Abstract: The benefits of language learning of children and young people in Croatia have been brought to attention due to increasing global cooperation and international networking. Above all, the tourism sector, which is now the most important branch of the economy in the country, is partly responsible for the continuing motivation to learn foreign languages. Language acquisition is a complex topic that combines many aspects and perspectives. It is influenced by different factors (Riemer 2001) and can often be viewed in relation to specific regions – the latter has aroused our interest after many years of experience in higher education. Croatian students from Zagreb, Osijek, Rijeka and Zadar were asked about their motivation for learning German. Considering the differently developed regions in Croatia, it was investigated whether there are region-spe- cific differences in attitudes towards the German language and motivation to learn German between students from the two geographical regions of Croatia (continental vs. Adriatic Croa- tia). The procedure was quantitatively oriented. The results come from a questionnaire survey that was carried out specifically for this purpose and they clearly indicate that students from Croatia make a very specific decision to study German and thus to learn German language. It was found that region-specific characteristics or the economic situation of the region and the job opportunities it offers also have an impact on the choice of study in Croatia.
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Motivation zum Deutschlernen in Kroatien
Das Erlernen einer Fremdsprache unterscheidet sich in vielen Fällen vom Erlernen anderer Fachdisziplinen bzw. Schulfächer. Eine Fremdsprache ist ein lernbares Schulfach, in dem ein- zelne Elemente der Kommunikation (z. B. grammatische und lexikalische Elemente) explizit gelehrt werden können. Sie ist auch sozial und kulturell gebunden, i. e., dass das Sprachenler- nen ein soziales Ereignis, das bestimmte Elemente der Zielsprachenkultur einbezieht, ist (cf. Dörnyei 2003: 3f.). Ein wesentlicher Faktor, der das Fremdsprachenlernen beeinflusst, ist die Motivation, eine Schlüsselvariable, die das Fremdsprachenlernen vom Erstsprachenerwerb un- terscheidet (cf. Ushioda 2013; List 2002; Behrendt 2017; Didović Baranac et al. 2016).
Fremdsprachenlernende bringen bestimmte Motive und Motivationsstile mit sich. Affektive und kognitive Faktoren bzw. Einstellungen der Lernenden zum Unterrichtskontext, zur Fremd- sprache, den Mitlernenden sowie ihre Sprechangst spielen dabei eine bedeutungsvolle Rolle (cf. Kleppin/Reich 2016: 76). Die affektiven Faktoren (Motivation, Einstellung, Angst, u. a.) sind Teil der personalen Faktoren, beeinflussen den Lernerfolg und im Unterschied zu kogniti- ven Faktoren (Sprachlerneignung) „unterliegen sie kurz- und langzeitigen Veränderungen“ (Riemer 2016: 266). Sie sind mehrdimensional, instabil (veränderbar), schwer erforschbar und nicht beobachtbar (cf. Riemer/Wild 2018: 5). Die Einstellungen der Lernenden zur Fremdspra- che, zum Lernprozess und zur Zielsprachenkultur wurden häufig über den Faktor der Motiva- tion erforscht, zumal eine positive Einstellung zum Fremdsprachenlernen die Motivation unter- stützt (cf. Riemer 2016: 267).
