell am geeignetsten erschien. Die in den beiden Abhandlungen vorgestellten empirisch erhobenen „structures in use“ können auch im Rahmen von anderen linguistischen Modellen genutzt werden.
2 Zum Konzept von Zentrum und Peripherie
In den 1970er Jahren gelangte die amerikanische Psychologin Rosch aufgrund von zahlreichen Experimenten zur Erkenntnis, dass Menschen bei der Kategorisierung von Objekten, namentlich bei solchen des alltäglichen Lebens, weniger nach dem Modell der aristotelischen Logik (mit genus proximum und differentia specifica) verfahren, sondern sich an repräsentativen, idealen Beispielen der betreffenden Kategorie, den sog. Prototypen orientieren. Die Zuordnung eines Objekts zu einer bestimmten Klasse geschähe demnach nicht in erster Linie aufgrund von logischen Kriterien, sondern aufgrund der Ähnlichkeit von Objekten unter sich und deren Nähe zum prototypischen Vertreter der betreffenden Klasse. Begriffsbildung funktioniert gemäss den Vertretern der Prototypentheorie nicht nach dem Prinzip der binären Mitgliedschaft, sondern rechnet mit Graden der Zugehörigkeit. Falls diese Sicht der Dinge zutrifft, haben wir die meisten Alltagsbegriffe nicht als sauber abgegrenzte Kategorien im Gedächtnis gespeichert, sondern bloss in Form von Prototypen. So ist etwa – um ein berühmtes Beispiel zu nehmen – der Spatz der prototypische Vertreter für das Konzept Vogel. Je grösser die Abweichung vom Prototyp ist, umso länger brauchen Probanden um zu entscheiden, ob ein Objekt einer bestimmten Kategorie zugehört oder nicht, eine Korrelation, welche durch zahlreiche Reaktionszeitexperimente etabliert werden konnte. Ferner fallen den Versuchspersonen beim Begriff Vogel eindeutige Vertreter der Klasse wie etwa Spatz schneller ein als randständige, etwa Huhn, Pinguinoder Strauss. Die mangelnde begriffliche Schärfe der Lexeme mag zwar gelegentlich zu Missverständnissen führen; aufs Ganze gesehen ist sie jedoch eine grosse Stärke der Sprache, gibt sie dieser doch die nötige Flexibilität, um sich an die sich ständig wandelnde Realität und damit an neue Bezeichnungsbedürfnisse anzupassen.
Es ist hier nicht möglich, aber für unsere Bedürfnisse auch nicht nötig, die Weiterentwicklung der Prototypentheorie in den letzten Jahrzehnten nachzuzeichnen. Die Erkenntnisse der Kognitionspsychologie fanden jedenfalls sehr schnell Eingang in die Sprachwissenschaft, besonders in die lexikalische Semantik.1 Vereinzelt hat man sogar von einem kognitiven Paradigmenwechsel in der Linguistik gesprochen (Blank 2001: 44). Bei der wissenschaftlichen Begriffsbildung wird versucht, die notorisch unscharfen Begriffe der Alltagssprache entweder zu vermeiden oder aber diese mit Hilfe von ausgewählten Kriterien trennscharf zu machen, dies durch operationale Definitionen. Infolge der nicht scharf umrissenen Grenzen zahlreicher Lexeme kann man die Frage nach der Zugehörigkeit einzelner Kandidaten zu einer Kategorie aber oft nicht mit einem klaren Ja oder Nein beantworten. In der Prototypensemantik wurde in der Folge auch versucht, die begriffliche Unschärfe von Kategorien (fuzziness) mit dem von Wittgenstein stammenden Konzept der Familienähnlichkeit theoretisch in den Griff zu bekommen. Dieses – metaphorische – Konstrukt versucht der Tatsache Rechnung zu tragen, dass Mitglieder ein und derselben Kategorie unter Umständen nur wenige oder im Extremfall sogar kein einziges Merkmal gemeinsam haben. Sie wären aber trotzdem über Familienähnlichkeiten, i. e. ein Netz von sich teilweise überlappenden Eigenschaften, miteinander verbunden (Blank 2001: 50). Wenn man diese Idee zu Ende denkt, müsste man aber das Konstrukt des Prototyps wohl aufgegeben, und man könnte höchstens noch von prototypischen Effekten sprechen (cf. dazu Kleiber 1993: 113).
Obwohl die theoretischen Grundlagen der Prototypentheorie auf etwas wackligen Füssen stehen, hat deren Grundgedanke etwas intuitiv unmittelbar Einleuchtendes, ja Faszinierendes an sich. Es hat indes nicht an Kritikern gefehlt, die deren Schwachpunkte ins Visier genommen haben. Eine Klassifikation, die nicht auf notwendigen und hinreichenden Bedingungen gründet, sondern auf einem flexiblen Bündeln von Phänomenen aufgrund der „gefühlten Nähe“ zu einer zentralen normativen Kategorie, ist in einem wissenschaftlichen Diskurs schon an sich verdächtig. Die Kritik betrifft vor allem auch den grundlegenden Begriff des Prototyps selbst. Zunächst: Ist der Prototyp als der beste Vertreter einer Kategorie selbst auch ein Mitglied dieser Kategorie, oder steht er als Messlatte ausserhalb derselben? Oder ist es am Ende vielleicht eher so, dass wir in unserem Kopf als Vorstellung von einem Vogel nicht eine bestimmte Vogelart, etwa den Spatz,gespeichert haben, sondern eine abstrakte mentale Repräsentation eines Vogels (mit Merkmalen wie: kann fliegen, hat einen charakteristischen Körperbau, hat Federn, hat einen Schnabel, legt Eier, kann singen), der konkret so nicht unbedingt zu existieren braucht.2 Dabei ist es wohl so, dass wir einen Begriff weniger in Form eines Bündels von Merkmalen gespeichert haben, sondern eher als holistische, gestalthafte Vorstellung, wobei einzelne Merkmale höher gewichtet werden als andere, beim Konzept Vogel etwa das Merkmal „kann fliegen“ (Taylor 1995: 63). Sodann: Gibt es auch bei der Vogelart Spatz bessere und schlechtere Vertreter, ja gibt es vielleicht sogar einen prototypischen Spatz? Diese und andere Überlegungen zu den Grenzen der Prototypentheorie wollen wir hier aber nicht weiterverfolgen. Sie sind aber der Grund dafür, dass bei dieser vieles den Eindruck einer gewissen Beliebigkeit, ja eines
„Gebastels“ hinterlässt, insbesondere auch die „Beförderung“ eines Mitglieds zum Prototyp.3 Aber andrerseits ist es auch nicht so, dass hier eine völlige Willkür herrschen würde. Es gibt durchaus einige grundlegende allgemeine Kriterien, die bei den meisten Zuordnungen herangezogen werden, wenn auch oft in unterschiedlicher Gewichtung und hierarchischer Reihenfolge. Zu diesen gehören die Häufigkeit des Auftretens, die äussere Gestalt und eine eventuelle besondere Auffälligkeit (Salienz) oder Intensität eines Merkmals. Es ist klar: Eine sehr seltene oder nur lokal verbreitete Vogelart hat a priori schlechte Chancen, zum Prototyp zu avancieren. Entsprechendes gilt bei untypischer Gestalt: So würde sich etwa der schlangenförmige Aal – im Gegensatz zur Forelle – nur schlecht als Prototyp für die Klasse Fisch eignen. Dass die Salienz eines Merkmals für Zuordnungen schon immer eine grosse Rolle spielte und immer noch spielt, geht auch aus zahlreichen „versteinerten“ Fehlbezeichnungen hervor, die sich im Laufe der Jahrhunderte im Wortschatz etabliert haben, z. B. Walfisch, Tintenfisch, Fledermaus oder Rottanne.4 Der – heute nur noch volkstümlich verwendete – Name Walfisch ist bekanntlich falsch, da Wale biologisch gesehen keine Fische, sondern Säugetiere sind und wie diese voll entwickelte Junge gebären. Auch die Tintenfische sind keine Fische, sondern eine Unterklasse der Kopffüsser. Dennoch: Solchen vorwissenschaftlichen Klassifizierungen und Benennungen kann man jedoch eine gewisse Evidenz nicht absprechen, etwa bei den Walen das saliente Merkmal, dass sie im Gegensatz zu den meisten anderen Säugetieren im Wasser leben. Fledermäuse sind zwar keine Mäuse, und auch keine Vögel, sondern das einzige Säugetier, das fliegen kann. Aber der wahre Kern dieser Zuordnung ist ihr flattriger Flug und ihr Aussehen, das an eine Maus erinnert. Auch die Rottanne verdankt ihren populären Namen einem etwas vorschnellen Analogieschluss. Biologisch betrachtet ist sie nämlich gar keine Tanne, sondern gehört zur Gattung der Fichten und trägt den wissenschaftlichen Namen Gemeine Fichte .Picea abies). Weil sie aber von ihrer ebenfalls imposanten Gestalt und vom Gesamteindruck her den Tannen (Abies), insbesondere der in Europa prototypischen Weisstanne .Abies alba) gleicht, ist eine solche Klassifizierung gut nachvollziehbar.
Wenn wir im Folgenden mit dem theoretischen Konstrukt des Prototyps arbeiten, dann deshalb, weil dieses trotz – oder vielleicht gerade wegen – gewisser Unschärfen einen interessanten Zugang zu einem besseren Verständnis der menschlichen Begriffsbildung ermöglicht. Es soll hier nun aufgezeigt werden, dass dieses Konstrukt auch auf syntaktische Funktionsfelder mit Gewinn anwendbar ist, auch wenn der für eine Kategorie jeweils massgebliche Prototyp sich nicht durch einen allgemeingültigen Algorithmus ableiten lässt, sondern das Ergebnis von unterschiedlichen, zum Teil nur schwer generalisierbaren und hierarchisierbaren Überlegungen ist, die je nach Gebiet und Begriff so oder anders ausfallen können.5
3 Zentrum und Peripherie in der Grammatik
Voraussetzung für die Anwendung des Konzepts Zentrum und Peripherie ist die Existenz eines Felds von ähnlichen, aber nicht völlig gleichen Einheiten, die zu einer höheren Klasse zusammengefasst werden können, unter denen aber einzelne – wie bei den Vögeln – die betreffende Klasse besser vertreten als andere. Wir haben es dabei mit einer Variation auf der Sachebene zu tun. Davon zu unterscheiden ist natürlich ein Fall wie Spatz und Sperling, wo es sich nicht um verschiedene Vögel, sondern bloss um unterschiedliche Bezeichnungen für die gleiche „Sache“, die Vogelgattung passer, handelt. Das Faktum, dass zum Ausdruck von „etwas Gleichem“ mehrere formal unterschiedliche, von ihrer Leistung her aber gleichwertige – und im Prinzip gegeneinander austauschbare – Ausdrucksvarianten existieren, lässt sich auf allen sprachlichen Ebenen beobachten, in der Orthographie (z. B. mit Hilfe von neben mithilfe von), in der Phonologie (z. B. die verschiedenen r-Realisierungen, auch freie Varianten genannt) oder in der Morphologie (z. B. die beiden Pluralformen Atlanten und Atlasse). Auch auf der Ebene der Syntax existieren solche ausdrucksseitige Varianten, und mit diesen beschäftigt sich der vorliegende Beitrag. So wie es im Lexikon (mehr oder weniger) synonyme Wörter gibt (z. B. Ergebnis und Resultat), so existieren auch in der Syntax (mehr oder weniger) synonyme Kategorien und Konstruktionsmuster.
