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Die Prototypensemantik als Möglichkeit der fremdsprachendidaktischen Lexikographie. Ein Vorschlag der prototypenbasierten Bedeutungsbeschreibung für kulturbasierte Wörterbucheinträge
Anna Malena Pichler
Anna Malena Pichler
Die Prototypensemantik als Möglichkeit der fremdsprachendidaktischen Lexikographie. Ein Vorschlag der prototypenbasierten Bedeutungsbeschreibung für kulturbasierte Wörterbucheinträge
Linguistik online, vol. 108, núm. 3, pp. 115-139, 2021
Universität Bern
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Abstract: It has often been criticized that Learners’ Dictionaries lack a theoretical basis in linguistic theory. Prototype semantics are able to provide a solution to this problem in the context of cognitive linguistics. This article proposes a new approach to pedagogical lexicography based on the fundamental ideas of prototype semantics. In the framework of a culture-based dictionary for German as a Foreign Language (Kulturwörterbuch Deutsch als Fremdsprache), which is implemented as a students’ project at the department for German as a Foreign Language of TU Berlin, the model of a prototype-based semantic explanation is presented.

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Artikel/Articles

Die Prototypensemantik als Möglichkeit der fremdsprachendidaktischen Lexikographie. Ein Vorschlag der prototypenbasierten Bedeutungsbeschreibung für kulturbasierte Wörterbucheinträge

Anna Malena Pichler
Technische Universität Berlin, Alemania
Linguistik online, vol. 108, núm. 3, pp. 115-139, 2021
Universität Bern
1 Einleitung

Fremdsprachendidaktische Ansätze im Bereich der Lexikographie greifen in vielen Fällen zu kurz und lassen dabei oftmals linguistische Theorien außer Acht. Einträgen in Lernendenwörterbüchern1 mangelt es häufig an einer theoretischen Fundierung auf linguistischer Ebene. Diese mangelnde Anwendung theoretischer Aspekte führt in vielen Fällen dazu, dass diese Wörterbücher nicht in einem vollen Umfang das erreichen, wozu sie eigentlich konzipiert werden: Die umfassende Vermittlung der Bedeutung relevanter Begriffe bzw. Wörter, welche an die Bedürfnisse der Lernenden angepasst ist. Lernendenwörterbücher bieten Bedeutungsbeschreibungen an, die in vielen Fällen für Fremdsprachenlernende aufgrund ihrer Sprachkenntnisse nicht zu einem tiefgreifenden Verständnis des jeweiligen Lemmas führen.

Gerade die modernen Theorien der Semantik aber fundieren die Lernendenlexikographie auf linguistischer Ebene und können helfen, das Problem zu lösen. In diesem Sinne stellt sich nun die Frage, inwiefern die semantische Theoriebildung einen Beitrag zu einer solchen Fundierung der Lernendenlexikographie leisten kann. Im Hinblick auf kognitive Fragestellungen innerhalb fremdsprachendidaktischer Ansätze scheint die Prototypensemantik ein interessantes und vielversprechendes Feld zu sein, das im vorliegenden Beitrag auf ihre Eignung für die fremdsprachendidaktische Lexikographie untersucht werden soll.

Die Herausgabe von Wörterbüchern für Deutsch als Fremdsprache (DaF) ist als Reaktion auf eine Fülle an Wörterbüchern verschiedener Arten zu verstehen, die sich nicht an den Bedürfnissen von Fremdsprachenlernenden orientieren. Fremdsprachendidaktische Wörterbücher sind also der Versuch, eine Vielzahl an Informationen der Lexikographie insgesamt zu filtern, zu bündeln und auf das Wesentliche zu fokussieren (cf. Babenko/Troschina 2004: 210). Babenko und Troschina (ibd.) stellen in dieser Hinsicht die Hypothese auf, dass DaF-Wörterbücher das

„Weltbild einer anderen Kultur“ vermitteln sollen. Sánchez (2010: 111) weist darauf hin, dass im weitesten Sinne alle Wörter einer Sprache eine kulturelle Komponente tragen. Einige davon weisen starke Bedeutungsähnlichkeiten innerhalb mehrerer Kulturen auf, doch gibt es hier auch zahlreiche Bedeutungsunterschiede zwischen verschiedenen Kulturräumen. An diesem Punkt setzt das Kulturwörterbuch Deutsch als Fremdsprache an, welches am Fachgebiet Deutsch als Fremdsprache der TU Berlin momentan und innerhalb der nächsten Jahre als Studierendenprojekt durchgeführt wird (cf. Roelcke 2015, 2020). Dieses als Internetwörterbuch angelegte Projekt setzt es sich zum Ziel, den kulturellen Wortschatz des Deutschen in einer Form aufzuarbeiten, von welcher Lernende des Deutschen als Fremdsprache in ihrem Lernprozess profitieren können.

Zwei Komponenten erscheinen nun bei der Konzipierung von Wörterbüchern für Lernende besonders wichtig: die Auswahl und Darstellung der präsentierten Informationen sowie der Grad der angebotenen kulturellen Inhalte. An diesem Punkt setzt der vorliegende Beitrag an und macht einen Vorschlag zur Konzipierung fremdsprachendidaktischer Wörterbucheinträge (insbesondere für Einträge im Kulturwörterbuch Deutsch als Fremdsprache) aufgrund einer ausgewählten semantischen Theorie, da kulturelle Aspekte durch aktuelle Lernendenwörterbücher oftmals nicht hinreichend erfasst werden. Die kognitive Linguistik und insbesondere die kognitive Semantik können hier eine Lösung dessen sowie des Problems der mangelnden theoretischen Fundierung von Lernendenwörterbüchern bieten und sollen daher genauer untersucht werden.

2 Forschungsstand
2.1 Grundannahmen der Prototypensemantik

Die Protoypensemantik geht auf Untersuchungen von Eleanor Rosch in den 1970er Jahren zurück (u. a. Heider 1971, 1972; Rosch 1973, 1975; Rosch/Mervis 1975; Rosch et al. 1976; Rosch 1977, 1978). In ihren Arbeiten entwickelt Rosch – ursprünglich im Bereich der Psychologie – eine Theorie, die später als Prototypentheorie bekannt wird und erst in den 1990er-Jahren den Höhepunkt ihrer Rezeptionsgeschichte erlebt (cf. Mangasser-Wahl 2000a: 7).

Der Prototypensemantik liegt vor allem die Erkenntnis zugrunde, dass traditionelle Kategorisierungsverfahren, welche in Bezug auf die Bedeutung von Wörtern von diskreten Kategorien ausgehen, nicht der Realität der menschlichen Kognition entsprechen. Diese Erkenntnis zeigt, dass es in Kategorien durchaus auch Grenzfälle gibt. Eine Zeitperiode von 24 Stunden ist demnach nicht etwa einfach in Tag und Nacht einzuteilen, denn in den jeweiligen Übergansphasen gibt es zahlreiche Erscheinungen, die sich nicht eindeutig einer der beiden Kategorien zuordnen lassen (cf. Bärenfänger 2002: 5). Mit dieser Abwendung von der klassischen Kategorienstruktur gewinnt die Prototypensemantik zunehmend an Bedeutung, wenngleich sie auch Kritik erfährt und von vielen Autor*innen als semantisches Allheilmittel abgelehnt wird (z. B. Armstrong/Gleitman/Gleitman 1983; Osherson/Smith 1981).

Häufig synonym zur Prototypensemantik werden auch die Begriffe Stereotypensemantik (nach Putnam 2004; cf. hierzu auch Harras 1991) und Familienähnlichkeit (nach Wittgenstein 2013) verwendet. Dies ist nicht ganz unproblematisch, da in der Literatur hierzu verschiedene Definitionen zu finden sind, weshalb nicht von exakt identischen Konzepten zu sprechen ist (cf. Kleiber 1993: 1).2

Zunächst gilt es, den Begriff des Prototyps zu bestimmen. Kleiber (1993: 1) gibt an, dass in der Literatur Definitionen zwischen „bestes Exemplar einer Kategorie“ und „bester Gebrauch eines Wortes“ zu finden seien. Mangasser-Wahl (2000c: 14) bestimmt Prototypen im Sinne Roschs folgendermaßen:

Kategorieübergreifend läßt sich ein Prototyp im Roschschen Sinne als bestes Beispiel und damit typischster Repräsentant einer Kategorie beschreiben. Ein solches bestes Beispiel läßt sich nicht im traditionellen Sinn in verschiedene Merkmale bzw. Eigenschaften dekomponieren. Ein Prototyp oder ein protypisches [sic!] Mitglied ist grundsätzlich eine holistische Vorstellung und damit nicht als eine Summe bestimmter Einzelteile (Komponenten) zu konzeptualisieren. Ein Prototyp beinhaltet die Grundbzw. Kernbedeutung einer Kategorie.

(Mangasser-Wahl 2000c: 14)

Mangasser-Wahl (2000b: 26) geht zudem davon aus, dass Prototypen ähnliche Funktionen erfüllen, die vor dem Aufkommen der Prototypentheorie nur der klassischen Kategorisierungslehre zugeschrieben wurden. Dabei beschreibt sie in Anlehnung an Rosch (1977), dass Prototypen genauso wie Kategorien dem leichteren und schnelleren Zurechtfinden in der Welt dienen. Sobald sich die Referenten der menschlichen Wörter auf prototypische Strukturen beziehen, findet eine gewisse Steigerung der kognitiven Leistung statt: „Prototypen haben somit die Funktion einer ‚kognitiven Abkürzung‘ (shortcut) und übersetzen quasi die Effizienz von Kategorien bzw. Basiskategorien in einen kognitiven Code“ (Mangasser-Wahl 2000b: 26).