Der Begriff Motivation wird in der Fremdsprachenforschung unterschiedlich definiert (cf. Gar- dner 2006: 348). Obwohl Motivation ein häufig verwendeter Begriff sowohl in Bildungs- als auch in Forschungskontexten ist, ist es überraschend, wie wenig Übereinstimmungen es in der Literatur im Hinblick auf die genaue Bedeutung dieses Begriffs gibt. Forscher scheinen sich lediglich darin einig zu sein, dass Motivation für die Bestimmung und Richtung des menschli- chen Verhaltens verantwortlich ist (cf. Dörnyei 1998: 117). Sie spiegelt sich in den verfolgten Zielen, dem investierten Aufwand, dem Engagement und der Beharrlichkeit beim Lernen wider (cf. Ushioda 2014: 31). Dörnyei/Ottó (1998: 85) definierten die Motivation beim Fremdspra- chenlernen als eine dynamisch kumulative Erregung in einer Person, die die kognitiven und motorischen Prozesse initiiert, lenkt, koordiniert, verstärkt, beendet und bewertet, wobei initiale Wünsche und Bedürfnisse selektiert, priorisiert, operationalisiert und erfolgreich oder erfolglos ausgespielt werden. Die Motivation besteht aus verschiedenen Komponenten, die mit der Per- sönlichkeit und Lebensumgebung einer Person im engen Zusammenhang steht. Lernende sind im Fremdsprachenunterricht unterschiedlich motiviert und diese Motivation verändert sich ste- tig in diesem Lernprozess (cf. Riemer 2017: 11). Einhellig wird angenommen, dass motivierte Lernende mehr Zeit, Energie und Ausdauer investieren, um ihre Ziele zu erreichen (cf. Zarri- nabadi et al. 2019: 1).
In der Fremdsprachendidaktik wurde zweifellos der Motivation die größte Beachtung zugeteilt (cf. Lasagabaster et al. 2014: 1). Die Motivationsforschung besagt, dass Lernende motivierter sind, je attraktiver und erreichbarer das intendierte Ziel erscheint (cf. Riemer/Wild 2018; Rie- mer 2016). Die Motivationsforschung ist unterschiedliche Phasen durchlaufen und ist ein um- fangreicher Forschungsbereich (cf. Ushioda 2014; Zarrinabadi et al. 2019; Murray et al. 2011; Dörnyei/Ushioda 2009; You et al. 2015; Dörnyei et al. 2016; Li 2017). Die Erforschung der Motivation hat eine lange Geschichte und war geprägt von der Fremdsprachenerwerbsfor- schung von Gardner/Lambert (1959). Sie führten die Begriffe der integrativen und instrumen- tellen Motivation ein. Die Integrativität ist das am häufigsten recherchierte Konzept in diesem Bereich. Sie bedeutet, dass Lernende sich in die Zielsprachenkultur integrieren und mit den Muttersprachlern identifizieren möchten (cf. Dörnyei et al. 2006: 10). In Gardners (1985) The- orie der integrativen Motivation werden drei integrative Komponenten erarbeitet: Integrative Orientierung, Integrativität und integrative Motivation/Motive. Neben der Integrativität war die Instrumentalität, die andere am häufigsten untersuchte Variable in der Motivationsforschung. Der Begriff Instrumentalität bezieht sich auf den pragmatischen Nutzen von Sprachkenntnis- sen, wie z. B. bessere Berufschancen erlangen werden können (cf. ibd.: 12).
In den 1990er Jahren wurden psychologische und fremdsprachendidaktische Ansätze fokus- siert. Es herrschte eine Unzufriedenheit, weil die Untersuchungen instrumenteller und integra- tiver Motivation für den Fremdsprachenunterricht nicht ausreichten. Die generellen Einstellun- gen zum Fremdsprachenlernen, zur Relevanz von Fremdsprachen, zu Unterrichtsfaktoren (z. B. Unterrichtsgestaltung) und die Funktionalität von Fremdsprachen rückten in diesem Punkt ins Zentrum der Forschung (cf. Dörnyei/Csizer 1998; Dörnyei 2003; Riemer/Wild 2018; Ushioda 2013; Krstinić/Pauković 2020; Cheng/Dörnyei 2007). Forscher untersuchten in diesem Zusam- menhang die motivierende Wirkung der verschiedenen Aspekte des Lernkontextes, wie kurs- spezifische Motivationskomponenten (z. B. Relevanz der Lehrmaterialien, Interesse an den Aufgaben, Angemessenheit der Lehrmethoden), lehrerspezifische Motivationskomponenten (z. B. die Motivationswirkung der Persönlichkeit des Lehrers, Verhalten und Unterrichts- stil/Praxis) und gruppenspezifische Motivationskomponenten (z. B. verschiedene Merkmale der Lerngruppe wie Zusammenhalt, Zielorientierung und Gruppennormen).