Angesichts der Arbitrarität von sprachlichen Zeichen macht bei den Bezeichnungen die Frage nach besseren und schlechteren Varianten eigentlich kaum Sinn. Was ist der bessere Plural, Atlantenoder Atlasse (bzw. engl. atlantes oder atlases)? Wenn gut bedeuten soll ‚nach den Regeln der Herkunftssprache gebildet‘, dann ist die erste Form die bessere, wenn ‚auf reguläre Art gebildet‘ die zweite. Unregelmässige Formen wie Altlanten erfordern naturgemäss einen höheren Lernaufwand.6
Bei (quasi)synonymen Lexem-Paaren wie Verfasser.Autor, Rechtschreibung.Orthographie, Wahrnehmung.Perzeption oder Nachruf.Nekrolog gehört das Fremdwort oft einer höheren Sprachschicht an und wird deshalb im Duden-Wörterbuch (1999) mit „bildungssprachlich“ gekennzeichnet. Auch in der Grammatik-Terminologie des Deutschen – dies im Gegensatz zu derjenigen anderer europäischer Sprachen – sind derartige Synonymie-Relationen sehr verbreitet, wobei meist neben einem Ausdruck lateinischer Herkunft auch ein deutscher koexistiert: Plural . Mehrzahl, Adjektiv . Eigenschaftswort, Infinitiv . Grundform, Auxiliarverb . Hilfsverb, Deklarativsatz . Aussagesatz, Konditionalsatz . Bedingungssatz etc.
Da die grammatischen Fachtermini wie die Alltagsbegriffe oft nicht klar abgegrenzt sind, lässt sich die Prototypensemantik mit Gewinn auch auf diese anwenden.7 Besonders lohnenswert ist eine solche Herangehensweise bei den Wortarten, bei welchen jeder Versuch einer dichotomen Definition notorisch in eine Sackgasse führt. Natürlich kann man versuchen – und man hat es immer wieder versucht – unscharfe Termini durch operationale Definitionen eindeutiger zu machen, etwa indem man den lateinischen Terminus auf die formale Seite und den deutschen auf die inhaltliche Leistung spezialisiert, z. B. Futur vs. Zukunft. Wie die Anwendung der Prototypensemantik auf die Definition von Wortklassen aussehen könnte, soll hier nur noch kurz am Fall der Präposition und des Adjektivs angedeutet werden.8
Gibt es bei der Kategorie Präposition bessere und schlechtere Vertreter? Existiert vielleicht sogar ein Prototyp? Nun, wenn ja, wohl nicht in Form eines einzigen Elements, sondern eher als kleine, geschlossene Gruppe von Präpositionen wie in, auf, mit, von etc., die nicht nur von ihrer kompakten, prägnanten Gestalt (meist einsilbig), sondern auch von ihrer Frequenz her als prototypische Vertreter angesprochen werden können (Duden-Grammatik .2009: 607).9Weniger typische Vertreter der Kategorie Präposition treten nicht nur seltener auf, sondern sind nachgestellt (meiner Mutter zuliebe) oder haben die Gestalt von sog. sekundären Präpositionen (anhand, angesichts, etc.) oder gar von Präpositionalgruppen (in Anbetracht, in Bezug auf, etc.). Übrigens: Die beiden deutschen Bezeichnungen für Präposition, Vorwort und Verhältniswort, evozieren zwar zwei wichtige Aspekte dieser Wortklasse, die Voranstellung und die Eigenschaft, zwei Grössen semantisch zueinander in Beziehung zu setzen. Sie wären aber nicht geeignet, bei einer Definition im Sinne der aristotelischen Logik als Kriterien zu fungieren. Zwar drückt eine Präposition wie auf in prototypischem Gebrauch eine lokale Situierung aus (auf dem Dach), aber dies trifft auf andere Verwendungen bekanntlich nicht zu: bei vielen Verben dient sie als semantisch „leeres“ Verbindungselement (auf jemanden warten). Das einzige Merkmal, das allen Präpositionen gemeinsam ist, nämlich die Kasusforderung, erscheint hingegen in keinem ihrer Namen als Bezeichnungsmotiv.
Bei den Adjektiven kann man die Teilmenge der qualifizierenden Adjektive (z. B. angenehm) als prototypisch ansehen, dies auch deshalb, weil sie in allen syntaktischen Settings (attributiv, prädikativ, adverbial und „adadjektivisch“ (angenehm warm)) verwendet werden können und darüber hinaus komparierbar sind.10 Andere Untergruppen, die kleineren oder grösseren Restriktionen unterworfen sind, müssen demgegenüber als mehr oder weniger periphere Vertreter gelten, insbesondere die nur attributiv verwendbaren relationalen Adjektive11 (der gestrige Tag, die städtischen Angestellten), ferner die nur prädikativ verwendbaren (*die pleite Firma/*das futsche Vertrauen)12 und die nicht komparierbaren (z. B. arbeitslos).
Das Gedankengut der Prototypentheorie – mit oder ohne die damit einhergehende Terminologie ist unterdessen auch in einzelne Grammatiken eingeflossen, auch wenn dieses Modell oft eher punktuell zur Abgrenzung von grammatischen Kategorien herangezogen wird. Eine Pionierrolle kommt in diesem Zusammenhang der Grammar of Contemporary English (Quirk et al.) zu, in der bereits 1972 abgestufte Grade der Zugehörigkeit zu einer Wortklasse vorgesehen wurden. So wird etwa beim Adjektiv zwischen central adjectives und peripheral adjectives (Quirk et al. 1972: 234) unterschieden, je nachdem ob diese alle oder nur einen Teil der angesetzten Kriterien erfüllen.
4 Ein abgestuftes Modell der Variation grammatischer Kategorien
Wer von sprachlichen Varianten, i. e. von variierenden Formen spricht, sagt damit implizit, dass es zum Ausdruck ein und desselben Inhalts (z. B. der Konditionalität) mehrere formale Möglichkeiten gibt. Im Anschluss an die klassischen Experimente von Labov zur Unschärfe von Kategoriengrenzen13 spricht Lüdeling (2017) in diesem Zusammenhang von Variablen: Eine funktional definierte Variable könne durch zwei oder mehr Realisierungsformen (Varianten) ausgedrückt werden. Voraussetzung sei, dass der Sprecher im Prinzip zwischen zwei oder mehr funktional äquivalenten Varianten, die in irgendeinem Sinne „dasselbe“ ausdrücken, wählen könne. Manchmal seien die Varianten exhaustiv aufzählbar, manchmal jedoch nicht. Wichtig ist bei variationistischen Studien gemäss Lüdeling eine offene Korpusarchitektur, damit jederzeit neue, zunächst übersehene oder in einem bestimmten Korpus nicht auftretende Varianten hinzugefügt werden können.14 Es ist dabei meist so, dass eine der Varianten als kanonische Form oder Referenzform angesehen werden kann. In der Fachliteratur begegnet man zur Benennung dieses Phänomens unterschiedlichen Termini. Öfter werden vom gleichen Verfasser in mehr oder weniger freier stilistischer Variation Ausdrücke wie die folgenden verwendet: einerseits Referenzform, kanonische Form, bester Vertreter oder Prototyp, und anderseits Variante, Konkurrenzform oder Alternative. Aber: Sind das alles wirklich Synonyme, oder wäre es sinnvoll und darüber hinaus auch praktikabel, diese mit Hilfe von zusätzlichen Definitionskriterien schärfer gegeneinander abzugrenzen? Im Laufe der empirischen Erhebungen für diese Studie hat es sich gezeigt, dass eine Dichotomie Prototyp vs. Variante eine zu grobe Kategorisierung darstellt, die nicht erlaubt, feineren Unterschieden Rechnung zu tragen. Auch wenn es sich hier letztlich um ein Kontinuum handeln dürfte und eine völlig objektive Grenzziehung nicht möglich ist, wollen wir dennoch im Sinne eines vorläufigen Ordnungsversuchs für die Klassifizierung der vorgefundenen sprachlichen Phänomene eine Vierertypologie vorschlagen. Es soll im Folgenden unterschieden werden zwischen Prototyp15, Varianten, Konkurrenzformen und freier stilistischer Variation, siehe Abbildung 1. Das hier angewendete Verfahren wird nun zunächst theoretisch umrissen und an zwei gut erforschten Fällen erprobt, bevor es dann in einem zweiten Schritt auf das Thema der Satzarten des Deutschen angewandt werden soll. Wenn wir hier zunächst relativ ausführlich auf die beiden Felder Konditionalität und Passivkonstruktionen eingehen, und zwar nicht nur theoretisch, sondern vor allem empirisch, dann mit Ziel, die hierbei gewonnenen Erkenntnisse für das in variationistischer Perspektive noch wenig untersuchte Feld der Satzarten fruchtbar zu machen.
Zu Recht wird in der Literatur öfter die „ausserordentliche Theorielastigkeit“ (Schmid 2000: 34) der linguistischen Prototypenforschung beklagt. Von den beiden Hauptmethoden ihrer empirischen Erprobung (psycholinguistische Experimente, korpusgestützte Analysen) beschränken wir uns hier auf die zweite. Es wäre aber wünschenswert, die hier zunächst einmal aufgrund von theoretischen Überlegungen getroffenen Unterscheidungen auch mit psycholinguistischen Methoden empirisch zu überprüfen. Die in der lexikalischen Prototypensemantik praktizierten Verfahren liessen sich mit Gewinn auch auf grammatische Kategorien anwenden. Wenn man Probanden etwa die Frage „Wie drückt man im Deutschen ein Bedingungsverhältnis aus?“ oder
„Was kommt Ihnen zuerst in den Sinn, wenn Sie das Wort Konditionalsatz hören?“ unterbreiten würde, so würde sich vermutlich – dies unsere Hypothese – der mit wenn eingeleitete Nebensatz als bester Vertreter herausstellen.