In Bezug auf das beste Exemplar einer Kategorie führt Kleiber (1993: 32f.) aus, dass es sich bei diesem nicht etwa um ein konkretes, individuelles Exemplar, sondern vielmehr um eine abstrakte Entität handele. In seiner Argumentation präsentiert Kleiber (ibd.: 33–35) die folgenden Thesen zur Prototypensemantik:

  1. 1. Eine Kategorie hat eine prototypische innere Struktur.
  2. 2. Der Repräsentativitätsgrad eines Exemplars entspricht dem Grad seiner Zugehörigkeit zur Kategorie.
  3. 3. Die Grenzen zwischen den Kategorien bzw. Begriffen sind unscharf.
  4. 4. Die Vertreter einer Kategorie verfügen nicht über Eigenschaften, die allen Vertretern gemeinsam sind; sie werden durch eine Familienähnlichkeit zusammengehalten.
  5. 5. Die Zugehörigkeit zu einer Kategorie ergibt sich aus dem Grad der Ähnlichkeit mit dem Prototyp.
  6. 6. Über diese Zugehörigkeit wird nicht analytisch, sondern global entschieden.

Über die Zuordnung einzelner Erscheinungen zu einer Realität kann also nicht mehr aufgrund eines Sets an Merkmalen entschieden werden. Stattdessen muss die Entscheidung über die Zuordnung auf globaler Ebene getroffen werden. Dies ist auf einem Vergleichen der Elemente untereinander gegründet, welches Rosch als „matching principle“ bezeichnet (cf. Dörschner 1996: 46f.). In diesem Sinne fungiert der Prototyp einer Kategorie als „kognitiver Bezugspunkt“, welcher bei den Rezipient*innen eine gewisse Kompetenz voraussetzt, um jenen zu identifizieren (Kleiber 1993: 38). Empirische Versuche bestätigten zudem folgende Aussagen, welche als kognitive Fundierung der Standardversion der Prototypensemantik dienen:

a) Die prototypischen Vertreter werden schneller kategorisiert als die nicht prototypischen Exemplare;

b) Kinder prägen sich die prototypischen Vertreter zuerst ein;

c) Die Prototypen dienen als kognitiver Bezugspunkt;

d) Die Prototypen werden in der Regel als erste genannt, wenn man Sprecher um eine Aufzählung der Vertreter einer Kategorie bittet.

(ibd.: 38f.)

Mit einem Blick auf die Probleme, die die Prototypensemantik mit sich bringt, entdeckt Kleiber (ibd.: 88) auch gewisse Grenzen ihrer Anwendung. Er ist überzeugt, dass die Prototypentheorie sicherlich einige Probleme der Bedeutungslehre lösen kann, jedoch sei sie nicht als absolutes Mittel anzusehen. So muss er einschränkend feststellen, dass diese sich nicht „auf alle kognitiven und semantischen Phänomene anwenden [lässt], die mit der begrifflichen und lexikalischen Kategorisierung verknüpft sind“ (ibd.). Ein sehr wichtiger Punkt ist, dass die Arbeiten Roschs eine neue Auffassung des menschlichen Denkens zulassen. So räumt Kleiber (ibd.: 91) zudem ein, dass die Prototypensemantik nicht für alle Kategorien anzuwenden sei, was auch breite Übereinstimmung in der einschlägigen Fachliteratur findet (u. a. Jackendoff 1983; Langacker 1987). Besonders geeignete Bereiche sind also auch solche, die schon in den früheren empirischen Untersuchungen behandelt wurden, also insbesondere „[b]estimmte Wahrnehmungsphänomene (siehe die Farbadjektive), Benennungen natürlicher Arten, Artefakte“ (Kleiber 1993: 91). Weitere Arbeiten, die eine Ausweitung auf alle Kategorien vornehmen (z. B. Coleman/Kay (1981) für to lie), hält Kleiber (1993: 91) für weniger überzeugend. Zudem bemerkt Kleiber (ibd.: 94), dass sich die Erkenntnisse der Prototypensemantik deutlich besser auf Substantive als auf andere Wortarten anwenden lassen und hierbei insbesondere Konkreta im Fokus stehen.

Dörschner (1996: 87) stellt fest, dass die „wohl produktivste Erkenntnis der Prototypentheorie“ diejenige ist, die festlegt, dass Kategorien in verschiedene Ebenen eingeteilt werden können. Dies führt nun zur vertikalen Dimension der Prototypenstruktur nach Rosch. Innerhalb der vertikalen Ebene sind Kategorien hierarchisch aufgestellt (cf. hierzu auch EL-Bouz 2018: 119): Oben stehen eher Sammelbegriffe und unten konkretere Begriffe. Hieraus entsteht nach Rosch eine grundsätzliche Einteilung in drei Ebenen: die übergeordnete Ebene (superordinate level), die Basisebene (basic level) und die untergeordnete Ebene (subordinate level). Diese Ebenen sind zudem in beide Richtungen erweiterbar (cf. Mangasser-Wahl 2000c: 32f.). Blutner (1995: 232f.) versteht in diesem Sinne die vertikale Dimension als ein System von Kategorien, welches sich hierarchisch nach Abstraktionsebenen gliedern lässt. Kleiber (1993: 55) macht hier die Beobachtung, dass es für ein Objekt verschiedene Bezeichnungen gibt, die nicht auf derselben Ebene liegen. Er gibt als Beispiel die folgenden Wörter: Hund, Boxer, Vierbeiner, Lebewesen. Diese Wörter können alle für das gleiche Objekt verwendet werden, sind aber keinesfalls als Synonyme anzusehen. Dadurch lässt sich erkennen, dass es verschiedene Ebenen von Kategorien gibt, die eine hierarchische Ordnung aufweisen.

In dieser Hierarchisierung ist die Basisebene als wichtigste kognitive Ebene zu verstehen (cf. Gansel 2017: 82). Mangasser-Wahl (2000b: 22) stellt fest, dass die Basisebene als „mittleres Abstraktionsniveau“ eine besonders hohe Effizienz aufweist. Sie erkennt, dass die Gründe der Zuordnung von Wörtern zur Basisebene bei Rosch nur vage beschrieben bleiben. Rosch nimmt also an, dass nicht alle Ebenen in der von ihr konstruierten hierarchischen Abstufung der Kategorisierung den gleichen Stellenwert besitzen. So ist die Basisebene mit ihrer hohen kognitiven Effizienz als diejenige Ebene zu verstehen, die die Merkmale ihrer Vertreter am besten wiedergibt. Es bleibt festzuhalten, dass die vertikale Dimension keine lineare Merkmalspezifizierung von oben nach unten aufweist, denn die Basisebene als mittlere Ebene weist die konkreteste Merkmalverteilung auf (cf. Mangasser-Wahl 2000c: 35). Rosch et al. (1976: 382) beschreiben zudem die Eigenschaften der Basisebene mit folgenden Charakteristika:

[…] basic objects are the most inclusive categories whose members: (a) possess significant numbers of attributes in common, (b) have motor programs which are similar programs to one another, (c) have similar shapes, and (d) can be identified from averaged shapes of members of the class.

(Rosch et al. 1976: 382)

Lakoff (1987: 33) erläutert, dass die Basisebeneneinteilung durchaus psychologisch fundiert ist. So konnte beobachtet werden, dass Menschen Objekte auf dieser Ebene deutlich schneller benennen als Wörter auf anderen Ebenen (cf. hierzu auch Bauer/Dow/Hertsgaard 1995). Zudem konnte für eine Vielzahl an Sprachen festgestellt werden, dass sich dies auch in der Struktur der Basisebenenbegrifflichkeiten widerspiegelt: Diese sind grundlegend kürzere Wörter, meist Simplizia, die von Sprechenden leichter und schneller abgespeichert werden (cf. Lakoff 1987: 33; cf. auch Gansel 2017: 84f.). Diese Wörter gehen zudem generell zuerst in den Wortschatz ein, erst daraufhin entwickeln sich konkrete und komplexere Wörter (cf. Kleiber 1993: 61). Lakoff (1987: 33) betont darüber hinaus, dass Wörter auf der Basisebene eine stärkere kulturelle Gewichtung erfahren (cf. hierzu auch Győri 2013: 158). Außerdem werden Wörter dieser Ebene in ihrer Ganzheit wahrgenommen, während Wörter auf der untergeordneten Ebene meist in ihre spezifischen Bestandteile (distinctive features) zerlegt werden müssen, um in Gänze verstanden zu werden. Auch Kleiber (1993: 60) stellt den kognitiven Faktor der Wörter der Basisebene klar heraus: Objekte auf dieser Ebene werden am schnellsten benannt; dabei werden zu einem signifikanten Grad Wörter der Basisebene bei der Benennung bevorzugt. Zudem erfolgt bei der Interaktion mit Objekten auf der Basisund untergeordneten Ebene – Kleiber (ibd.) gibt das Beispiel von Stuhl und Klappstuhl – eine sehr ähnliche motorische Handlung (hier: sich hinsetzen); dies kann für die übergeordnete Ebene (hier: Möbel) nicht gelten (der Begriff Möbel ist zu unspezifisch, als dass ihm eine spezifische motorische Handlung zugeschrieben werden könnte).