(2) erste Motivation der Studentinnen und Studenten erzeugen, (3) Motivation erhalten und schützen und (4) Förderung einer positiven retrospektiven Selbstevaluation.
Da die Motivation den Erfolg beim Fremdsprachenlernen bestimmt, sind Strategien zur Moti- vation von Sprachlernenden ein wichtiger Aspekt des Fremdsprachenunterrichts. Dörnyei und Csizer (cf. 1998: 203) erarbeiteten 10 Makrostrategien, die Lehrende im Fremdsprachenunter- richt für die Erhöhung der Motivation der Lernenden verwenden sollen:
(1) Geben Sie mit Ihrem eigenen Verhalten ein persönliches Beispiel; (2) Schaffen Sie eine angenehme, entspannte Atmosphäre im Klassenzimmer; (3) Präsentieren Sie die Aufgaben ge- nau; (4) Entwickeln Sie eine gute Beziehung zu den Lernenden; (5) Steigern Sie das sprachliche Selbstbewusstsein der Lernenden; (6) Gestalten Sie den Sprachunterricht interessant; (7) För- dern Sie die Autonomie der Lernenden; (8) Personalisieren Sie den Lernprozess; (9) Erhöhen Sie die Zielorientierung der Lernenden; (10) Machen Sie die Lernenden mit der Zielsprachen- kultur vertraut.
Diese Motivationsstrategien sind keine goldenen Regeln, sondern eher Vorschläge, die mit ei- ner Gruppe besser und einer anderen schlechter funktionieren können.
Riemer (cf. 2019: 368f.) schlägt ein Motivationsprozessmodell vor, das aus Motiven und Pro- zessen des Fremdsprachenlernens besteht. Nach dem Modell sollte zuerst eine Handlungsab- sicht oder Intention bzw. Zielauswahl geformt werden. Soziale und kontextuelle Faktoren, die dies beeinflussen sind Eltern, Familie, Kontaktpersonen, formelle und informelle Lernmöglich- keiten und unterschiedliche Faktoren des Fremdsprachenunterrichts. Personale Faktoren, die eine Schlüsselrolle spielen, sind Einstellungen zum Fremdsprachenlernen, der Kontakt zur Fremdsprache, Erfolgsaussichten, Relevanz, Motive sowie die Integrativität-Instrumentalität. Nach der Zielauswahl erfolgt eine aktive Ausübung dieser Handlung. Des Weiteren kommt es zu Lernanstrengungen, die im Lernverlauf immer wieder aufkommen und überwunden werden müssen. Nur durch diese Lernanstrengungen kann es auch zu Erfolgserlebnissen kommen.
Dörnyei et al. (cf. 2006: 9–18) konzeptualisierten sieben allgemeine Aspekte der Motivation des Fremdsprachenlernens: 1. Integrativität, 2. Instrumentalität, 3. Einstellungen gegenüber den Muttersprachlern, 4. Milieu, 5. sprachliches Selbstbewusstsein, 6. kulturelles Interesse und 7. Vitalität der Zielsprachengemeinschaft. Integrativität bedeutet, dass sich Lernende mit der Ziel- kultur und den Muttersprachlern integrieren möchten. Instrumentalität bezieht sich auf die Nützlichkeit der Fremdsprachenkenntnisse. Die Komponente Einstellungen gegenüber den Muttersprachlern besagt, dass eine positive Einstellung des Lernenden gegenüber der Zielspra- chengemeinschaft zu einem besseren Lernerfolg führt. Der Begriff Milieu bezieht sich auf die sozialen Einflüsse aus der unmittelbaren Lernumgebung, wie z. B. Eltern, Familie und Freunde. Unter sprachlichem Selbstbewusstsein verstehen sie die Wahrnehmungen des Einzelnen von seinen Fähigkeiten, Ziele erfolgreich zu erreichen oder Aufgaben zu erledigen, und es handelt sich in der Regel um eine verallgemeinerte Einschätzung des eigenen Bewältigungspotenzials. Das kulturelle Interesse nimmt Bezug auf die Einstellungen zu Muttersprachlern und den indi- rekten Kontakt zur Zielsprachenkultur, beispielsweise durch Filme, Videos, Bücher, Zeitschrif- ten und Musik. Die Vitalität der Zielsprachengemeinschaft befasst sich mit der Problematik, wie Angehörige ethnischer Minderheiten in einem multikulturellen Umfeld erfolgreich die vor- herrschende Sprache erwerben und anwenden. Diese sieben Motivationskomponenten gehören zu den am häufigsten untersuchten Dimensionen in der Motivationsforschung und dienen auch im vorliegenden Beitrag als theoretische Grundlage.