Die Privilegierung einer Variante als bester Vertreter oder Prototyp ist natürlich öfter nicht absolut zwingend, aber es lassen sich dennoch jeweils Gründe dafür ins Feld führen. Mit Blick auf grammatische Termini erweisen sich die drei folgenden Kriterien als die wichtigsten (oft treffen alle zugleich zu): die Häufigkeit des Auftretens, eine spezifische formale Gestalt und die grammatische Generalisierbarkeit. Daneben werden oft noch weitere, letztlich aber nur schwer operationalisierbare Kriterien ins Spiel gebracht, etwa die Auffälligkeit (Salienz) oder die Prägnanz oder Intensität eines Merkmals. Hier nun einige Überlegungen genereller Natur, von denen wir uns bei der Etablierung der hier vorgeschlagenen Typologie haben leiten lassen.
Prototyp: Bei den Prototypen handelt es sich um „besonders typische, gute und hervorstechende Vertreter einer Kategorie“ (Schmid 2000: 33). Im Prinzip sollte nach unserem Dafürhalten die frequenteste Struktur als Prototyp deklariert werden.16 Vor allem bei starkem Dominieren einer Struktur braucht es gute Gründe, um diese nicht als Prototyp anzusehen.17 Im Normalfall ist diese zentrale normative Kategorie zugleich auch am wenigsten stark idiosynkratischen Restriktionen unterworfen, sondern weitgehend auf Grund von generellen grammatischen Regeln ableitbar. Was die formale Gestalt des Prototyps betrifft, fällt es nicht ganz leicht, eine allgemeine Charakterisierung zu geben: Oft handelt es sich um den „Normalfall“ (Default),
i. e. die einfachste, unmarkierte, unauffälligste Struktur.18 In anderen Fällen scheint es jedoch angezeigt, auch eine etwas speziellere, durch einen auffälligen Marker gekennzeichnete Struktur als Prototyp anzusehen.
Varianten: Als Varianten sollen hier diejenigen Konstruktionen bezeichnet werden, die sich strukturell nur wenig von der Referenzform entfernen. Darüber hinaus oder alternativ sind diese bezüglich ihrer Verwendung ähnlich frei verfügbar wie der Prototyp. Diese bewusst etwas vage gehaltene Formulierung wurde gewählt, weil es meines Erachtens nicht sinnvoll wäre, eine klare, allgemein gültige Kriterienhierarchie für die Zuordnung aufzustellen. Auf diese Weise können die Gründe für die Einordnung als Variante bzw. als Konkurrenzform an die Spezifika des jeweiligen Grammatik-Phänomens angepasst werden. Diese Aufteilung des Variantenfeldes auf zwei Kategorien hat zur Folge, dass der Begriff Variante hier in einem etwas engeren Sinn verwendet wird als in variationistischen Studien üblich.
Konkurrenzformen: Die Konkurrenzformen einer grammatischen Kategorie drücken zwar ebenfalls grosso modo den gleichen Inhalt aus wie der Prototyp, sind aber im Vergleich zu den Varianten als weniger typische Vertreter zu taxieren. Bezüglich ihrer formalen Gestalt entfernen sie sich stärker vom Prototyp als die Varianten. Sie erweisen sich darüber hinaus als stärker idiosynkratisch geprägt, i. e. sie sind in höherem Masse syntaktischen und semantischen Restriktionen unterworfen. Zum Teil handelt es sich um eher randständige Bildungen, die sich meist auch von der Frequenz ihres Auftretens her als stärker peripher erweisen.
Freie stilistische Variation: Unter der Kategorie freie stilistische Variation wollen wir hier Bildungen subsumieren, die auf einer hohen Abstraktionsebene zwar immer noch die gleiche Hauptidee ausdrücken wie der Prototyp. Der Abstand der konkreten Formulierungen von diesem ist aber zu gross, als dass diese in den Grammatiken als Alternativen aufgeführt würden. Dabei liegt oft nicht bloss eine andere Verteilung der Satzgliedrollen als im Prototyp vor, sondern es treten auch bei den Lexemen teilweise oder durchgehend (Quasi-)Synonyme auf.
Jedenfalls sind die Unterschiede auf der Ausdrucksebene so gross, dass Informanten zwischen diesen Konstruktionen und dem Prototyp nicht mehr unbedingt spontan eine Verbindung herstellen.
Um die im Folgenden gemachten theoretischen Aussagen empirisch abzusichern, haben wir eine exhaustive Analyse eines Kleinkorpus vorgenommen. Alle quantitativen Angaben beruhen auf dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23.05.1949 (Stand 13.07.2017).19 In ausgewählten Fällen wird auch auf die Resultate einer analogen Auswertung der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (BV) vom 18. April 1999 (Stand 1. Januar 2018) zurückgegriffen. Gesetzestexte eignen sich besonders gut zum Studium der beiden hier ausgewählten Grammatik-Phänomene, geht es bei diesen doch darum, Bedingungen und Voraussetzungen der Gültigkeit von Rechtsnormen zu präzisieren, wofür sich Konditionalgefüge besonders gut eignen: „X ist (nur) (dann) einschlägig oder zulässig, falls Y zutrifft“. Und im Gegensatz zu einem Bericht über persönliche Erlebnisse ist in diesen von den allgemeingültigen Regeln des Funktionierens des Staates die Rede, einer Thematik, für die das „anonyme“ Passiv ein adäquates Ausdrucksmittel darstellt. Insgesamt wird in diesem Beitrag ein faktengeleiteter Zugang zu den sprachlichen Phänomenen angestrebt, bei dem die faits de langue (de Saussure) möglichst für sich selber sprechen sollen.
4.1 Prototyp und Peripherie beim Konditionalsatz
Ein Bedingungsverhältnis kann bekanntlich nicht nur durch einen konditionalen wenn-Nebensatz wie in (1a) ausgedrückt werden, sondern unter anderem auch durch die Konstruktionen (1b) und (1c):20
Im Anschluss an die obigen Ausführungen betrachten wir bei der Konditionalität den mit wenn eingeleiteten Nebensatz (1a) als besten Vertreter oder Prototyp. Auf diesen treffen gleich alle drei oben genannten Gegebenheiten zu. Es ist die Struktur (1a), die im heutigen Deutsch vermutlich anteilmässig dominiert.21 Zwar könnte man Zweifel anmelden, ob es sich bei (1a) wirklich um die einfachste Form handelt, kommt doch nicht sie, sondern die Verb-Erst-Struktur (1b)ohne zusätzliches Wort aus. Typischer als ein satzeinleitendes Vollverb ist dabei aber die Konstruktion „Sollte(n) + Infinitiv“, die im heutigen Deutsch dabei ist, sich auf den Ausdruck von Bedingungsverhältnissen zu spezialisieren (Näf 2006: 88f.).22 Aber es ist die Struktur (1a), die am klarsten die Gestalt eines typischen Nebensatzes aufweist, nämlich Subjunktion als Einleitewort und Endstellung des Verbs. Dies hat zur Folge, dass der wenn-Satz – im Gegensatz zu den Verb-Erst-Nebensätzen vom Typ (1b) – gleich ab dem ersten Wort als Nebensatz wahrgenommen und verarbeitet werden kann.23
Unter die Varianten des Prototyps fallen zunächst einmal alle mit wenn synonymen Subjunktionen oder unterordnenden Syntagmen (falls, sofern, unter der Voraussetzung dass, gesetzt den Fall (dass), etc.). Diese haben gegenüber wennnoch den Vorteil, dass sie nicht wie dieses polysem sind.24 Unter den Varianten sollen aber auch die Verb-Erst-Sätze vom Typ (1b) eingeordnet werden. Diese sind im heutigen Deutsch vermutlich viel seltener als die wenn-Struktur. Sie unterscheiden sich nicht nur in ihrer formalen Gestalt von diesen, sondern unterliegen auch gewissen grammatischen Restriktionen. Es gibt ferner Indizien dafür, dass sie semantisch und pragmatisch weniger deutlich in den Matrixsatz integriert sind.25 Die Verb-Erst-Konditionalsätze gehören eher dem gehobenen Sprachniveau an und sind im heutigen Deutsch vermutlich am Veralten. Sie „wirken im Allgemeinen nachdrücklicher, feierlicher, pathetischer“ (DudenZweifelsfälle 1972: 395) als der wenn-Satz.
Dagegen soll die Konstruktion mit der Präposition bei in konditionaler Verwendung wie in (1c) nicht zu den Varianten, sondern zu den Konkurrenzformen gestellt werden, aus drei Gründen. Zunächst entfernt sie sich als Präpositionalgruppe durch ihre formale Gestalt deutlich von der verbbasierten Struktur der Nebensätze. Sodann ist die Präposition bei in konditionaler Verwendung im heutigen Deutsch peripher; sie figuriert denn auch im Duden-Wörterbuch (1999) erst als Unterbedeutung III 4. Und schliesslich – und das ist das wichtigste Argument – unterliegt diese Konstruktion zahlreichen Verwendungsrestriktionen. Während eine Transformation eines wenn-Satzes in einen Verb-Erst-Nebensatz praktisch immer möglich ist, trifft dies auf die Nominalisierungen nicht zu. Zwar lässt sich das Verb in Konditionalsätzen wie Wenn dieser Verdacht zutrifft/sich bewahrheitet/stimmt im Prinzip in eine bei-Präpositionalphrase mit substantiviertem Infinitiv und in vielen Fällen auch in ein Verbalabstraktum auf -ung umwandeln. De facto sind aber viele derartige Transformationen aus idiosynkratischen, i. e. im Einzelfall nicht vorhersagbaren Gründen, blockiert oder führen zu einem stilistisch unbefriedigenden Resultat:
(2) Bei Zutreffen/Sichbewahrheiten/?Bewahrheitung/?Stimmen/*Stimmung dieses Verdachts, etc.
Hier nun einige empirische Daten zum Ausdruck der Konditionalität im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG).