2.2 Die Bedeutungserklärung in der Fremdsprachenlexikographie

Erst in den 1970er Jahren wurde in der deutschsprachigen lexikographischen Arbeit explizit an Lernende gedacht und sie wurden erstmals als Nutzende der monolingualen Wörterbücher in Betracht gezogen (cf. Lü 2007: 12). Wingate (2002: 1) bemerkt, dass Wörterbücher für das Lernen und Lehren von Fremdsprachen insbesondere in den 1980er und 1990er Jahren große Erfolge verzeichnen können (cf. hierzu auch Schierholz 2004: 42). Im Jahr 1993 erscheint Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache als erstes einsprachiges Lernendenwörterbuch für Deutsch als Fremdsprache auf dem Markt (cf. Wingate 2002: 1). Bis zur Jahrtausendwende erscheinen noch zwei weitere, darunter das Wörterbuch Deutsch als Fremdsprache von De Gruyter (cf. Engelberg/Lemnitzer 2004: 27). In der heutigen Zeit bieten zudem elektronische Wörterbücher eine Vielzahl an neuen Möglichkeiten gegenüber den Printwörterbüchern. Als bekannte Online-Wörterbücher für Deutsch als Fremdsprache sind hier das PONS Online-Wörterbuch Deutsch als Fremdsprache und das Langenscheidt Online-Wörterbuch Deutsch als Fremdsprache zu nennen, welche die Möglichkeit der konstanten Aktualisierung der Inhalte vorsehen (cf. Töpel 2015: 520). Als weitere Beispiele für Internetwörterbuchprojekte können u. a. elexiko (u. a. Haß 2004) mit einer Fokussierung auf eine umfassende Erläuterung von Form und Bedeutung, das DWDS der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften als einsprachiges Wörterbuch mit Angaben zu Form, Bedeutung und Etymologie sowie das kontextbezogene Wörterbuchprojekt Reverso Context von Reverso Technologies Inc. angeführt werden. Es bleibt an diesem Punkt festzustellen, dass der Umfang der aktuellen Fachliteratur auf dem Gebiet der theoretischen Fundierung der deutschsprachigen Lernendenlexikographie relativ gering ausfällt, was Lü (2007: 11) vor allem für die frühen 2000er Jahre bemängelt. Im Bereich der Wörterbuchbenutzungsforschung gibt es jedoch gerade in den letzten 10 Jahren einige Publikationen (z. B. Nied Curcio 2015; Runte 2015; Töpel 2015; Chen 2017; Müller-Spitzer et al. 2018; Farina/Vrbinc/Vrbinc 2019). Weitere Forschungen auf diesem Gebiet sind in der nahen Zukunft weiterhin als deutliches Desiderat zu verstehen, denn auch wenn sich das Medium ändert, bleibt die Lexikographie ein wichtiger Bestandteil des Lernens und Verwendens einer Fremdsprache.

Eine Frage, die in der Fachliteratur im Bereich der Metalexikographie kontrovers diskutiert wird, ist jene nach einer theoretischen Fundierung der lexikographischen Arbeit vor allem im Bereich der Bedeutungsangaben auf mikrostruktureller Ebene (cf. u. a. Atkins/Rundell 2008; Battenburg 1991; Cowie 2002; Ibarretxe-Atuñano/Inchaurralde/Sánchez-García 2007; Lettner 2020; Lü 2007; Storjohann 2011). Battenburg (1991: 6) weist daraufhin, dass die lexikographische Praxis im Allgemeinen keiner einheitlichen linguistischen Theorie zu folgen scheint (cf. hierzu auch Bergenholtz 2016: 155–158); trotzdem berufen sich aber einzelne Wörtbuchprojekte teilweise auf bestimmten Grammatiktheorien (z. B. die Valenztheorie). Es wird klar, dass die allgemeine Lexikographie als traditionelle Praxis erst spät eine theoretische Aufarbeitung findet. Trotzdem ist ein Bezug zur Theorie unverkennbar und durchaus notwendig (cf. Schaeder 1981: 55), gerade im Bereich der Fremdsprachenlexikographie; Erkenntnisse der lexikalischen Semantik spielen hier eine wichtige Rolle, eine Aufarbeitung verschiedener semantischer Theorien hat teilweise stattgefunden (cf. z. B. Konerding 1993 zur Frametheorie), sollte aber vor allem im Bereich der Lernendenwörterbücher für Deutsch als Fremdsprache noch weiter ausgearbeitet werden.

Nach einer Betrachtung einschlägiger englischund deutschsprachiger Lernendenwörterbücher beschreiben Herbst/Klotz (2003: 242f.) einen Idealtypus der Lernendenlexikographie anhand folgender Charakteristika:

  • gut verständliche Definitionen, häufig auf der Basis eines flexibel gehandhabten begrenzten Definitionswortschatzes

  • viele Beispiele, oft auf der Basis von Korpusauswertungen, häufig in ganzen Sätzen

  • relativ leicht interpretierbare Angaben zu grammatischen Eigenschaften von Wörtern, vor allem auch zur Valenz

  • weitgehende Vermeidung von Abkürzungen (in Beispielen etc.)

  • Angaben zur Frequenz von Wörtern

  • starke Berücksichtigung von Kollokationen

  • flexible Einbeziehung pragmatischer und lernerspezifischer Informationen in usage notes etc.

  • angemessene Berücksichtigung regionaler und nationaler Varietäten, vor allem natürlich des amerikanischen Englisch neben dem britischen Englisch

  • großzügige und übersichtliche Lemmatisierungsund Gliederungspraxis.

Tarp (2010: 40) sieht die primäre und einzige Bestimmung eines Lernendenwörterbuchs darin, Fremdsprachenlernende in ihrem Lernprozess zu unterstützen. Es ist unumstritten, dass Fremdsprachenlernende besondere Bedürfnisse haben, die Lernendenwörterbücher zu erfüllen suchen. Lü (2007: 12) bringt die Lage in dieser Hinsicht auf den Punkt: „Die pädagogischen Aspekte oder die Lernerfrage in der Lexikographie ist im Grunde genommen auch eine Frage der Benutzerorientierung, die in der deutschen Lexikographie für lange Zeit vernachlässigt wurde.“ Wiegand (1977: 62) verdeutlicht in diesem Rahmen die Notwendigkeit der Berücksichtigung der Zielgruppe bei der Konzipierung von Wörterbüchern und betont, dass der*die Benutzende „nicht länger der bekannte Unbekannte bleiben“ dürfe. Orientierung an Benutzenden ist also als wichtiger Faktor in der Konzipierung von Lernendenlexikographie zu verstehen.

Zöfgen (1994: 127) weist darauf hin, dass innerhalb der Fremdsprachenlexikographie verschiedene „Explikationstechniken“ zur Bedeutungsbeschreibung verwendet werden. Er betont hierbei, dass die „lexikalische Paraphrase“ in allen Fällen als zentrales Element des Wörterbucheintrags zu verstehen ist. Hierbei trifft er auf das folgende Problem:

Hinzu kommt, daß sich die lexikographische Tätigkeit, die darauf abzielt, potentiellen Benutzern die Bedeutung eines Lemmas zu erläutern, grundlegend von Definitionskonzepten und Definitionslehren unterscheidet, die ja fast ausschließlich auf der Grundlage von bzw. für Wissenschaftssprachen entwickelt wurden. Damit wird nicht behauptet, daß nicht auch in der Alltagskommunikation definitionsähnliche Verfahren eingesetzt werden und daß in der lexikographischen Praxis in einem so verstandenen Sinne nicht tatsächlich auch „definiert“ werden sollte.

(Zöfgen 1994: 127)

Kühn (1998: 35) kritisiert zudem „das unnötige Streben nach Exaktheit“ bei einem Großteil der Bedeutungserläuterungen in Wörterbüchern, insbesondere für Fremdsprachenlernende. Dies läge vor allem an dem Festhalten an traditionellen Mustern: Kühn sieht klassische aristotelische Definitionen, wie sie standardmäßig in einsprachigen Wörterbüchern vorkommen, als ungeeignet für Lernendenwörterbücher. Römer/Matzke (2005: 120f.) begründen dies damit, dass diese klassische Definitionsart grundsätzlich davon ausgeht, dass alle Bedeutungen klar zu bestimmen seien und dass eine Arteinordnung in Form des genus proximum gegeben werden muss. Dies ist schon für Substantive teilweise schwierig und für andere Wortarten wenig gegeben. Auch Lü (2007: 21) sieht die Verwendung aristotelischer Definitionen im Lernendenwörterbuch als äußerst kritisch. Er ergründet die Ursache des Problems folgendermaßen:

Meines Erachtens greifen die einsprachigen Lexikographen auch deswegen auf die fachsprachlichen Bedeutungsformulierungen zurück, weil im alltäglichen Gebrauch der Bedeutungen von vielen Wörtern – nicht nur Fachwörtern, sondern vor allem auch den alltäglichen Wörtern [...] – schon immer Unbestimmtheit bzw. Vagheit vorhanden sind. Man wollte im Wörterbuch etwas Verlässliches anbieten. Dabei wird in vielen Fällen die Frage, ob dadurch ein Wörterbuch um Verständlichkeit und Nützlichkeit gebracht wird, als nebenrangig degradiert.