Kroatien galt und gilt als ein Land, in dem die Einwohner über hervorragende Fremdsprachen- kenntnisse verfügen. An der Schnittstelle zwischen Ost und West, in der Vergangenheit als Teil und unter dem Einfluss der Republik Venedig, dann auch des Habsburger Königreiches, dessen Teil es bis zum Ersten Weltkrieg war, konnte Kroatien durch die Jahrhunderte eine Tradition des Fremdsprachenlernens entwickeln. Hinzu kommt, dass verschiedene politische, wirtschaft- liche oder ökonomische Krisen Kroatinnen und Kroaten in andere europäische Länder geführt haben. Vor allem der deutschsprachige Raum erweist sich bis heute als attraktives Auswande- rungsland, doch auch Staaten wie Italien, Irland, Großbritannien oder Schweden blieben von den kroatischen Migrationswellen seit dem 19. Jahrhundert nicht unberührt. Große kroatische Einwanderungsgruppen gibt es heute auch in der Übersee (Australien, Nord- und Südamerika), die mit einer stark wachsenden Wirtschaft und Arbeitskräftepotential anlockte (cf. Nejašmić 1995). Viele Auswanderer sind nach Jahren wieder zurückgekehrt – dieses Mal in ihrem Ge- päck eine neue Sprache. Somit leistet auch die kroatische Rückkehrergemeinschaft einen rele- vanten Beitrag zum Bild eines Landes, das viele Sprachen spricht.
In Kroatien wird im Kontext zunehmender Globalisierung und internationaler Vernetzung, in der die Sprache als Kommunikationsmittel eine besondere Rolle spielt, die Bedeutung des Fremdsprachenlernens und -wissens hervorgehoben und die Vorteile des Sprachenlernens ins Bewusstsein von Kindern und Jugendlichen gerückt. Zugleich mag auch der Tourismusbereich als mittlerweile bedeutendster Wirtschaftszweig im Land mitverantwortlich für die anhaltende Motivation zum Fremdsprachenlernen sein. Die Kontakte zum deutschsprachigen Raum und die Bedeutung des Deutschen als wichtiger Verkehrssprache sind im öffentlichen Diskurs die häufigsten Motive zum Deutschlernen. Seit dem EU-Beitritt wird ferner auch von einer Migra- tionsmotivation gesprochen. Die Öffnung der Grenzen hat die Auswanderung vereinfacht – nach Angaben des Kroatischen Bundesamts für Statistik sind 170.000 der 4,2 Millionen Ein- wohner, vor allem aus dem kontinentalen Kroatien, nach Deutschland ausgereist
Die Sprachlernmotivation ist ein komplexes Thema, das viele Aspekte und Perspektiven in sich vereint, von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst wird und oft auf bestimmte Regionen be- zogen betrachtet werden kann. Kroatien ist in insgesamt 21 Einheiten bzw. Gespanschaften unterteilt, diese wiederum in zwei große Regionen: Jadranska Hrvatska bzw. Adriatisches Kro- atien mit den Zentren Rijeka und Zadar (dunkelgraue Markierung in Abbildung 1) und Konti- nentalna Hrvatska bzw. Kontinentales Kroatien mit den Zentren Zagreb und Osijek (hellgraue markiert).