In seinen 146 Artikeln finden sich für den wenn-Nebensatz insgesamt 73 Belege, während die Verb-Erst-Struktur mit 61 Belegen etwas weniger häufig auftritt. Eine solche fast gleichmässige Verteilung auf die beiden Strukturtypen ist jedoch für das Gegenwartsdeutsch eine grosse – durch die Textsorte bedingte – Ausnahme.26 Nach Ausweis des falls-Tests können sämtliche Verb-Erst-Belege wie etwa (5) oder (6) semantisch als Konditionalsätze taxiert werden. Dies trifft auch auf alle wenn-Sätze wie (3) zu, auch wenn bei diesen bei einer Handvoll von Belegen eine temporale Interpretation einen ebenfalls befriedigenden, aber leicht anderen Sinn ergäbe (bei diesen ist eine Substitution sowohl durch falls als auch sobald möglich, z. B. in (4)).27 Der gegenüber anderen Korpora viel höhere Anteil der konditionalen Lesart von wenn ist jedenfalls höchst bemerkenswert und kann als eine textsortenspezifische Eigenschaft interpretiert werden. Die Auswertung einer Zufallsauswahl von 200 wenn-Satz-Belegen aus einem Zeitungskorpus hat ergeben, dass es sich dort nicht bei praktisch allen, sondern nur bei knapp der Hälfte der wenn-Sätze um Konditionalsätze handelt, und bei immerhin einem Viertel um Temporalsätze (Näf 2006: 87).
(3) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist. (Art 20, 4)
(4) Der Einsatz von Streitkräften ist einzustellen, wenn der Bundestag oder der Bundesrat es verlangen. (Art 87a, 4)
(5) Handeln die Länder im Auftrage des Bundes, trägt der Bund die sich daraus ergebenden Ausgaben. (Art 104a, 1)
(6) Kommt eine Wahl innerhalb dieser Frist nicht zustande, so findet unverzüglich ein neuer Wahlgang statt, in dem gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhält. (Art 63,4)
Für die Verb-Erst-Konditionalsätze ist darüber hinaus typisch, dass sie stellungsmässig wie in (5) und (6) als Vordersätze auftreten, was im GG bei allen 61 Belegen der Fall ist. Diese Serialisierung entspricht der „ikonisch richtigen“ Abfolge ‚Bedingung vor Folge‘. Satzgefüge wie (5), bei denen beide Teilsätze mit dem finiten Verb einsetzen, werden aus stilistischen Gründen oft kritisiert, und es wird zum Einfügen eines Korrelats (so, dann) im Hauptsatz geraten (cf. Duden-Zweifelsfälle 1972: 395). Im Grundgesetz tritt denn auch in fast allen einschlägigen Fällen wie etwa im Beleg (6) im nachgestellten Hauptsatz das Korrelat so auf.28
Die Konkurrenzform mit konditionalem bei wie in (7) und (8) tritt im GG 27mal auf; dies dürfte bei insgesamt 102 Okkurrenzen für die Präposition bei ein sehr hoher, ebenfalls durch die Textsorte zu erklärender Anteil sein.29
(7) Bei Gefahr im Verzuge kann sie [= die Anordnung] auch durch einen einzelnen Richter getroffen werden. (Art 13,3)
(8) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig. (Art 12,3)
Bei den einschlägigen Belegen dominieren abstrakte Nomen, vor allem Verbalabstrakta auf -ung (z. B. bei vorzeitiger Beendigung Art 54, 4; bei Meinungsverschiedenheiten Art 93, 2a; bei dringendem Bedarf Art. 87, 3). Der substantivierte Infinitiv, aus stilistischen Gründen oft kritisiert, wird im GG offenbar vermieden (der einzige Beleg: bei Freiwerden von Kernenergie Art. 73,14).
Es liegt in der Natur der Sache, dass bei der Kategorie freie stilistische Variation keine exhaustive Aufzählung der Ausdrucksmöglichkeiten gegeben werden kann. Diese soll deshalb hier nur durch einige konstruierte, stilistisch zum Teil aber etwas schwerfällige Beispiele angedeutet werden. Die Struktur „wenn p, dann q“ kann auf mannigfaltige Weise variiert werden, etwa durch die Negierung der beiden Sachverhalte wie in „ohne p kein q“ und „kein q, ausser p“. Alle diese und weitere Ausdrucksmöglichkeiten für die Konditionalität dürften aber insgesamt keine grosse Rolle spielen. Am ehesten tritt noch konditionales ohne in Formulierungen wie ohne seine Genehmigung (Art 40, 2) oder ohne Zustimmung wie in (9) auf:
(9) Der Bundeskanzler und die Bundesminister dürfen kein anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben und weder der Leitung noch ohne Zustimmung des Bundestages dem Aufsichtsrate eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens angehören (Art 66).
4.2 Prototyp und Peripherie beim Passiv
Im Folgenden sollen einige Fakten zur Ausdrucksvariation im Bereich des Passivs in Erinnerung gerufen und in das oben skizzierte Modell der Nähe bzw. Ferne zum Prototyp eingeordnet werden, und zwar getrennt für die beiden Untertypen Passiv ohne Modalfaktor und Passiv mit Modalfaktor. Dies deshalb, weil die beiden Untertypen weitgehend unterschiedliche Varianten und Konkurrenzformen aufweisen.
4.2.1 Passiv ohne Modalfaktor
In vielen Grammatiken des Deutschen ist von Passiv-Varianten oder von Konkurrenzformen des Passivs die Rede; zu diesen werden in erster Linie die folgenden gerechnet:30
Dass die Struktur mit werden + Partizip II wie in (10a) als Prototypoder unmarkierte Referenzform zu taxieren ist, ist communis opinio der Forschung.31 Wie eine neuere Untersuchung an einem Zeitungskorpus ergeben hat, dominiert diese Struktur deutlich vor dem sein-Passiv und allerlei „Ersatzformen“.32
Die Frage ist nun aber, wie man das sein-Passiv in unser Modell einordnen soll. Von seiner formalen Gestalt her ist es zwar ebenso einfach aufgebaut wie das werden-Passiv, doch ist sein Gebrauch in höherem Masse syntaktischen und semantischen Restriktionen unterworfen.33 Wir entscheiden uns hier deshalb dafür, das sein-Passiv als Variante des Passivs aufzufassen, zusammen mit all jenen Konstruktionen, in denen als salientes Merkmal ein Partizip II auftritt. Dies hat zur Folge, dass auch das seltene, idiosynkratisch restringierte bekommen-Passiv hier eingeordnet wird (Ich bekam das geschenkt).34 Ebenfalls zu den Varianten zählen kann man, falls man unter die Satzgrenze gehen will, die zu einer Nominalgruppe komprimierten Passivkonstruktionen vom Typ sein allgemein anerkannter Beitrag, bei denen allerdings das Auxiliarverb und damit die Tempus-Modus-Charakterisierung fehlt und das Partizip sich als Attribut (eventuell mit Erweiterung) auf ein Nomen bezieht.
Dagegen sollen die Funktionsverbgefüge wie in (10c) Sein Beitrag fand allgemeine Anerkennung unter den Konkurrenzformen eingeordnet werden. Zwar teilt diese Konstruktion mit dem Passiv die Verteilung der semantischen Rollen und damit die „täterabgewandte“ Sichtweise auf das Geschehen, aber es erscheint etwas störend, Sätze, deren Verb im Aktiv steht, als Varianten des Passivs zu bezeichnen. Zu den Konkurrenzformen soll auch die quasi-synonyme Konstruktion mit einem unpersönlichen Pronomen wie in (10d) Man/Jedermann anerkannte seinen Beitrag gezählt werden, in der die Perspektive vom Handelnden aus eingenommen wird. Wegen der unterschiedlichen Verteilung der Satzgliedrollen einerseits und dem Verb im Aktiv anderseits ist deren Abstand zum Prototyp hier deutlich grösser als bei den Varianten.
Auch beim Passiv macht es Sinn, Fälle von freier stilistischer Variation vorzusehen. Die in Tabelle 5 aufgeführten Beispiele unterscheiden sich vom Prototyp vor allem durch die Variation im Lexikon, sowohl beim Verbalabstraktum Anerkennung.Wertschätzung, Lob, etc.) als auch beim Verb (auf Zustimmung stossen, Beifall erhalten, etc.). Bezüglich ihrer formalen Gestalt sind sie tendenziell mit abnehmender Nähe zum Prototyp angeordnet. Wenn wir hier Sein Beitrag fand allgemeine Anerkennung zu den Konkurrenzformen, Sein Beitrag stiess auf breite Zustimmung dagegen zur freien stilistischen Variation zählen, dann deshalb, weil nur beim erstgenannten Satz ein etymologisches Band zwischen Verb und Verbalabstraktum (anerkennen : Anerkennung) besteht. Um anzudeuten, wie vielgestaltig die Verteilung der Satzgliedrollen bei der freien stilistischen Variation sein kann, wurde in Tabelle 5 jeweils das Subjekt des Satzes durch Unterstreichung hervorgehoben.
Ohne auf alle Einzelheiten einzugehen, sollen hier nun die empirischen Befunde aus dem Grundgesetz vorgestellt werden. Zum globalen Ergebnis, zunächst beim Passiv ohne Modalfaktor: Im GG finden sich insgesamt 198 Belege für das werden-Passiv und 97 für das seinPassiv, was die oben vermutete Dominanz des ersteren deutlich bestätigt.35 Wenn wir noch die 160 Belege für das werden-Passiv mit Modalfaktor (siehe unten 4.2.2) dazurechnen, so kommen wir im GG auf insgesamt 455 Passivkonstruktionen. Und falls man auch noch die 100 Konstruktionen sein.zu+Infinitiv dazu nehmen will, ergibt sich ein Total von 555 Belegen.