(Lü 2007: 21

Konerding (1998: 108f.) spricht sich für „kontextspezifische Bedeutungsvermittlungsverfahren“ aus, die sich vor allem in der produktiven Sprachverwendung als hilfreich erwiesen haben. In diesem Zusammenhang weist er zudem auf das sogenannte „priming“ hin, „d. h. die semantisch bedingte assoziative Aktivierung eines ganzen Systems von Gesichtspunkten“. Auch Geyken/ Lemnitzer (2018: 218) erkennen die Schwierigkeit der Erstellung von Bedeutungsangaben in einsprachigen Wörterbüchern und insbesondere in Lernendenwörterbüchern. Sie weisen darauf hin, dass die Paraphrasen möglichst informativ sein, gleichzeitig aber einen nicht zu großen Umfang einnehmen sollten. Zudem sollte eine möglichst für Lernende angebrachte Wortwahl verwendet werden (cf. hierzu auch Lemnitzer 2016: 64). Auch Zöfgen (1994: 141– 143) erkennt die Schwierigkeit der Konzipierung von Bedeutungserklärungen in Lernendenwörterbüchern und spricht sich für Bedeutungserklärungen und adäquate Beispiele aus, die eher „pragmatisch“ als „definitorisch“ ausgelegt sind.

Im Zuge der Digitalisierung haben sich viele wissenschaftliche und anwendungsorientierte Arbeitsbereiche stark verändert. Dies ist auch für die Lexikographie nicht von der Hand zu weisen. Zum aktuellen Zeitpunkt entstehen kaum noch Printwörterbücher, denn solche Projekte finden keine Förderung mehr. Das Medium, durch welches Informationen rezipiert werden, hat sich vor allem im letzten Jahrzehnt stark verändert (cf. Töpel 2015: 517). Ein klarer Vorteil von Internetwörterbüchern gegenüber Printwörterbüchern zeigt sich in der Zugriffsstruktur: Das Zugreifen auf lexikalische Informationen wird durch die Bereitstellung im Internet deutlich einfacher und immediater; Aktualisierungen können zeitnah vorgenommen werden (cf. Haß 2004: 325). Engelberg/Müller-Spitzer/Schmidt (2018: 160) weisen darauf hin, dass durch dieses Medium auch onomasiologische und semasiologische Zugriffsformen verschmelzen können. Gerade im Bereich der Lernendenlexikographie ist diese Form der Wörterbücher also äußerst vielversprechend; Fremdsprachenlernende können im Prinzip ohne Probleme und ohne zeitliche Verzögerung über das Internet auf solche Wörterbücher zugreifen. Zudem wird es nun möglich, „viele Informationstypen auf neuartige Weise [zu] vereinigen und nutzeradaptiv [zu] präsentieren“ (Engelberg/Storrer 2018: 31), was diverse Studien bereits zeigen (z. B. Torner/ Arias-Badia 2019; Dziemianko 2020; Heuberger 2020).

3 Desiderat eines kulturbasierten Wörterbuchs für Fremdsprachenlernende: Das Kulturwörterbuch Deutsch als Fremdsprache

Das Kulturwörterbuch Deutsch als Fremdsprache ist ein von Roelcke (TU Berlin) im Jahr 2015 konzipiertes, neuartiges Wörterbuchprojekt (cf. Roelcke 2015, 2020). Dieses setzt sich zum Ziel, einen kulturellen Wortschatz des Deutschen für Personen nicht-deutscher Muttersprache aufzuarbeiten und zur Verfügung zu stellen. Es ist als Studierendenprojekt angelegt und wird als solches über einen längeren Zeitraum hinweg am Fachgebiet Deutsch als Fremdsprache der TU Berlin entwickelt. Zudem ist es als Open-Access-Projekt konzipiert; durch die Eingliederung in die Website des Fachgebiets Deutsch als Fremdsprache der TU Berlin soll zukünftig ein weltweiter, kostenloser Zugang ermöglicht werden.

In einer globalisierten Welt mit immer mehr Bewegungen und kulturellem Austausch nimmt auch die Bedeutung von Deutsch als Fremdsprache zu. Überdies genießt das Deutsche als Wissenschaftssprache immer noch eine hohe Relevanz, welche einer stark ausgebauten Wissenschaftslandschaft geschuldet ist (cf. Auswärtiges Amt 2020: 5; Eichinger 2017). Im ersten Quartal des Jahres 2020 trat zudem das Fachkräfteeinwanderungsgesetz in Kraft, welches – neben vielen früheren Entwicklungen und politischen Entscheidungen – noch einmal sehr stark die Relevanz deutscher Fachsprachen unterstreicht (cf. Auswärtiges Amt 2020: 6). Die steigende Bedeutung des Deutschen als Fremdsprache wird somit klar; die Nachfrage an Kursen und Materialien ist hoch. An diesem Punkt möchte das Kulturwörterbuch Deutsch als Fremdsprache ansetzen. Im Rahmen dessen ist davon auszugehen, dass eine erfolgreiche Fachkommunikation die Kenntnis der Bildungssprache3 sowie kultureller Hintergründe voraussetzt. Die Lexik ist als wesentlicher Bestandteil dieser sprachlichen Varietät – sowie auch anderer – zu verstehen, deren Verwendung eine kulturelle Komponente inkludiert (cf. Roelcke 2015: 469). Wierzbicka (1997: 118f.) geht davon aus, dass eine große Zahl an lexikalischen Konzepten kulturabhängig ist; ihre kulturelle Komponente kann also mehr oder weniger zwischen einzelnen Kulturräumen – und somit auch zwischen Einzelsprachen – variieren. Es bedarf demnach einer Erläuterung, um ein vollständiges Erfassen des Konzeptes in einer zu erlernenden Sprache sicherzustellen.

Herbst/Klotz (2003: 18) weisen darauf hin, dass die Klärung sprachlicher Zweifel als grundlegendes Ziel von Wörterbüchern anzusehen sei. Das Kulturwörterbuch Deutsch als Fremdsprache setzt hier in zweierlei Hinsicht an, indem es sprachliche und enzyklopädische Informationen zu kulturellen Aspekten vereint und sich in einem entsprechend aktuellen Diskurs verankert. Folglich bricht das Kulturwörterbuch mit der Tradition lexikographischer Bedeutungsangaben, indem die Wörterbuchartikel keine reine Kurzdefinition, sondern eine umfassende Erläuterung der kulturellen Dimension der einzelnen Wörter sowie deren Verwendung anstreben. Ein Wörterbuch, welches eine derartige Aufarbeitung und Darstellung eines einschlägigen Wortschatzes vornimmt, stellt insbesondere in Zeiten von stärker frequentierter internationaler Fachkommunikation ein neuartiges und notwendiges Projekt dar (cf. Roelcke 2015: 470).

In seiner Konzipierung reiht sich das Kulturwörterbuch Deutsch als Fremdsprache in die Kategorie der einsprachigen Lernendenwörterbücher ein. Somit erfüllt es nach Herbst/Klotz (2003: 242f.) sowohl eine Rezeptionsals auch eine Produktionsfunktion. Es bleibt jedoch anzumerken, dass die Rezeptionsfunktion hier im Vordergrund steht (cf. hierzu auch Babenko/Troschina 2004: 209), da das Verstehen relevanter Diskurse eines der wichtigsten Ziele des Wörterbuchprojekts ausmacht. Eine Fortführung als zweisprachiges oder sogar mehrsprachiges Wörterbuch ist in der Zukunft ebenfalls denkbar.

Aufgrund der gewissen Komplexität der angestrebten Artikel richtet sich das Kulturwörterbuch Deutsch als Fremdsprache an eher fortgeschrittene Lernende der deutschen Sprache, vornehmlich ab einem B2oder C1-Niveau nach dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen. Im Sinne der Orientierung an bildungssprachlichen Aspekten sowie der Zielsetzung eines tiefergehenden Sprachverständnisses, welches zu einer adäquateren Sprachverwendung führen soll, erscheint eine Zielgruppe auf einem höheren Sprachniveau auch nach Huszár (2006: 37) als angemessen. Eine Orientierung an tieferen Niveaustufen scheint aus dieser Sicht folglich weniger adäquat zu sein und wird daher mit geringerer Priorität behandelt (cf. auch Zöfgen 1994: 81).

Im Rahmen des Desiderats von kulturbasiertem lexikographischen Material für Lernende macht der vorliegende Beitrag einen Vorschlag zu einer praktischen Verwirklichung dessen mit einer prototypentheoretischen Fundierung. Dies wird im folgenden Abschnitt erläutert.

4 Anwendungsmöglichkeiten der Prototypensemantik in der lexikographischen Praxis

Herbst/Klotz (2003: 32f.) weisen auf den Mangel eines für die lexikographische Praxis nutzbaren semantischen Modells hin, welches unmittelbar anwendbar wäre. Lipka (2002: 71) geht zudem davon aus, dass Sprache in einem prototypentheoretischen Verständnis „a means for interpreting our environment, for classifying or categorizing our experience“ sei. So erlegen wir der außersprachlichen Realität bei einer Interpretation eine prototypische Struktur auf:

In the view of the recent discipline of Cognitive Linguistics, each language is equivalent to a particular conceptual system by means of which we perceive, structure, organize, and understand the infinite flow of impressions from the world we live in.

(ibd.)