Die kontinentale Region wird im öffentlichen Diskurs oft in Verbindung mit Entvölkerung der Gespanschaften und einer regionalen Entwicklungsdisparität gebracht (cf. Pejnović 2004). Laut aktueller Studien haben die regionalen Unterschiede im wirtschaftlichen Entwicklungsstand die räumliche Verteilung sowie Siedlungsdichte der Bevölkerung Kroatiens wesentlich beeinflusst.
Untersuchungen ergaben, „[…] dass die peripher gelegenen Gespanschaften mit ihren weniger entwickelten Zentren am rückständigsten sind und daher den größten Bevölkerungsrückgang […] zu verbuchen haben. Der beschleunigte Alterungsprozess und die verminderte Vitalität der Bevölkerung als Resultate der Abwanderung bis zum Beginn der 90er-Jahre sowie die verhee- renden Kriegsfolgen der nachfolgenden Jahre“ (ibd.: 726), aber auch die Öffnung der Grenzen durch den EU-Beitritt im Jahr 2013 und die über sechs Jahre anhaltende Rezession hatten zur Folge, dass die Entvölkerungsrate in den Gespanschaften der kontinentalen Region auch heute noch am höchsten ist. Zudem haben laut Pejnović „[…] die Ballung der Bevölkerung in be- stimmten städtischen Großräumen und die somit entstandenen Unterschiede in der Verteilung der arbeitsfähigen Bevölkerung die bislang größte Disparität in der regionalen Entwicklung Kroatiens nach sich gezogen“ (ibd.: 726).
In der im Jahr 2021 durchgeführten Studie wurden kroatische Studentinnen und Studenten der ersten drei Studierendenjahrgänge des Bachelorstudiums Germanistik hinsichtlich ihrer Motive für das Lernen der deutschen Sprache befragt. Die Annahme war, dass Studentinnen und Stu- denten aus der Küstenregion ihre Sprachwahl weniger emotional treffen, sondern häufig aus Nützlichkeitserwägungen. Eine Vermutung ist, dass auch Studentinnen und Studenten aus dem kontinentalen Kroatien eine instrumentelle Motivation haben bzw. dass die wirtschaftliche Schieflage vor allem im Osten ein Grund für das Lernen von Fremdsprachen ist, um sich in der Zukunft ein berufliches Fortkommen in einer anderen Gespanschaft, Region oder in einem deutschsprachigen Land zu ermöglichen.
Die Vorgehensweise war anonym und quantitativ ausgerichtet. Das Erhebungsinstrument die- ser Studie war ein eigens entwickelter Fragebogen. Die Befragung erfolgte elektronisch, da der universitäre Unterricht in Kroatien seit Ausbruch der Corona-Pandemie größtenteils digital ge- staltet wurde. Es wurde also eine elektronische Fragebogenerhebung mit insgesamt 199 Ger- manistik-Studierenden (cf. Abbildung 2) der Universität Zagreb (35,2 Prozent, N = 70), der Universität Zadar (23,6 Prozent, N = 47), der Universität Osijek (25,1 Prozent, N = 50) und der Universität Rijeka (16,1 Prozent, N = 32) durchgeführt.
Der Fragebogen enthielt insgesamt vierunddreißig auf Deutsch formulierte Fragen: offene, halb-offene sowie geschlossene Fragen zu intrinsischen und extrinsischen Motiven für das Ler- nen des Deutschen. Mögliche Motive für die Sprach- bzw. Studienwahl wurden den Studentin- nen und Studenten vorgegeben. Drei der insgesamt fünfzehn vorgegebenen Motive lauteten z. B.: „Ich lerne Deutsch, weil diese Sprache in Kroatien beliebt ist“, „Ich möchte meine Aus- bildung in einem deutschsprachigen Land fortsetzen“, „Ich möchte deutsche Werke in der Ori- ginalsprache lesen und verstehen.“ Sie hatten aber auch die Möglichkeit selber weitere persön- liche Motive zu nennen. Die Studie war darauf ausgelegt, Antworten auf die Fragen zu geben, was kroatische Studentinnen und Studenten dazu bewegt, Germanistik zu studieren und Deutsch zu lernen, und ob es in Anbetracht der unterschiedlich entwickelten Regionen in Kro- atien Unterschiede in der Einstellung und Motivation zwischen Germanistikstudierenden aus unterschiedlichen geographischen Regionen Kroatiens gibt (kontinentales vs. adriatisches Kro- atien bzw. Küstenland).