Eines ist sicher: im Vergleich zu anderen Texten und Textsorten ist das viel, sehr viel sogar. Wie eine Hochrechnung aufgrund einer Teilsondierung im GG ergibt, erreichen die Verben im Passiv (inkl. sein.zu+Infinitive) einen Anteil von ca. 40 % aller Verbformen. Aufgrund einer Auswertung mehrerer Spezialstudien kamen die Verfasser der fünften Auflage der DudenGrammatik (.1995) zu dem Ergebnis, dass über alle Textsorten hinweg die Aktivformen mit durchschnittlich 93 % auf erdrückende Weise dominieren, während auf das Passiv im Durchschnitt bloss etwa 7 % entfallen (werden-Passiv ca. 5% und sein-Passiv ca. 2%, cf. ibd.: 170f.). Etwas weniger ausgeprägt ist die Passiv-Dichte in der Schweizerischen Bundesverfassung, in der insgesamt 264 einschlägige Belege auftreten (werden-Passiv: 100, sein-Passiv: 69, Passiv mit Modalfaktor: 63, sein.zu+Infinitiv: 32). Das GG weist somit mehr als doppelt so viele Passiv-Konstruktionen wie die BV auf. Da aber sein Textumfang mit ca. 25‘000 Wörtern nicht doppelt, sondern nur anderthalbmal so umfangreich ist wie die BV, ist der Anteil an PassivFormen im GG deutlicher höher.36
Der hohe Anteil an Passivformen ist nicht weiter erstaunlich, geht es in Gesetzestexten doch darum, überpersönliche, allgemein gültige Normen zu formulieren, wobei der „Täter“ oft unwichtig oder unbekannt oder aber im gegebenen Kontext selbstverständlich ist (‚die zuständige Behörde‘). Die Sachverhalte, um die es im GG geht, können auf Passiv-Strukturformeln wie die folgenden reduziert werden:
(11a) Ein Recht wird: erteilt, gewährleistet, ausgeübt, wahrgenommen, eingeschränkt, übertragen, etc.
(11b) Vorschriften und Gesetze werden: erlassen, beschlossen, verkündet, verabschiedet, geändert, ausgeführt, etc.
(11c) Personen oder Gremien werden: gewählt, einberufen, ernannt, ermächtigt, vertreten, etc. (11d) Etwas wird: entschieden, geregelt, festgelegt, bewilligt, verwaltet, berücksichtigt, durchgeführt, ausgeführt, etc.
Hier nun der Befund aus dem Grundgesetz betreffend die Verteilung von Prototyp und der wichtigsten alternativen Ausdrucksweisen beim Passiv ohne Modalfaktor:
Das Dominieren von agenslosen Passivsätzen trägt zum Globaleindruck eines abstrakten, handlungsarmen Schreibstils bei. Kommt hinzu, dass es sich bei den Verben im Aktiv im Grundgesetz oft um „blutlose“ Verben wie sein, bleiben, gelten als handelt und dass für dieses, wie für Gesetzestexte ganz allgemein, ein ausgesprochener Nominalstil typisch ist.37 Beim seinPassiv (Paradebeispiel: Die Todesstrafe ist abgeschafft, Art 102) dominieren zum Teil andere Verblexeme, etwa berechtigt, betroffen, verboten. Grundsätzlich ist es aber so, dass die meisten Verben in beiden Passiv-Arten auftreten können, und es sind denn auch im GG de facto viele Verben sowohl mit werden als auch mit sein belegt, z. B. wird/ist gewährleistet (6x/3x), wird/ist gewählt (8x/3x), wird/ist verpflichtet (9mal38/7mal), siehe (12), (13) und (14):39
(12a) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. (Art 7,4)
(12b) Das Recht, […] Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. (Art 9,3)
(13a) Der Bundeskanzler wird auf Vorschlag des Bundespräsidenten vom Bundestage ohne Aussprache gewählt. (63,1)
(13b) Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages auf sich vereinigt. (Art 63,2)
(14a) Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen. (Art 7,3)
(14b) Gerichte und Verwaltungsbehörden sind zur Rechtsund Amtshilfe verpflichtet. (Art 44,3)
In gewissen Fällen erweist es sich als unumgänglich, auch bei der „täterabgewandten“ Diathese Passiv die zuständige Instanz (Funktion oder Institution) explizit zu nennen, dies in Form einer durch von oder durch eingeleiteten Präpositionalphrase. Beim werden-Passiv ohne Modalfaktor ist dies bei 64 Belegen (oder 32 %) der Fall, bei ausgeglichener Verteilung auf die beiden Präpositionen von (31 Belege, z. B. (15) und (16)) und durch (33 Belege, z. B. (17))40. Während es sich aber bei von semantisch betrachtet durchwegs um Agensangaben handelt, ist das bei durch nur relativ selten der Fall, z. B. in (17). Häufig belegt sind dagegen Präpositionalphrasen wie durch Bundesgesetz u. ä., durch die – in der Terminologie der Theorie der Tiefenkasus gesprochen – nicht der Handlungsträger, sondern das Mittel („Instrumental“) wie etwa in (18) ausgedrückt wird.
(15) Die Bundesgesetze werden vom Bundestage beschlossen. (Art 77,1)41
(16) Die Bundesminister werden auf Vorschlag des Bundeskanzlers vom Bundespräsidenten ernannt und entlassen. (Art 64,1)
(17) Die Verwirkung und ihr Ausmaß werden durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen. (Art 18)
(18) Im übrigen werden die Befugnisse des Bundesrechnungshofes durch Bundesgesetz geregelt. (Art 114,2)
In einzelnen linguistischen Theorien werden Aktiv und Passiv als synonyme Konstruktionen aufgefasst. Auch wenn das rein semantisch betrachtet auf einer hohen Abstraktionsebene zutreffen mag, sind die beiden Perspektivierungen in einem gegebenen Ko(n)text jedoch in der Regel nicht gegeneinander austauschbar. Allerdings gibt es im GG gewisse stereotype Sätze, die offensichtlich ohne Bedeutungsunterschied promiscue sowohl im Aktiv (19) als auch im Passiv (20) stehen können, z. B.
(19) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz. (Art 41,3)
(20) Das Nähere wird durch Bundesgesetz geregelt. (Art 22,1)
Die Passivsatz-Dichte im Grundgesetz ist schon an sich recht eindrücklich. Noch verstärkt wird der Gesamteindruck einer „täterabgewandten“ Sichtweise auf die Grundlagen des staatlichen Rechtssystems aber durch das frequente Auftreten von – meist erweiterten – Partizipialattributen. Bekanntlich kann man ganze Sätze zu Nominalgruppen komprimieren. Hier interessieren wir uns jedoch nicht für die Nominalgruppen mit einer von einem Adjektiv abhängigen Erweiterung wie z. B. die jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften(Art 59,2). Ebenso wenig stehen die 99 Belege mit einem – fast durchwegs von einem intransitiven Verb abgeleiteten – Partizip I zur Debatte, die ebenfalls den Eindruck einer kompakten, ja verschachtelten Syntax verstärken und die sich im Prinzip in einen Aktivsatz „zurückverwandeln“ lassen z. B.
(21) die Rechtsverhältnisse der im Dienste des Bundes und der bundesunmittelbaren Körperschaften des öffentlichen Rechtes stehenden Personen (Art 73,1)
Dagegen soll hier noch ein Blick auf die insgesamt 144 Belege für erweiterte Partizipialattribute (mit Partizip II) geworfen werden, die man als komprimierte Passivsätze auffassen kann. Bei einer Transformation des obigen Belegs (15) in eine Nominalgruppe fällt das finite Verb und damit die explizite Tempus-Modus-Kennzeichnung des Satzes weg (→ die vom Bundestage beschlossenen Bundesgesetze), wobei aber das Partizip II dem Geschehen die Charakteristik „bereits vollzogen“ verleiht. Der einfachste Fall sind Strukturen ohne Erweiterung; neben okkasionellen Verbindungen wie festgehaltene Personen oder die erzielten Verbesserungen sind hier auch mehrfach auftretende Nominalgruppen wie die betroffenen Länder oder [die Mehrheit] der abgegebenen Stimmen zu nennen. Meistens enthalten diese Nominalgruppen aber mindestens eine Erweiterung, z. B. die staatlich anerkannten Feiertage(Art 139) oder dieim öffentlichen Dienste erworbenen Rechte(Art 33,3). Auch hier sind Agensangaben – wie etwa in (22) – aufs Ganze gesehen selten.
22) Ein vom Bundestag gewähltes Gremium übt auf der Grundlage dieses Berichts die parlamentarische Kontrolle aus. (Art 13,6)
(23) Die in diesen Ausschuß entsandten Mitglieder des Bundesrates sind nicht an Weisungen gebunden. (Art 77,2)
Im Prinzip sind alle diese Nominalgruppen in einen (meist restriktiven) Relativsatz mit werdenPassiv transformierbar, siehe z. B. (24). Öfter dient eine solche Partizipialkonstruktion – in textphorischer Funktion verwendet – dazu, umständliche Wiederholungen zu vermeiden, etwa die erneute Aufzählung der neuen Bundesländer in (26).
(24)Die hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellten Richter können wider ihren Willen nur kraft richterlicher Entscheidung […] entlassen […] werden. (Art 97,2) → Die Richter, die hauptamtlich und planmäßig endgültig angestellt (worden) sind, können […]
(25) Der Bundeskanzler leitet ihre Geschäfte nach einer von der Bundesregierung beschlossenen und vom Bundespräsidenten genehmigten Geschäftsordnung. (Art 65)
(26) Artikel 131 des Grundgesetzes wird in dem in Artikel 3 genannten Gebiet vorerst nicht in Kraft gesetzt. (Anhang Art 6)
Im Übrigen scheint es so zu sein, dass im GG ein kumuliertes oder rekursiv verwendetes Auftreten von erweiterten Partizipialattributen möglichst vermieden wird; ein solches findet sich noch am ehesten bei kürzeren, leicht überschaubaren Syntagmen wie etwa in (27) oder (28). Man darf nicht vergessen, dass solche komplexe Nominalgruppen dem Rezipienten eine hohe Analyseund Gedächtnisleistung abverlangen, müssen sie doch sozusagen „gegen den Strich“ gelesen und verarbeitet werden. Infolge der zentripetalen Abfolge der Elemente (z. B. ein vom Bundestag gewähltes Gremium) muss man das übergeordnete Nomen abwarten, bis syntaktische Zwischenergebnisse in einen Gesamtrahmen eingeordnet werden können.42 Das Deutsche unterscheidet sich diesbezüglich von vielen anderen Sprachen, bei denen die Information „Schritt für Schritt“ verarbeitet werden kann, siehe engl. a committee elected by the Bundestagoder franz. un organe élu par le Bundestag. Dies dürfte auch der Grund dafür sein, dass in vielen Artikeln des GG, etwa in (29), zwischen erweiterten Nominalgruppen und den leichter rezipierbaren Relativsätzen abgewechselt wird.