Dementsprechend erscheint es sinnvoll, die Prototypensemantik auf entsprechende Möglichkeiten zu untersuchen und eine Modellierung zur lexikographischen Nutzbarkeit vorzunehmen. Im Folgenden soll hierzu vor allem auf Lemmatisierung und Zugriffsstruktur sowie die lexikographische Bedeutungsbeschreibung eingegangen und ein Vorschlag zu hiermit verbundenen Anwendungsmöglichkeiten der Prototypensemantik unterbreitet werden. Dies steht vorrangig im Sinne der Orientierung an Benutzenden von Lernendenwörterbüchern.

4.1 Lemmatisierung: Die Basisebene nach Rosch

Dörschner (1996: 55) bemerkt, dass Basisausdrücke bei Benennungsversuchen am häufigsten verwendet werden; es handele sich zumeist um kurze Lexeme, die primär gelernt werden. Anhand dessen lässt sich vermuten, dass diese Basisausdrücke auch eine besondere Relevanz für ein kulturbasiertes Lernendenwörterbuch besitzen. Hier lässt sich die Hypothese aufstellen, dass Lemmata im Kulturwörterbuch auf der Basisebene einzuordnen sein sollten.

Im Projekt des Kulturwörterbuchs geht es darum, den kulturellen Hintergrund eines Lexems zu erfassen und darzustellen. Es müssen also Wörter erfasst werden, die hinreichend konkret sind, um dies zu ermöglichen. Die Aufnahme von Lemmata auf der übergeordneten Ebene erscheint aus genau diesem Grund zunächst nicht sinnvoll. Diese Wörter sind als zu abstrakt einzustufen, um angemessene Artikel im Kulturwörterbuch hervorbringen zu können. Anhand des von Kleiber (1993: 62) gegebenen Beispiels Tier lässt sich dies verdeutlichen: Dieser auf der übergeordneten Ebene angeordnete Begriff ist zu unkonkret und trägt nicht genügend typische Eigenschaften in sich, als dass hinsichtlich dessen ein kulturspezifischer Artikel verfasst werden könnte. Wenn Muttersprachler*innen des Deutschen gefragt würden, wie sie den Begriff Tier für den deutschen Sprachraum bestimmen würden, so sähen die Antworten wohl sehr verschieden aus. Wahrscheinlich kämen sogar Rückfragen, welches Tier denn gemeint sei. Wörter auf der übergeordneten Ebene greifen somit also zu weit und erscheinen als Lemmata im Kulturwörterbuch als ungeeignet.

So gilt es weiterhin, die Basisebene und die untergeordnete Ebene zu betrachten. Kleiber (ibd.) weist darauf hin, dass der Informationszugewinn auf der untergeordneten Ebene im Vergleich zur Basisebene als zu gering einzustufen sei. So trägt der Begriff Spaniel im Vergleich zum Begriff Hund zwar mehr konkrete Eigenschaften, dennoch ist der Zuwachs an herausstechenden Eigenschaften gering.4 Es bleibt lediglich zu beobachten, dass ein kulturbasierter Wörterbucheintrag zu Spaniel vermutlich keine tiefgreifenden, weiterführenden Informationen im Vergleich zum Artikel zu Hund ergibt. Eine Aufnahme von Lemmata auf der untergeordneten Ebene erscheint für das Kulturwörterbuch Deutsch als Fremdsprache also ebenfalls nicht als angemessen; dies wäre kognitiv zu fordernd und würde überdies eine Vielzahl an sehr ähnlichen Artikeln hervorbringen, wenn einmal daran gedacht wird, dass neben Spaniel auch eine Vielzahl an weiteren Hunderassen erklärt werden müsste. Hier wäre allerdings kein signifikanter Anstieg an relevanten Informationen zu erwarten, da letzten Endes auch nicht davon auszugehen ist, dass die Mehrheit der Mitglieder einer Sprachgemeinschaft ein ausdifferenziertes Wissen über verschiedene Hunderassen besitzt.5

Die größte Menge an distinktiven Merkmalen (diejenigen Merkmale, die also z. B. das „Hundsein“ ausmachen) ist also auf der Basisebene zu finden. Ein Ausgleich zwischen Ähnlichkeitsbeziehungen und Kategorienmitgliedern ist also nur hier zu finden. Es bleibt somit zu erwarten, dass sich diese Wörter als Lemmata für das Kulturwörterbuch besonders eignen, während Wörter der übergeordneten oder untergeordneten Ebene diese Eigenschaft nicht erfüllen. So zählt auch Linz (2002: 117) „die Basisebenen-Kategorien zu kognitiv relevanten Grundstrukturen“. Sie weist in Anlehnung an Lakoff (1987) darauf hin, dass die besondere Relevanz dieser Kategorien „in der gattungssubjektiven Ausstattung des Menschen begründet“ liege. Ein Berufen auf Lemmata der Basisebene erscheint gerade in einem Wörterbuch, welches sich an Lernende richtet, als sinnvoll, da die Strukturen des menschlichen Denkens gerade in Lernprozessen eine wichtige Rolle spielen. Begrifflichkeiten, welche primär benannt werden, sollten in diesem Sinne auch für den Sprachgebrauch eine hohe Relevanz und teilweise auch eine hohe Frequenz aufweisen (auch wenn für diese Korrelation keine Signifikanz nachgewiesen werden konnte). Dies mag auch daran liegen, dass Basisebenenbegriffe ganzheitlich erfasst und zumeist bildlich dargestellt werden können (cf. Linz 2002: 117f.). Dadurch bleibt zu erwarten, dass Sprechende zu diesen Wörtern in kürzester Zeit mentale Bilder evozieren können. Es ist also naheliegend, dass Wörter auf der Basisebene nicht nur viele individuelle Assoziationen, sondern auch gruppenspezifische bzw. kulturrelevante Assoziationen tragen, die in einer Sprachgemeinschaft einem gewissen Konsens folgen. Auf diese Weise könnte also das Prinzip der „cognitive economy“ (Ungerer/Schmid 2006: 71f.) für die Lernendenlexikographie genutzt werden.

Somit sprechen einige Argumente für eine Bekräftigung der These, dass die Lemmata im Kulturwörterbuch Wörter auf der Basisebene nach Rosch sein sollten. Dies ist jedoch mit einigen Einschränkungen zu betrachten: Zum einen ist nicht auszuschließen, dass es nicht doch Einzelfälle geben könnte, in denen die Aufnahme eines Wortes auf überoder untergeordneter Ebene als sinnvoll erscheint. Des Weiteren lässt sich diese Annahme zwar theoretisch unterfüttern, jedoch steht ein empirischer Beleg der These noch aus. Daher bleibt diese als starke Tendenz für die Konzipierung des Kulturwörterbuchs bestehen, welche aber Ausnahmen in Einzelfällen nicht ausschließt.

4.2 Zugriffsbzw. Vernetzungsstruktur

Ein weiteres Gebiet der möglichen Anwendung der Prototypensemantik betrifft die Zugriffsstruktur des Wörterbuchs sowie die Vernetzung der einzelnen Lemmata untereinander. Hierzu trifft Kleiber (1993: 8) zwei wichtige Aussagen über die Prototypensemantik in ihrer Standardversion, welche deutliche Implikationen für die lexikalische Semantik haben können:

  1. (i) Sie ermöglicht es, Eigenschaften in die Wortbedeutung zu reintegrieren, die durch das klassische Modell ausgeschlossen werden, da sie als nicht notwendig erachtet und somit zum enzyklopädischen (d.h. außersprachlichen) Wissen gerechnet werden: die typischen bzw. stereotypischen Eigenschaften.

  2. (ii) Sie beweist die Existenz einer inneren Organisation der einzelnen Kategorien, deren Relevanz für die Semantik sich durch verschiedene Vernetzungsphänomene zeigt.

  3. (iii) Sie stellt eine interkategorielle Hierarchie auf, die sich ihrerseits innovativ im Hinblick auf die Organisation der lexikalischen Hierarchisierung auszuwirken verspricht.

Diese Ergebnisse der Prototypensemantik eröffnen neue Möglichkeiten für den Aufbau des Wörterbuchs, insbesondere für eine neuartige Darstellung der Vernetzungsstruktur. Gerade in Zeiten der digitalen Lexikographie sind vielfältige Darstellungsarten der Vernetzungsstruktur möglich, die vorher nicht denkbar waren. Hier zeigt sich das Potential eines Wiederaufgreifens der Prototypensemantik innerhalb lexikographischer Überlegungen, denn die Darstellungsweisen der Printlexikographie weisen in der Hochphase der Rezeption der Prototypentheorie in den 1990er Jahren deutlich mehr Restriktionen auf, als dies heute im Kontext der Internetlexikographie der Fall ist. In diesem Rahmen lässt sich die Hierarchisierung in drei Ebenen nach Rosch et al. (1976) wieder aufgreifen.