Die Studentinnen und Studenten waren zum Zeitpunkt der Datenerhebung zwischen 19 und 52 Jahre alt, wobei die meisten Studentinnen und Studenten (96 Prozent) zwischen 19 und 24 Jahre alt waren. 18,1 Prozent der Befragten sind männlichen (N = 36) und 81,9 Prozent weiblichen (N = 163) Geschlechts, alle mit Deutsch-Vorkenntnissen, denn 42,2 Prozent gaben an, Deutsch während der Schulzeit gelernt zu haben, 57,8 Prozent sowohl in der Schule als auch privat im Familien- und Freundeskreis, in Sprachcamps oder Sprachkursen.
Unter den 199 Befragten waren 34,2 Prozent (N = 68) aus der Küstenregion, die Mehrheit, i. e. 65,8 Prozent (N = 131) kommt aus dem kontinentalen Kroatien (cf. Abbildung 3).
Die meisten unter ihnen (cf. Abbildung 4) kommen aus der Hauptstadt Zagreb (13,1 Prozent) und der Gespanschaft Osijek-Baranja (13,1 Prozent), die wenigsten aus den peripher gelegenen ländlichen Gespanschaften wie Virovitica-Podravina (1 Prozent), Sisak-Moslavina (1 Prozent), Bjelovar-Bilogora (1,5 Prozent) oder Koprivnica-Križevci (2 Prozent). 34,1 Prozent (N = 68) stammen aus der Küstenregion. Nur wenige Nennungen entfallen auch auf die Gespanschaften Požega-Slawonien (2,5 Prozent), Karlovac (2,5 Prozent) und Krapina-Zagorje (3,5 Prozent).
Die Ergebnisse lassen eine weitgehend positive Einstellung gegenüber der deutschen Sprache erkennen. Erfragt wurde in dieser Hinsicht, wie bedeutend die deutsche Sprache in Kroatien ist. Auf einer vierstufigen Antwortskala, deren beiden äußeren Pole als „nicht bedeutend“ und„sehr bedeutend“ bezeichnet wurden, konnten Studentinnen und Studenten ihre Beurteilung abgeben. Die Ergebnisse sprechen eindeutig dafür, dass die deutsche Sprache in Kroatien aus der Sicht kroatischer Studentinnen und Studenten sehr bedeutend ist (cf. Abbildung 5). Das denken 68,8 Prozent der Befragten, während nur 6,5 Prozent angegeben haben, dass die deut- sche Sprache wenig bedeutend ist, und nur 1 Prozent, dass sie in bzw. für Kroatien überhaupt nicht bedeutend ist.
Ein mit 87,5 Prozent der Befragten sehr hoher Anteil denkt, dass die deutsche Sprache in der EU sehr bedeutend ist (cf. Abbildung 6) und damit bedeutender als in Kroatien, während nur 1 Prozent der Meinung ist, dass die deutsche Sprache wenig bedeutend ist, und lediglich 0,5 Pro- zent denkt, dass sie überhaupt nicht bedeutend ist.
Abbildung 6: Die Bedeutsamkeit der deutschen Sprache in der EU aus der Sicht der Befragten
Die Studentinnen und Studenten haben den Studiengang sehr gezielt gewählt. Die Ergebnisse machen deutlich, dass sie sich bei der Sprach- bzw. Studienwahl wenig von der außerschuli- schen sozialen Umwelt beeinflussen ließen, und sie daher selbstbestimmt gewählt haben, Deutsch zu lernen – nur 14,6 Prozent gaben an, dass die eigene Familie Einfluss auf die Sprach- wahl hatte.