(27) Ab dem 1. Januar 2014 entfällt {die nach Absatz 2 Nr. 2 vorgesehene Zweckbindung} {der nach Absatz 1 zugewiesenen Finanzierungsmittel} (Art 143c, 3)
(28) {Die nach Artikel 104a Abs. 4 (in der bis zum 1. September 2006 geltenden Fassung) in den Bereichen der Gemeindeverkehrsfinanzierung und der sozialen Wohnraumförderung geschaffenen Regelungen} gelten bis zum 31. Dezember 2006 fort. (Art 125c, 2)
(29) {Die vom Deutschen Reich abgeschlossenen Staatsverträge}, die sich auf Gegenstände beziehen, für die nach diesem Grundgesetze die Landesgesetzgebung zuständig ist, bleiben […] in Kraft, bis neue Staatsverträge {durch die nach diesem Grundgesetze zuständigen Stellen} abgeschlossen werden oder ihre Beendigung {auf Grund der in ihnen enthaltenen Bestimmungen} anderweitig erfolgt. (Art 123,2)
Erwähnung verdienen hier auch die „passivhaltigen“ substantivierten Partizipien II, deren Lexikalisierungsprozess unterschiedlich weit fortgeschritten ist (abgeschlossen ist dieser etwa bei einer Bildung wie der Gefangene), z. B. (30) und (31). Neben okkasionellen Bildungen wie der Vorgeschlagene (Art 63,3) oder jeder vorläufig Festgenommene (Art 104,3) treten öfter auch usuelle, i. e. ins Wörterbuch aufzunehmende Substantivierungen wie die Betroffenen, die Beteiligten oder die Beauftragten auf.43
(30) Der Gewählte ist vom Bundespräsidenten zu ernennen (Art 63,2).
(31) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht (Art 16a,1)
Wie aus Tabelle 5 ersichtlich, werden hier die Funktionsverbgefüge und die Bildungen mit Indefinitpronomen zu den Konkurrenzformen des Passivs gerechnet. Funktionsverbgefüge sind im GG weniger frequent, als man dies hätte erwarten können. Hier interessieren wir uns nicht für das Dutzend „aktivische“ Konstruktionen wie Massnahmen treffen, unter Strafe stellen, etc., sondern für die – bezeichnenderweise etwa viermal so häufigen – Belege, die man als Konkurrenzformen zum Passiv auffassen kann. Unter diesen dominiert das Funktionsverb finden, und zwar in Verbindung mit Anwendung (13 Belege) wie in (32) und Zustimmung (3 Belege) wie in (33). An zweiter Stelle rangiert treten, vor allem in Verbindung mit in Kraft bzw. ausser Kraft (11 Belege), siehe (34), an dritter kommen (mit 9 Belegen für zustande kommen).44 Diese Syntagmen sind auch öfter zu substantivierten Infinitiven verdichtet (das Inkrafttreten bzw. Ausserkrafttreten). Zu einzelnen Funktionsverbgefügen sind konverse Konstruktionen (cf. dazu Kamber 2008: 24) belegt, etwa neben in Kraft treten wie in (34) auch „aktivisches“ in Kraft setzen, in (35) aber typischerweise im Passiv verwendet.
(32) Satz 5 zweiter Halbsatz findet keine Anwendung (Art 29,8)
(33) Findet ein Antrag des Bundeskanzlers […] nicht die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages, so kann […] (Art 68,1)
(34) Dieses Grundgesetz tritt mit Ablauf des Tages der Verkündung in Kraft (Art 145,2)
(35) Artikel 131 des Grundgesetzes wird in dem in Artikel 3 genannten Gebiet vorerst nicht in Kraft gesetzt (Anhang Art 6)
Konkurrenzformen in Form von Aktivsätzen mit Indefinitpronomensind in Gesetzestexten offensichtlich unbeliebt: manist im GG gar nicht belegt, und von den fünf Belegen für jedermann ist hier nur einer von Interesse: Jedermann hat das Recht, [x zu tun] (Art 17), eine Formulierung, die man als Alternative zum sein-Passiv auffassen kann (‚jedermann ist berechtigt‘). Nebenbei bemerkt: In der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (BV) von 1999, die in ihrer überarbeiteten Version fünfzig Jahre jünger ist als das GG, tritt das – offenbar als nicht mehr politisch korrekt eingeschätzte – jedermann gar nicht mehr auf; an den entsprechenden Stellen findet sich dagegen die geschlechtsneutrale Formulierung jede Person (28 Belege).45 Das Indefinitpronomen niemand wird (und zwar sowohl im GG als auch in der BV) fast ausschliesslich in der Subjektsposition in Passivsätzen (mit Modalfaktor) zum Ausdruck von Verboten verwendet: Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden (Art 3,3) bzw. Niemand darf in einen Staat ausgeschafft werden, in dem ihm Folter oder eine andere Art grausamer und unmenschlicher Behandlung oder Bestrafung droht (BV Art 25, 3).
Das Indefinitpronomen jeder tritt in dem aus dem Jahre 1949 stammenden GG insgesamt neunmal in generischer Verwendung auf, z. B. „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit“ (Art 2,2); „[Zum Bundespräsidenten] Wählbar ist jeder Deutsche, der das Wahlrecht zum Bundestage besitzt und das vierzigste Lebensjahr vollendet hat“ (Art 54, 1). Doch findet sich neben „jeder Bundesminister“ (Art 65) auch geschlechtsneutrales „jedes Mitglied der Bundesregierung“ (Art 43, 1). Fünfmal belegt ist auch das geschlechtsneutrale Indefinitpronomen alle, z. B. „Alle Deutschen genießen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet“ (Art 11, 1). Gelegentlich wird auch auf eine Umschreibung mit dem Nomen Personen rekurriert.
Ganz anders präsentiert sich die Sachlage in der – in der Version von 1999 insbesondere auch sprachlich erneuerten – Schweizerischen BV, wo systematisch auf Doppelnennungen zurückgegriffen wird, z. B. „Schweizerinnen und Schweizer haben das Recht, sich an jedem Ort des Landes niederzulassen“ (BV Art 24, 1), ferner etwa „Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer“ (BV Art 40, 1) und „die Bundeskanzlerin oder der Bundeskanzler“ (BV Art 145).46 Nur an einer Stelle tritt ein „echtes“ Maskulinum auf: „Jeder Schweizer ist verpflichtet, Militärdienst zu leisten“ (Art 59, 1), gefolgt von einem ebensolchen Femininum: „Für Schweizerinnen ist der Militärdienst freiwillig“ (BV Art 24, 2).
Passivkonstruktionen werden heute oft als Strategie zur Vermeidung des generischen Maskulinums empfohlen. In Verfassungsund Gesetzestexten ist die Problematik von genderneutralen Formulierungen allerdings nicht sehr akut, dies wegen des Auftretens vieler Passive ohne Agensangabe. In bestimmten Fällen ist es jedoch unverzichtbar, den Handlungsträger explizit zu benennen. Die Funktionsbezeichnung Richter beispielsweise wird im GG zwei Dutzend mal in generischer Funktion verwendet („Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetze unterworfen“ Art 97, 1, Hervorheb. A. N.), die Feminin-Ableitung Richterin kommt nicht vor. Hingegen wird ein Dutzend mal auf eine – weniger direkt mit einer Person männlichen Geschlechts assoziierte – adverbiale Agensangabe mit richterlich zurückgegriffen: „kraft richterlicher Entscheidung“ (Art 97, 2) oder „auf Grund richterlicher Anordnung“ (Art 13, 5). Demgegenüber werden in der Schweizerischen Bundesverfassung konsequent entweder die Doppelnennung (die Richterinnen und Richter) oder andere Möglichkeiten der Vermeidung des generischen Maskulins praktiziert, in erster Linie „die richterlichen Behörden“ (BV Art. 191c). Entsprechendes gilt für alle andern Funktionsbezeichnungen: Die Nominalgruppe der Bundesrat bezieht sich in der BV ausschliesslich auf die Regierung als Ganze: „Der Bundesrat entscheidet als Kollegium“ (BV Art 177), während auf die einzelnen Regierungspersonen mit „die Mitglieder des Bundesrates“ (BV Art 144, 2) referiert wird.
Unter den zahlreichen Möglichkeiten zur freien stilistischen Variation sind vor allem die Verbalabstrakta (insbesondere auf -ung) zu nennen, von denen im GG mehrere Hundert auftreten. Ein Grossteil von diesen ist nicht lexikalisiert (wie dies etwa bei Bundesregierung der Fall ist), sondern kommt in Konstruktionen vor, die man als zu Nominalgruppen komprimierte Sätze auffassen kann. Zwar kann man Verbalabstrakta wie Ernennung oder Entlassung prinzipiell sowohl auf einen aktiven als auch einen passiven Satz zurückführen: A ernennt B vs. B wird (von A) ernannt. De facto ist es aber so, dass im GG die meisten Verbalabstrakta auf -ung präferiert oder ausschliesslich in „passivischen Satz-Skripts“ auftreten. Dies trifft etwa für Berücksichtigungzu. Wie sich aus einer summarischen Sichtung von dessen Kookkurrenzprofil in verschiedenen Datenbanken ergibt, handelt es sich bei dessen affinsten Kookkurrenzpartnern im Genitiv durchwegs um den genitivus objectivus. unter Berücksichtigung der konjunkturellen Entwicklung (Art 115,2) oder unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums (Art 33,5). Entsprechendes gilt etwa für die folgenden Nominalgruppen: die Gewährleistung der Selbstverwaltung (Art. 28, 2), die Verletzung der Verfassung eines Landes (Art 100) oder die Auflösung des Bundestages (115h, 3). Diese und weitere Nominalisierungen tragen zum „täterabgewandten“ Darstellungsstil des GG bei. Einzelne wenige Verbalabstrakta wie etwa Mitwirkung treten demgegenüber nur in „aktivischen“ Satz-Szenarien auf (jemand wirkt bei etwas mit, siehe die Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung (Art 79, 3); bei diesem Lexem geht aus den Kookkurrenzprofilen eindeutig hervor, dass es sich bei dessen signifikanten Nachbarn jeweils um einen genitivus subjectivus handelt. Daneben gibt es eine Anzahl von Verbindungen von Nomen und Auxiliarverb, die man als Alternativen zum sein-Passiv ansehen kann: das Recht haben, die Befugnis haben, eine Vertretung haben (paraphrasierbar durch ‚berechtigt sein‘), z. B.