Abbildung 1
Exemplarische Zugriffsbzw. Vernetzungsstruktur unter Ebeneneinteilung nach Rosch et al. (1976)

Abbildung 1 zeigt ein exemplarisches Schema einer Vernetzungsstruktur bzw. Zugriffsstruktur für das Kulturwörterbuch. Hieraus ist zu erkennen, dass die Lemmata im Kulturwörterbuch grundsätzlich auf der Basisebenen anzuordnen sind. Um eine Einordnung in den Gesamtkontext sowie eine zugängliche Struktur zu gewährleisten, finden aber auch Begrifflichkeiten Einzug in das Wörterbuch, die auf der jeweils übergeordneten bzw. untergeordneten Ebene zu finden sind. Diese erhalten keine eigenen Wörterbuchartikel und sind somit auch nicht als Lemmata anzusehen, sie dienen lediglich der Zugriffsund Vernetzungsstruktur. So erlauben die übergeordneten Wörter im Rahmen eines Wortfeldes6 die thematische Einordnung der Lemmata; auf diese Weise können Einträge auch thematisch geordnet werden. Hierbei verdeutlichen die gestrichelten Linien im Schema, dass Lemmata auch verschiedenen Wortfeldern zugeordnet werden können7. Dies ermöglicht eine dynamische Zugriffsstruktur sowie einen transparenten Umgang mit Polysemien. Auf der untergeordneten Ebene sind die entsprechenden Unterbegriffe des jeweiligen Lemmas zu finden. Auch diese erhalten keinen gesonderten Eintrag, um Wiederholungen und zu starke Spezifizierungen zu vermeiden und das Prinzip der cognitive economy zu wahren. Stattdessen bilden Sie einen Teil der Einträge zu den Basisbegriffen selbst. Innerhalb der Bedeutungserklärung und kulturellen Erläuterung der Lemmata sollten auch Wörter auf der untergeordneten Ebene aufgeführt werden, z. B. im Rahmen einer Auflistung möglicher Komposita.


Abbildung 2
Exemplifizierung der Zugriffsbzw. Vernetzungsstruktur unter Ebeneneinteilung nach Rosch et al. (1976)

Dies soll in Abbildung 2 anhand der beispielhaften Lemmata Universität und Gericht exemplifiziert werden. Beide können sowohl unter die Kategorie Institution als auch unter die Kategorie Gebäudefallen.8Es wird deutlich, dass anhand einer dynamischen Zugriffsstruktur der begriffsimmanenten Polysemie Rechnung getragen wird, denn Nutzende können anhand einer Suche nach verschiedenen Bedeutungen auf das gleiche Lemma treffen. Dies setzt natürlich voraus, dass die jeweiligen Artikel die Polysemie auch ausdrücklich behandeln, was für das Kulturwörterbuch als grundlegend zu verstehen ist. Die jeweiligen Wörter auf der untergeordneten Ebene sollten sich ebenfalls in den entsprechenden Artikeln wiederfinden. So können sie Unterarten bezeichnen oder auch durch beispielhafte Kompositabildung angegeben werden. Eine solche Struktur bietet zweierlei Vorteile: Zum einen wird hier eine Vernetzungsstruktur geboten, die kognitiv ergiebig ist. Demnach ist davon auszugehen, dass sich eine solche Struktur, nach den Ergebnissen von Rosch und vielen mehr, dem menschlichen Denken in großen Teilen anpasst. Des Weiteren werden Polysemien zugänglich dargestellt und das gesuchte Wort lässt sich auf vielfältige Weise finden. Eine solche transparente Zugriffstruktur ist gerade für Lernendenwörterbücher äußerst relevant. Das Medium des Internetwörterbuchs macht dies möglich: Durch Hyperlinks können eine einfache Verknüpfung sowie ein schneller Zugriff gewährleistet werden. Zudem ist es denkbar, auch weitere Internetquellen zu verlinken. So sollen im Kulturwörterbuch zwar keine Wörter auf der überoder untergeordneten Ebene lemmatisiert werden, eine Verlinkung auf andere Quellen der Information ist aber durchaus denkbar. Dies könnte ein erweitertes Wörterbuchprojekt ermöglichen.

Ein weiteres lexikographisches Problem, welches die Prototypensemantik zu lösen versucht, ist das der Linearisierung der lexikalischen Informationen. Geeraerts (1990: 198) beschreibt dieses wie folgt:

In general, the problem is the following: whereas lexicographical microstructures basically consist of a list of neatly separated, consecutively numbered lexical meanings, the structure of prototypically organized concepts is characterized by clustering and maximal overlapping. How then can the multidimensional structure of prototypical concepts be mapped onto the linear order of the dictionary? [...] If the prototypical conception of categorization is correct, lexicographers should be looking for ways to make the description more faithful with regard to the perceived semantic structure of the category.

Geeraerts (1990: 198)

Problematisiert wird also die Frage, inwiefern die komplexe und stark vernetzte Struktur von Begrifflichkeiten im prototypentheoretischen Sinne in einem Wörterbuch dargestellt werden kann. Geeraerts bemerkt hier, dass die bekannte Ordnung eines Artikels mit der linearen Darstellung verschiedener Bedeutungen einer Darstellung der prototypenorientierten Kategorienstruktur nicht gerecht wird und fordert hierzu neue lexikographische Wege. Eine Lösungsmöglichkeit des Problems mag in den bereits erwähnten Darstellungsund Vernetzungsmöglichkeiten der digitalen Lexikographie liegen; eine Vielzahl an Verlinkungen könnte den angesprochenen Überlappungen durchaus gerecht werden. Eine gut organisierte und intern vernetzte Mediostruktur ist hier also von äußerster Wichtigkeit. Auch Kleiber (1993: 8) weist in diesem Sinne auf eine wichtige Eigenschaft der Prototypensemantik hin: „Sie beweist die Existenz einer inneren Organisation der einzelnen Kategorien, deren Relevanz für die Semantik sich durch verschiedene Vernetzungsphänomene zeigt.“ Folgt man also einem prototypensemantischen Grundverständnis, sind natürliche Vernetzungsphänomene gegeben, die in einem digitalen Wörterbuch eingehend dargestellt werden können.

4.3 Prototypengestützte Konzipierung von kulturbasierten Wörterbucheinträgen

Insbesondere im Kontext der Konzipierung des Kulturwörterbuchs als neue Form lexikographischer Arbeit stellt sich die Frage nach einer völlig neuen Form von Wörterbucheinträgen. Auch Zöfgen (1994: 146) fordert in dieser Hinsicht ein Umdenken:

Wie die bisherige Argumentation unschwer erkennen läßt, spricht einiges dafür, gewisse Traditionen beim Redigieren von Wörterbuchartikeln zu ändern. Vor allem scheint es zweckmäßig, die kulturelle Praxis des lexikographischen Definierens zu überdenken und sie im L2-Wörterbuch vielleicht sogar radikal in Frage zu stellen.

Zöfgen (1994: 146)

Auf Grundlage der bereits getätigten Ausführungen zur Prototypensemantik lässt sich nun ein Modell zur Konzipierung kulturbasierter Wörterbucheinträge erstellen, wie sie im Kulturwörterbuch Deutsch als Fremdsprache zu finden sein könnten.

Herbst/Klotz (2003: 33f.) nennen für Einträge in monolingualen Wörterbüchern die folgenden Arten von Informationen:

  • erklärende Paraphrasen [...]

  • Synonyme oder Reihe von annähernd bedeutungsgleichen Wörtern [...]

  • Kombination aus Paraphrase und Synonym [...]

  • pragmatische Informationen zum Situationskontext, in dem ein Wort verwendet wird [...]

  • enzyklopädische Information.

Zwischen den Punkten IV und V kann nun die Beschreibung des Prototyps ergänzt werden (wobei noch zu ermitteln gilt, für welche Wortarten dies letztendlich zutreffen kann). Somit wäre ein umfassendes Grundgerüst für die Artikel in Lernendenwörterbüchern geschaffen. Dabei ist zu betonen, dass bestimmte Punkte optional bleiben können, da dieses umfassende Schema nicht in seiner Gänze auf alle Arten von Wörtern angewandt werden kann.

Der Begriff der Bedeutungserläuterung ist in diesen Ausführungen als umfassend zu verstehen und schließt die oben genannte Liste von Informationsarten in ihrer Gänze ein. Im Folgenden soll in Anbetracht dieser Ausführung ein Vorschlag zu einer veränderten Mikrostruktur der Artikel des Kulturwörterbuchs gegeben werden. Der exemplarische hierarchische Aufbau soll demnach folgendermaßen aussehen:


Abbildung 3
Vorgeschlagene hierarchische Mikrostruktur für Einträge im Kulturwörterbuch Deutsch als Fremdsprache in Anlehnung an Herbst/Klotz (2003: 33f.), Roelcke (2015: 470) und Schierholz (2004: 45)

In diesem Vorschlag zu einer hierarchisch aufgebauten Mikrostruktur in Anlehnung an Schierholz (2004: 45) ist nun die bereits besprochene Beschreibung des Prototyps zu finden. Diese versteht sich als Teil der lexikographischen Bedeutungsbeschreibung, da eine derartige Erläuterung zu einem wesentlichen Verständnis des jeweiligen Lemmas beitragen soll. Die Abbildung 3 ist ebenfalls an die von Roelcke (2015: 470) vorgestellten Elemente zur Mikrostruktur der Artikel im Kulturwörterbuch angelehnt und will jene ergänzen. Im Hinblick auf die semantischen Angaben wurde, wie oben bereits erwähnt, Herbst/Klotz (2003: 33f.) mit der Ergänzung prototypischer Angaben gefolgt.

Nun stellt sich die Frage, wie ein solcher Wörterbucheintrag, welcher die Beschreibung entsprechender Prototypen als zentral versteht und sich in einem kulturvermittelnden Verständnis sieht, genau aussehen könnte. Wingate (2002: 36) spricht in diesem Zusammenhang von der enzyklopädischen Definition, welche in einigen Lernendenwörterbüchern zu finden ist. Diese Idee soll nun auf Grundlage des vorliegenden Beitrags erweitert werden. In Abschnitt 2.2 wurde bereits argumentiert, dass sich aristotelische Definitionen weniger für Lernendenwörterbücher eignen. Stattdessen wurde auf längere, ausführlich erklärende Einträge hingewiesen, welche sich auf ein prototypenbasiertes Verständnis berufen. In diesem Sinne soll nun die prototypenbasierte Bedeutungsbeschreibung vorgeschlagen werden. Dieser Vorschlag lässt sich in einem Modell verdeutlichen, welches in Abbildung 4 dargestellt wird:


Abbildung 4
Modell der prototypenbasierten Bedeutungsbeschreibung

Das Modell ist auf der dritten Ebene der in Abbildung 3 dargestellten hierarchischen Mikrostruktur anzuordnen. Im Gesamtartikel eines Eintrages im Kulturwörterbuch wäre die prototypenbasierte Bedeutungsbeschreibung also als die Beschreibung des Prototyps zu verstehen. Wingate (ibd.: 136) spricht sich im Sinne einer Verbesserung von Bedeutungsbeschreibungen in Lernendenwörterbüchern für einen rich definition context aus:

A meaningful definition context that offers additional information, such as redundancies and examples is defined in this thesis as a rich definition context. If a definition does not offer predicates that evoke mental images it is called a poor definition context.

Wingate (ibd.: 136)

Ein solcher Kontext soll durch das vorgeschlagene Modell der prototypenbasierten Bedeutungsbeschreibung zum Ziel eines grundlegenderen Verständnisses der im Wörterbuch vorhandenen Lemmata aufgebaut werden.

Hierbei ist anzumerken, dass sich das Modell zunächst einmal auf die Lemmata im Kulturwörterbuch bezieht, welche auf der Basisebene anzuordnen sind. In einem ersten Schritt (i) soll hierbei ein zentraler Vertreter der Kategorie (vertreten durch den Basisebenenbegriff) bestimmt und benannt werden. Nach Wierzbicka (1985) soll dies durch Introspektion vollzogen werden. Dabei agiert der*die Lexikograph*in als Expert*in der jeweiligen Einzelsprache und kann so durch eigenes Sprachverständnis eine angemessene Auswahl bzw. Beschreibung des Prototyps treffen. Andere Autor*innen wie etwa Rosch und Mervis (1975) oder Labov (1973) gelangen durch Befragung von Muttersprachler*innen zu ihren Daten. Es gibt hier also bisher noch kein klar ermitteltes Verfahren, welches sich besonders für lexikographische Zwecke eignet. Es bleibt aber zu bemerken, dass Wierzbicka sich in ihren Ausführungen als einzige auf lexikographische Anwendungsmöglichkeiten beruft. Im Sinne der Durchführbarkeit ist das Verfahren der Introspektion auch dasjenige, welches in der lexikographischen Praxis am ehesten eine breite Anwendung finden könnte. Für jedes (neue) Lemma empirische Daten in einem geeigneten Umfang zu erheben, erscheint in der alltäglichen Praxis zu aufwendig und kaum realisierbar. Zudem ist aufgrund der Forschungsergebnisse der Prototypentheorie zu erwarten, dass unter den Sprechenden ein weitestgehender Konsens bezüglich der Prototypen herrscht. Es geht hierbei zudem nicht um die meistfrequentierten Vertreter, sondern um die für die Kategorie repräsentativsten. Die von Wierzbicka vorgeschlagene Methode der Introspektion erscheint daher angemessen.

Die Angabe des Prototyps wird metasprachlich durch sogenannte „hedges“ verwirklicht.9 Im Falle der prototypenbasierten Bedeutungsbeschreibung können die Prototypen also durch hedges wie zumeist, meistens, oft, in vielen Fällen, typischerweise etc. eingeführt werden. Durch diese Verwendung linguistischer Metasprache werden die Nutzenden des Wörterbuchs auf verständliche Weise auf das Phänomen der Prototypen hingewiesen, welches darauffolgend im Kontext des jeweiligen Lemmas näher erläutert wird. Das Phänomen wird also indirekt vermittelt, ohne dass eine komplexe theoretische Erläuterung der prototypensemantischen Grundlagen von Nöten wäre.

In einem nächsten Schritt (ii) soll die Form bzw. Gestalt des zuvor festgelegten Prototyps beschrieben werden. Dies begründet sich vor allem in der Feststellung Kleibers (1993: 3), dass sich Prototypen in komplexen mentalen Bildern manifestieren, sowie der Erkenntnis Dörschners (1996: 41), dass diese holistisch zu verstehen seien. Bei den Rezipient*innen soll also in einem prototypenbasierten Verständnis durch die Beschreibung ein mentales Bild evoziert werden. Auf diese Weise kann ein grundlegendes Verständnis des Wortes aufgebaut bzw. vertieft werden. So findet eine direkte Anwendung prototypentheoretischer Überlegungen statt.

Den Nutzenden wird dies wiederum nur indirekt und somit auf leicht verständliche Weise vermittelt. Es bleibt anzumerken, dass der Prototyp hier im Verständnis nach Wierzbicka (1985) sowie einer weitgefassten Standardversion der Prototypensemantik nach Kleiber (1993) rezipiert wird. Theoretische Grundlage ist aber vor allem das Prinzip der „perceived world structure“ nach Rosch (1978: 29), welches davon ausgeht, dass die außersprachliche Welt innerhalb strukturierter Informationen erfasst wird. Dies kann nun soweit als theoretisches Modell vorgeschlagen werden. Ob das Evozieren mentaler Bilder letztlich auch so durchgeführt werden kann, müssen zukünftige Untersuchungen mit Proband*innen zeigen. Weiterhin ist hier einzuwenden, dass das Beschreiben der Gestalt lediglich für Konkreta erfolgen kann, worauf der Großteil der prototypenbasierten Forschung letztlich fußt. Sollte dieses Modell auch für andere Wortarten Anwendung finden können, müsste Punkt ii hierfür ausgelassen oder überarbeitet werden.

In einem weiteren Schritt (iii) sollen nun die charakteristischen Eigenschaften beschrieben werden, welche den Prototyp ausmachen. Dies dient einem grundlegenderen Verständnis des zu erfassenden Stichworts. Neben der zu Anfang des Artikels gegebenen Bedeutungsparaphrase sowie den im Kulturwörterbuch weiter aufgeführten enzyklopädischen Informationen soll hier im Sinne eines konkreten Beispiels ein tieferes Verständnis geschaffen werden.

In einem letzten Schritt (iv) soll, nach einer ausführlichen Erläuterung der zentralen Vertreter einer Kategorie, auch darauf hingewiesen werden, dass die behandelte Kategorie (also das Lemma) viele weitere Vertreter aufweist, wobei auch Randphänomene möglich sind. Hierbei soll vor allem dafür sensibilisiert werden, dass die im Kulturwörterbuch genannten Lemmata vielfältig sind und in der außersprachlichen Welt in diverser Weise umgesetzt werden. Es geht also darum, innerhalb der Bedeutungsbeschreibung eines Lemmas darauf hinzuweisen, dass bestimmte Phänomene sich in der Welt in vielerlei Hinsicht manifestieren können. Eine Sensibilisierung für Vielfalt ist somit zentral. Zwar fällt die Beschreibung des zentralen Vertreters der Kategorie deutlich umfangreicher aus, dies ist aber darauf zurückzuführen, dass genau dieser Vertreter für die typischsten Eigenschaften steht, welche im Sinne einer Bedeutungserklärung primär vermittelt werden sollen. Daher ist es aber umso relevanter, den Randphänomenen auch eine gewisse Bedeutung zuzuschreiben. Eine solche Sensibilisierung lässt sich an dieser Stelle aber nur unter Vorbehalt annehmen, denn für einen vollständigen Beleg einer solchen These wäre es notwendig, eine empirische Untersuchung auf der Grundlage von Artikeln durchzuführen, die nach dem hier vorgeschlagenen Modell verfasst sind. Eine derartige Untersuchung liegt noch in der Zukunft. Es lässt sich weiterhin vermuten, dass die hier formulierten Überlegungen durchaus auch auf Lernendenwörterbücher anderer Sprachen angewendet werden können. Hier ist selbstverständlich die Zielsetzung des Wörterbuchs ausschlaggebend, denn im vorliegenden Beitrag wird im Sinne eines Kulturwörterbuchs und somit kulturbasierter Wörterbucheinträge argumentiert.