(36) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden. (Art 9, 1)
(37) Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer. (105, 2a)
4.2.2 Passiv mit Modalfaktor
Vorweg auch hier einige generelle Bemerkungen zur Anwendung unseres Vierstufen-Modells auf das Passiv mit Modalfaktor. Als Referenzform für alle andern Ausdrucksmöglichkeiten und damit als Prototyp bietet sich natürlich die Konstruktion mit Modalverb + werden + Partizip II wie in (38a) an. Es handelt sich um die einzige Struktur, in der ein Partizip II auftritt. Auch hier existieren für diese aber mehrere alternative Ausdrucksweisen, unter denen (38b/c/d/e) vermutlich die wichtigsten sind:47
Obwohl das finite Verb in (38b) in der Diathese Aktiv steht, soll die Konstruktion sein.zu+Infinitivals Variante des werden-Passivs kategorisiert werden. Der Hauptgrund ist, dass diese praktisch ohne Restriktionen zur stilistischen Variation mit dem Passiv eingesetzt werden kann.48 Darüber hinaus kann sie – und dies im Gegensatz zu (38c/d) – zum Ausdruck sowohl einer Möglichkeit als auch einer Notwendigkeit dienen, wobei die Entscheidung, welche der beiden Lesarten in einem konkreten Fall vorliegt, an den Rezipienten delegiert ist.49 Die intendierte Lesart kann aber aus der Verbbedeutung und dem jeweiligen Situationskontext fast immer zweifelsfrei erschlossen werden, z. B. Das Passwort ist leicht zu ändern (→ können) vs. Das Passwort ist sofort zu ändern (→ müssen; cf. dazu GDS (1997: 1897–1900). Beim obigen Beispiel (38b) mit den Pestiziden liegt aufgrund unseres Weltwissens die Kann-Auslegung nahe; es lassen sich aber auch Ko(n)texte vorstellen, in denen eine Notwendigkeit intendiert ist.
Ebenfalls zu den Varianten sollen hier die erweiterten Nominalgruppen mit attributivem zu + Partizip I gerechnet werden, nach dem Vorbild der lateinischen Grammatik oft als Gerundiv bezeichnet (z. B. pacta sunt servanda); gelegentlich ist auch von Modalpartizip die Rede, z. B. bei Fandrych/Thurmair (2018: 23). Dieses drückt meist eine Notwendigkeit (im GG oft mit präskriptivem Charakter: die vom Bundestag vorzunehmenden Wahlen, Art. 42,2) oder bei Verneinung eine Unmöglichkeit aus. In gewisser Weise füllt diese Konstruktion die Lücke, die darin besteht, dass von den Modalverben keine Partizipien gebildet werden können (← *die vom Bundestag vorgenommen werden müssenden Wahlen).
Die übrigen in Tabelle 7 aufgeführten Alternativen für ‚kann ge-x-t werden‘ sollen hier zu den Konkurrenzformengezählt werden. Für die Reflexivbildung sich lassen + Infinitiv findet sich im GG kein Beleg. Das Faktum, dass sich eine Struktur in einem bestimmten Korpus nicht belegen lässt, ist natürlich für dessen textsortenmässige Charakterisierung ebenso aussagekräftig wie das Anteilprofil der zum Einsatz gelangenden Strukturen. Die beiden Konstruktionen
‚lässt sich x-en‘ (38c) und ‚ist x-bar‘ (38d) sind im Übrigen stärkeren Restriktionen unterworfen als (38b). Die Bildung sich lassen + Infinitiv kann nur die Bedeutungsvariante ‚Möglichkeit‘ (oder ‚Machbarkeit‘) transportieren: Das Passwort lässt sich leicht ändern (→ kann/ *muss/*sollte); die Muss-Version des Ausgangssatzes kippt in der Formulierung mit sich lassen automatisch auf die Lesart ‚Möglichkeit‘: Das Passwort lässt sich sofort verändern.
Etwas komplizierter ist die Sachlage beim Adjektivsuffix –bar.50 Nicht-negierte Sätze lassen ebenfalls nur die Interpretation Möglichkeit zu: Das Passwort ist leicht/sofort änderbar (→ kann/*muss/*sollte). Demgegenüber muss bei Sätzen mit Negation (nicht, un-) aus dem jeweiligen Ko(n)text erschlossen werden, ob die Interpretation Möglichkeit oder aber Nicht-Erlaubtheit die adäquatere ist. Bei Das Passwort ist nicht änderbar liegt ‚nicht können‘ am nächsten, bei Diese Pilze sind nicht essbar dagegen ‚nicht dürfen‘. Eine Interpretation mit können im Sinne von ‚es ist nicht möglich‘ wäre geradezu falsch, während die Paraphrase mit ‚nicht dürfen‘ hier weniger im Sinne von ‚es ist nicht erlaubt‘, sondern von ‚es wird dringend davon abgeraten‘ zu verstehen ist. Die Struktur (38d) entfernt sich am weitesten vom Prototyp. Die lexikalische Bedeutung des Prädikats wird hier nicht mehr von einem Verb, sondern von einem → deverbalen – Adjektiv getragen. Das Suffix -bar in passivisch-potentieller Verwendung ist im heutigen Deutsch hochproduktiv, doch dürfte die diesem in der Duden-Grammatik (.2005) unterstellte Generalisierbarkeit auf einer zu optimistischen Einschätzung der Verhältnisse beruhen.51 Bei einer Reihenbildung mit Quasi-Synonymen (Rückstände von Pestiziden waren nicht nachweisbar/feststellbar/erfassbar/auffindbar, etc.) ergeben sich immer wieder idiosynkratische Blockaden (*findbar).52
Gleich wie oben in 4.2.1 soll auch hier die quasi-synonyme Konstruktion mit einem unpersönlichen Pronomen wie in (38e) Man konnte keine Rückstände von Pestiziden nachweisen bzw. mit umgekehrter Verteilung der Negation Niemand konnte Rückstände von Pestiziden nachweisen zu den Konkurrenzformen gezählt werden.
Auch beim Passiv mit Modalfaktor besteht eine Vielfalt von – mehr oder weniger üblichen – Möglichkeiten zur freien stilistischen Variation, die in Tabelle 8 durch eine Auswahl bloss angedeutet werden kann; auch hier ist jeweils das Subjekt des Satzes durch Unterstreichung hervorgehoben.
Hier nun die Hauptergebnisse zum Befund beim Passiv mit Modalfaktor im Grundgesetz:
Von den insgesamt 160 Belegen entfällt der Löwenanteil auf das Modalverb können (108 Belege), gefolgt von (nicht) dürfen mit einem Viertel aller Vorkommen (40 Belege).53 Durch Kann-Bestimmungen räumt das Grundgesetz den zuständigen politischen Instanzen einen gewissen Ermessensspielraum bei der Anwendung der Rechtsnormen ein, siehe (39) und (40); demgegenüber werden mit dürfen Berechtigungen oder – noch häufiger – Einschränkungen und Verbote ausgesprochen, siehe (41), (42) und (43).
(39) Wer aus Gewissensgründen den Kriegsdienst mit der Waffe verweigert, kann zu einem Ersatzdienst verpflichtet werden. (Art 12a, 2)
(40) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden. (Art 101,2)
(41) Außer zur Verteidigung dürfen die Streitkräfte nur eingesetzt werden, soweit dieses Grundgesetz es ausdrücklich zuläßt. (Art 87a,2)
(42) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. (Art 4,3)
(43) Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. (Art 3,3)
Beim Passiv mit Modalfaktor sind Agensangaben mit einem Anteil von 18% noch weniger häufig als bei jenem ohne Modalfaktor, und die Verteilung der Belege auf die beiden Präpositionen von (2 Belege) und durch (27 Belege) ist eine völlig andere. Es könnte sich dabei aber auch bloss um einen korpusbedingten Zufall handeln. Auch hier wird mit den durch-Präpositionalphrasen meist nicht der Handlungsträger genannt, sondern das Mittel oder „Instrument“, z. B. durch Bundesgesetz oder durch Gesetz wie in (40).
Die Passiv-Variante sein.zu+Infinitiv ist im GG mit insgesamt 100 Belegen vertreten. Die am häufigsten in dieser Konstruktion auftretenden (transitiven) Verben sind: [etwas ist] zu regeln, zu bestimmen, aufzuheben, zu berücksichtigen, zu wahren, zu veröffentlichen, sicherzustellen. Im Lichte der Analyse des Gesamtbefunds der im GG auftretenden „passivhaltigen“ Konstruktionen wird nun auch verständlich, weshalb beim Passiv mit Modalfaktor das Modalverb können so stark dominiert, während die Modalverben müssen (4 Belege) und sollen (7 Belege) nur schwach belegt sind. Immer dann, wenn es um den Ausdruck einer zwingenden Vorschrift geht, kommt eben anstelle des Passivs – bei weitgehend komplementärer Verteilung – die Konstruktion sein.zu+Infinitiv zum Einsatz. Bezeichnenderweise drücken denn auch alle im GG auftretenden Belege eine Notwendigkeit oder Verpflichtung aus, siehe (44) bis (47). Agensangaben sind bei sein.zu+Infinitiv zwar untypisch, im Prinzip aber durchaus möglich (5 % aller Belege), z. B. (46) und (47).
(44) Die Maßnahme ist zu befristen. (Art 13,3)
(45) Die betroffenen Länder sind zu hören. (Art 29,1)
(46) Der Bundesrat ist von der Bundesregierung über die Führung der Geschäfte auf dem laufenden zu halten. (Art 53)
(47) Die Rechtsstellung der Bundesrichter ist durch besonderes Bundesgesetz zu regeln. (Art 98,1)
Hier ist nun auch noch auf die insgesamt zehn im GG auftretenden Belege für das Modalpartizip oder Gerundiv hinzuweisen,54 bei denen öfter auch Agensangaben stehen, z. B.
(48) [bei Zustimmung] einer in der Vereinbarung zu bestimmenden qualifizierten Mehrheit (Art 91c, 2)
(49) Das von den Bundesfinanzbehörden anzuwendende Verfahren wird durch Bundesgesetz geregelt. (Art 108, 5)
Zu den Konkurrenzformen. Während die „passivische“ Reflexivbildung sich lassen + Infinitiv im GG gar nicht auftritt, finden sich für von Verben abgeleitete Adjektive auf -bar immerhin 22 Belege, und zwar in attributiver, prädikativer und adverbialer Funktion, in erster Linie wählbar, vergleichbar, vereinbar, unabweisbar und strafbar. Auch wenn einzelne unter ihnen mehr oder weniger stark lexikalisiert sind,55 ist deren „passivinduzierender“ Charakter meist gut nachvollziehbar. In Artikel 54 werden die Bedingungen für die Wählbarkeit als Bundespräsident genannt, siehe (50). Das Adjektiv wählbar drückt ein Können aus, aber weniger im Sinne einer Möglichkeit als vielmehr einer Voraussetzung oder Berechtigung für die Übernahme dieses Amts:
(50) Wählbar ist jeder Deutsche, der das Wahlrecht zum Bundestage besitzt und das vierzigste Lebensjahr vollendet hat. (Art 54,1)
In attributiver Verwendung finden sich etwa „vergleichbare Regelungen“ (Art 23,1), „übertragbare Krankheiten“ (Art 74, 1) oder ein „unkündbares Dienstverhältnis“ (Art 132, 1). Nicht selten treten auch von -bar-Adjektiven abgeleitete Substantive auf, z. B. Wählbarkeit, (Un)vereinbarkeit, Anwendbarkeit, etc. An dieser Stelle soll nun aber auch der berühmte Eingangssatz des Grundgesetzes nicht übergangen werden:
(51) Die Würde des Menschen ist unantastbar. (Art 1)
Im Vergleich zu einer Formulierung im Passiv (Die Würde des Menschen darf nicht angetastet werden) wirkt der Originalwortlaut „schlanker“ und nachdrücklicher. Durch eine Umformung in die sein.zu+Infinitiv-Form wird auch klar, dass die einzelnen Konstruktionen bloss quasisynonym und vor allem unter stilistischen Gesichtspunkten nicht immer austauschbar sind.56
Das passivisch verwendete -lich (z. B. unüberwindliche Hindernisse, Art. 115a, 2), eine Dublette von -bar .unüberwindbar), ist im Laufe der Jahrhunderte durch das letztere weitgehend verdrängt worden. Im GG finden sich insgesamt zehn Belege: unverletzlich (5x), unveräusserlich (3x) und unüberwindlich (2x). Als unverletzlich deklariert (paraphrasierbar durch „darf nicht verletzt werden“) werden im GG etwa die Freiheit der Person (Art 2,2), das Briefgeheimnis (Art 10), die Wohnung (Art 13) oder die Glaubensund Gewissensfreiheit, siehe (52). Im Eingangsartikel des GG treten die beiden häufigsten -lich-Adjektive gleich kumuliert auf, siehe (53).
(52) Importar imagenDie Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich. (Art 4,1)
(53) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt. (Art 1,2)
Dass es sich bei unverletzlich und dem – im GG nicht belegten – unverletzbar aber nicht um wirkliche Synonyme handelt, geht auch daraus hervor, dass es unter deren affinsten Kookkurrenzpartnern nur wenig Überschneidungen gibt (cf. Belica 2007). Auch hier existieren deadjektivische Substantive wie Unverletzlichkeit (Art 17a, 2).
Bei den Möglichkeiten der freien stilistischen Variation ist im GG in erster Linie das Syntagma haben.zu+Infinitiv (21 Belege) zu nennen, eine Struktur, die man als Konverse zur Passiv-Variante sein.zu+Infinitiv auffassen kann.57 Dieses Konstruktionsmuster hat einen eher amtssprachlichem Anstrich und drückt durchgehend eine Verpflichtung oder Notwendigkeit aus; im GG wird es mit Verben aus der Rechtsund Verwaltungssprache kombiniert, wie z. B. entscheiden, Beschluss fassen, einberufen, anordnen, erlassen, einholen. Auch wenn bei jedem Beleg prinzipiell alle drei Konstruktionen möglich sind – siehe dazu (55): Er hat ihn einzuberufen – er ist (von ihm) einzuberufen – er muss (von ihm) einberufen werden –, haben sich die Redaktoren des GG wohl vor allem von stilistischen Beweggründen (Üblichkeit, Abwechslung im Ausdruck) leiten lassen und sich jeweils für die eine oder andere Ausdrucksweise entschieden. In fast allen (19 von 21) einschlägigen Belegen steht an der Subjektsstelle ein Handlungsträger (Institution, Funktion), ein Indiz dafür, dass sich diese Konstruktion vor allem für Rechtsnormen anbietet, bei denen der zu regelnde Sachverhalt von der Perspektive der handelnden Person bzw. Institution aus gedacht und formuliert ist, siehe (54) bis (56).58 Dabei kann öfter – unter Einhaltung der Satzkonstanz – die Struktur eines Vorgängersatzes für den Nachfolgesatz (mit anaphorischem Pronomen) beibehalten werden, z. B. in (55).
(54) Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen. (Art 104,3)
(55) [Der Präsident beruft den Bundesrat ein]. Er hat ihn einzuberufen, wenn die Vertreter von mindestens zwei Ländern oder die Bundesregierung es verlangen. (Art 52,2)
(56) Der Bundestag hat über die Vorlagen in angemessener Frist zu beraten und Beschluß zu fassen. (Art 76,3)
In freier stilistischer Variation zum Passiv mit Modalfaktor stehen auch bestimmte „kompakte“ Adjektive wie etwa (un)zulässig, durch die zahlreiche Passivformen vermieden werden können. In Fällen wie (57) wird eine Ausnahme zu einer allgemeinen Rechtsnorm formuliert (‚darf nur durchgeführt werden, wenn‘), während in (58) ein Verbot ausgedrückt wird.
(57) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. (Art 14,3)
(58) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden. (Art 101,1)
5 Vorläufiges Fazit
Ziel des vorliegenden Beitrags ist es, aufzuzeigen, dass es sinnvoll und machbar ist, bei grammatischen Phänomenen zwischen zentralen und peripheren Ausdrucksmitteln zu unterscheiden. Anhand der beiden Konzepte Bedingungsverhältnis (Konditionalsatz etc.) und täterabgewandte Perspektive (Passiv etc.) wird hier ein Modell vorgeschlagen, bei dem einem prototypischen Kernbereich – bei abnehmender Typizität – Varianten und Konkurrenzformen zugeordnet werden. Inspiriert durch die Prototypentheorie der Psychologie, aber auch durch die Wortfeldtheorie, wird hier versucht, die funktionsähnlichen grammatischen Mittel in einem semantischpragmatischen Feld zu vereinigen und gegeneinander abzugrenzen. Auch wenn die Zuordnung der konkurrierenden Sprachmittel auf die vier unterschiedenen Abstufungen – es handelt sich letztlich eher um Fixpunkte in einem Kontinuum – nicht in allen Fällen zwingend erscheint, so dürften die herangezogenen Abgrenzungskriterien, insbesondere dasjenige der Auftretensfrequenz, doch hinreichend belastbar sein.
In den massgeblichen Grammatiken des Deutschen werden, oft mit viel Liebe zum Detail, grammatische Ausdrucksmöglichkeiten aufgelistet und besprochen: ein unentbehrlicher Ausgangspunkt. Zu einer vollständigen Beschreibung der Grammatik einer Sprache gehören aber Informationen qualitativer und quantitativer Natur. Quantitative Angaben zur Verwendung in unterschiedlichen Textsorten, und wäre es nur in Form von empirisch abgesicherten Grössenordnungen, fehlen aber heute noch weitgehend in den Grammatiken. Wünschbar wäre, die Auflistung der grammatischen Kategorien künftig um zwei quantitative Kennwerte zu ergänzen: einen ersten zur absoluten Auftretensfrequenz (aus Gründen der Vergleichbarkeit normalisiert, zum Beispiel auf eine Million Textwörter) und einen zweiten zum Stellenwert dieser Kategorie in ihrem funktionalen Konkurrenzfeld. Anregen lassen könnte man sich dabei vom innovativen Vorgehen in der Longman Grammar of Spoken and Written English von Biber et al. (1999). In dieses Werk, zweifellos ein Meilenstein in der Grammatikographie (nicht nur des Englischen), wurden Korpusbefunde aus vier relevanten Textsortengruppen (conversation – fiction – news – academic prose) aufgenommen. Schlagwortartig verkürzt sollte die Devise für die künftige Grammatik-Forschung unseres Erachtens deshalb lauten:
Von den „structures“ zu den „structures in use“
Eine vollständige Erfassung der qualitativen undquantitativen grammatischen Realität bleibt für das Deutsche noch weitgehend ein Desiderat. Überall dort, wo Funktionsfelder mit (mehr oder weniger) äquivalenten Ausdrucksvarianten existieren, scheint uns ein Vorgehen, wie wir es hier anhand eines Minikorpus durchexerziert haben, lohnenswert (siehe Tabelle 10). Dabei sollte man dort, wo dies Sinn macht, die Grenzen der Syntax überschreiten und auch sprachliche Mittel aus Wortbildung (z. B. -bar) und Lexikon (z. B. bei) miteinbeziehen. Natürlich können wir beispielsweise vermuten, dass im mündlichen Gebrauch die wenn-Sätze stark dominieren und die beiden anderen Kategorien nur mit Werten im einstelligen Prozentbereich vertreten sind. Aber das ist nur eine Hypothese, die es zu verifizieren oder zu falsifizieren gilt.
Ein Letztes: Wir können davon ausgehen, dass auch Personen mit nur wenig Erfahrung in metasprachlicher Reflexion über eine mehr oder weniger entwickelte Synonymieund ParaphraseKompetenz verfügen. Es erscheint plausibel, dass im menschlichen Gehirn – analog zu den semantischen Netzwerken beim Lexikon – eine kognitive „Grammatik-Landkarte“ existiert, in der konkurrierende grammatische Mittel unter funktionaler Perspektive miteinander verlinkt sind. Die dadurch ermöglichten Assoziationen sind im sprachlichen Alltag von grosser Bedeutung, etwa bei der Produktion von Texten, aber noch stärker bei deren Überarbeitung. Alternative Formulierungsmöglichkeiten zur Hand zu haben, ist jedenfalls sehr wertvoll, etwa wenn es darum geht, störende Wiederholungen von Wörtern und von Strukturen zu vermeiden oder zu eliminieren. Nur durch eine ganzheitliche Sicht auf die grammatischen Phänomene, mit Einschluss von deren typischen Verwendungsmöglichkeiten, kann man ein getreues Abbild der sprachlichen Realitäten gewinnen. Ein solches dürfte sich sowohl für den Muttersprachals auch für den fortgeschrittenen Fremdsprachenunterricht als von grossem Nutzen erweisen.
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