5 Fazit und Ausblick

Im vorliegenden Beitrag kann nachgewiesen werden, dass der Prototypenbegriff im Sinne seiner Kulturabhängigkeit zu einer tiefergehenden Bedeutungsbeschreibung innerhalb eines Kulturwörterbuchs beitragen kann. Hierzu wird ein Modell einer prototypenbasierten Bedeutungsbeschreibung entwickelt. Anhand dieses Modells können Bedeutungsbeschreibungen in kulturbasierten Wörterbüchern nun durch Angabe prototypischer Informationen eine kognitive Fundierung finden, die darauf abzielt, Wortschatz auf eine kognitiv primäre Weise zu verstehen. Aus diesem Grund wird im Weiteren der Vorschlag gemacht, dass die vorgesehenen Lemmata für das Kulturwörterbuch auf der Basisebene nach Rosch liegen sollten. Dies kann vor allem damit begründet werden, dass die größte Menge an distinktiven Merkmalen eines Wortes bzw. einer Wortgruppe auf dieser Ebene zu verzeichnen ist. Wörter, die von Sprechenden primär gebraucht und auch erlernt werden, sollten auch in einem kognitiv orientierten Wörterbuch eine solche Verarbeitung erfahren. Diese Betrachtung der vertikalen Dimension nach Rosch kann ebenfalls zu einer verbesserten Vernetzungsstruktur eines kulturbasierten Wörterbuchprojekts beitragen. Hierzu kann im vorliegenden Beitrag gezeigt werden, dass prototypenbasierte Wörterbucheinträge auch Wörter auf anderen Ebenen der vertikalen Dimension aufgreifen und so auf einen weiterreichenden Wortschatz und dessen Verknüpfung verweisen können. Somit wird aufgezeigt, wie prototypensemantische Erkenntnisse einige Probleme der Lernendenlexikographie beheben können.

So bietet eine prototypentheoretische Fundierung von Einträgen in fremdsprachendidaktischen Wörterbüchern den Vorteil, dass Erkenntnissen der Kognitionswissenschaft Rechnung getragen werden kann. In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, dass das Verstehen der jeweiligen Lemmata unterstützt werden kann, indem kognitiv primäre Wörter und Konzepte angesprochen werden. Auf diese Weise kann die Prototypensemantik auch als Tool dienen, um die Abbildung einer kulturellen Vielfalt zu gewährleisten, was bestehende Lernendenwörterbücher noch nicht können. Der vorgeschlagene Ansatz entwickelt ein Modell, dessen umfangreiche lexikographische Umsetzung noch aussteht. Eine Adaption innerhalb des Projekts des Kulturwörterbuchs Deutsch als Fremdsprache an der Technischen Universität Berlin (Roelcke 2015, 2020) mit einer anschließenden empirischen Untersuchung zur Wörterbuchnutzung und entsprechenden Lernresultaten würde weiteren Aufschluss über den praktischen Nutzen des Modells geben. Es bleibt hier auf zukünftige Untersuchungen zu verweisen.

Von einer vollständigen Adaption der Prototypensemantik auf die Praxis der Fremdsprachenlexikographie ist jedoch abzusehen: Die theoretischen Ausführungen beziehen sich aufgrund der verfügbaren Daten in erster Linie auf Substantive bzw. Konkreta. Eine Anwendung auf Abstrakta ist zwar ebenfalls denkbar, sollte in zukünftiger Forschung aber näher auf Durchführbarkeit untersucht werden. Im Weiteren beziehen sich die hier vorgeschlagenen Modelle grundsätzlich auf das Projekt des Kulturwörterbuchs Deutsch als Fremdsprache. Eine Adaptierung auf andere kulturbasierte Wörterbuchprojekte im Rahmen der Lernendenlexikographie ist naheliegend, die tatsächliche Durchführbarkeit sollte jedoch anhand konkreter Konzeptionen für zukünftige Wörterbuchprojekte ebenfalls weiter untersucht werden. Zudem wären weitere Untersuchungen bereits vorhandener Einträge in DaF-Wörterbüchern interessant, welche analysieren, inwiefern hier vielleicht unbewusst bereits prototypische Strukturen bedient werden.10 In einem Kontext der modernen kognitiven Linguistik könnte dies erwartet werden, da Prototypen als Teil des menschlichen Denkens und im Sinne kognitiver Effizienz zu verstehen sind. Auch eine Kombination mit anderen semantischen Theorien wäre zum Zweck der weiteren Entwicklung und theoretischen Fundierung der Lernendenlexikographie denkbar. So könnten die hier beschriebenen Möglichkeiten einer entsprechenden Anwendung der Prototypensemantik durch weitere Erkenntnisse der Theoriebildung innerhalb der kognitiven Semantik erweitert werden.

Taylor (1995: 65) weist zudem darauf hin, dass prototypentheoretische Konzepte selbst prototypische Strukturen aufweisen. Daher ist davon auszugehen, dass es Wörter gibt, deren Konzepte als eher zentrale Vertreter für prototypische Strukturen zu verstehen sind und eben solche, die als eher periphere Vertreter aufgefasst werden müssen. So kann das Modell der Prototypen vielen Wörtern aufgesetzt werden, doch es passt auf einige besser als auf andere. Hier werden die Schwächen eines solchen Modells offenkundig, denn es kann kaum als grundlegende Lösung für alle lexikographischen Probleme betrachtet werden. Werden aber einzelne Aspekte herausgegriffen und einzelne Lemmata betrachtet, die in Lernendenwörterbüchern bzw. im Kulturwörterbuch enthalten sein sollten, kann das Modell der prototypenbasierten Bedeutungsangabe zur Lösung einiger angesprochener Probleme führen. Es bleibt davon auszugehen, dass eine prototypenbasierte Bedeutungsbeschreibung immer da verwendet werden kann, wo traditionelle Definitionen dem Facettenreichtum des Wortschatzes nicht gerecht werden.

Material suplementario
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Notas
Fußnote
1 Im Folgenden wird der Begriff Lernendenwörterbuch als genderneutrale Alternative zu dem in der Literatur bisher üblichen Begriff Lernerwörterbuch verwendet.
2 In diesem Beitrag soll ausschließlich der Begriff der Prototypensemantik verwendet werden, welcher sich auf eine linguistische Adaption der Prototypentheorie nach Rosch stützt. Eine ausführliche Abgrenzung zur Stereotypensemantik würde an dieser Stelle zu weit führen. Es sei stattdessen auf Putnam (2004); Burge (2013) und Harras (1991) verwiesen. Die Notwendigkeit der Abgrenzung der Begriffe stellt Dörschner (1996: 41) heraus, indem er sich auf die verschiedenen Ursprünge der Begrifflichkeiten und daraus resultierenden Theorien beruft.
3 Für eine ausführliche begriffliche Erörterung sei auf Morek/Heller (2012) verwiesen.
4 An dieser Stelle sollte erwähnt werden, dass die Unterscheidung zwischen diesen genannten Wörtern natürlich von großer Relevanz im allgemeinen und spezifischen Sprachgebrauch ist; die Bedeutung der untergeordneten Ebene soll hier keinesfalls abgewertet werden.
5 Auch diese Aussage ist natürlich mit Vorsicht zu betrachten: Eine solche Konzeption der Lemmatisierung kann erst einmal nur für das vorgestellte Wörterbuchprojekt gelten. Für allgemeinsprachliche oder sogar fachsprachliche Wörterbücher muss selbstverständlich differenziert werden. Gerade in Spezialwörterbüchern zu bestimmten Themenbereichen sind Wörter auf der untergeordneten Ebene als äußerst relevant zu betrachten, denn in diesen geht es um die Differenzierung und Erläuterung von Feinheiten und Details. Im Kulturwörterbuch jedoch ist dies anders.
6 Umfangreiche Informationen zur Wortfeldtheorie sind bei Geckeler (1971: 84–176) zu finden.
7 Hierbei ist es natürlich möglich, dass bestimmte Lemmata stärkere Polysemien aufweisen und somit zu mehr als zwei Wortfeldern zugeordnet werden können. Der Übersicht halber werden in den Abbildungen 1 und 2 nur zwei mögliche Wortfelder dargestellt.
8 Hier ist anzumerken, dass das Lemma Gericht natürlich auch weiteren Wortfeldern wie etwa Ernährung zugeordnet werden kann. Dies wird aber im dargestellten Beispiel der Übersichtlichkeit halber ausgeklammert.
9 Bärenfänger (2002: 7) erläutert diesen Begriff in einem prototypentheoretischen Verständnis folgendermaßen: „Eleanor Rosch führt schließlich noch weitere das Sprachsystem betreffende Prototypenphänomene an. Hierzu gehören unter anderem die sogenannten hedges. Bei diesen u. a. von George Lakoff (1972) ausführlich untersuchten Ausdrücken wie strenggenommen, eigentlich, fast u. v. a. handelt es sich um sprachliche Möglichkeiten, ein bestimmtes Objekt einer Kategorie ausdrücklich zuzuweisen oder seine Zuordnung quasi zu blockieren. So werden Kategoriengrenzen je nach Funktionsweise des hedge entweder scharf gezogen oder ‚aufgeweicht‘.“
10 Ein Ansatz in diese Richtung kann z. B. schon im deutsch-italienischen Wörterbuch von Giacoma/Kolb 2019 beobachtet werden, im welchem kulturelle Aspekte in Informationskästchen beschrieben und erklärt werden.

Abbildung 1
Exemplarische Zugriffsbzw. Vernetzungsstruktur unter Ebeneneinteilung nach Rosch et al. (1976)

Abbildung 2
Exemplifizierung der Zugriffsbzw. Vernetzungsstruktur unter Ebeneneinteilung nach Rosch et al. (1976)

Abbildung 3
Vorgeschlagene hierarchische Mikrostruktur für Einträge im Kulturwörterbuch Deutsch als Fremdsprache in Anlehnung an Herbst/Klotz (2003: 33f.), Roelcke (2015: 470) und Schierholz (2004: 45)

Abbildung 4
Modell der prototypenbasierten Bedeutungsbeschreibung
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