Die meisten bestätigen, dass die Wahl des Studiums nicht zufällig erfolgt ist, sondern dass sie klare Gründe bzw. Ziele und Interessen hatten (98,5 Prozent). Lediglich drei befragte Personen gaben an, kein besonderes Motiv bzw. kein Interesse am Lernen der deutschen Sprache gehabt zu haben (1,5 Prozent).
Die Befragten aus beiden Regionen erkennen im Sprachenlernen auch einen praktischen Nut- zen. 71,4 Prozent der Befragten denkt, dass die deutsche Sprache beim Reisen hilfreich sein kann, und umgekehrt auch. So denkt ein mit 83,4 Prozent der Befragten sehr hoher Anteil, dass das Reisen in deutschsprachige Länder beim Erlernen der Sprache hilfreich und wichtig ist. 39,7 Prozent geben an, selber mehr als vier Mal in einem deutschsprachigen Land gewesen zu sein, 16,5 Prozent drei bis vier Mal und 43,8 Prozent war zumindest einmal in einem deutsch- sprachigen Land. Die Zahlen machen es hier schon deutlich – alle teilnehmenden Studentinnen und Studenten sind schon in ein deutschsprachiges Land gereist und hatten Kontakt mit deutschsprachigen Muttersprachlern, den 86,9 Prozent als sehr wichtig einstufen. Tatsächlich haben 66,8 Prozent aller Befragten regen Kontakt zu deutschsprachigen Muttersprachlern.
Aus dem Datenkorpus (cf. Abbildung 7) wird deutlich, dass die Befragten auf nationaler Ebene insgesamt ein großes Interesse am Sprachenlernen zeigen und individuelle Mehrsprachigkeit für sie Relevanz besitzt. Eine große Mehrzahl der Befragten (80,9 Prozent) gab an, eine Vor- liebe für Fremdsprachen zu haben. Dafür spricht auch der Befund, dass 99 der teilnehmenden Studentinnen und Studenten eine zweite Fremdsprache studieren, am häufigsten wurden die Sprachen Englisch, Spanisch, Französisch und Niederländisch als Zweitstudium angegeben.
Viele Befragte gehen auf einer allgemeinen Ebene davon aus, dass das Lernen der deutschen Sprache die Möglichkeit verschaffe, sich persönlich weiterzuentwickeln (62,8 Prozent). So gab im Fragebogen etwas mehr als die Hälfte (56,3 Prozent) der Studentinnen und Studenten an, es lohne sich immer, in die eigene Bildung zu investieren.
Ungefähr ein Drittel der Befragten sieht für sich persönlich auch große Vorteile in Bezug auf Karrierechancen (35,7 Prozent), das Kennenlernen neuer Kulturen, Menschen und Lebenswei- sen (34,7 Prozent) sowie in Bezug auf Kommunikation mit anderen Menschen, mit Freunden und Verwandten aus einem deutschsprachigen Land (33,2 Prozent). 64 Studentinnen und Stu- denten bzw. 32,2 Prozent lernen Deutsch, weil sie Filme, Musik und literarische Werke in ihrer Originalsprache hören und lesen möchten. Rund 30 Prozent gaben an, in einem deutschspra- chigen Land leben und arbeiten zu wollen. Die Sprach- bzw. Studienwahl scheint auch mit der Annahme, Personen mit Deutschkenntnissen bekämen in Kroatien mehr Ansehen, zu korrelie- ren – ein Viertel der Befragten (25,6 Prozent) teilt diese Meinung. Ähnlich denken 23,6 Prozent der teilnehmenden Studentinnen und Studenten, dass die deutsche Sprache in ihrer Heimat beliebt ist und lernen deshalb Deutsch. 18,6 Prozent der Befragten möchten ihre Ausbildung in einem deutschsprachigen Land fortsetzen, für 15,6 Prozent war das Angebot bzw. die Qualität des Studiums ein motivierender Faktor, während 12,1 Prozent als Motiv für die Sprachwahl den Einfluss ihrer sozialen Umwelt angaben.
Hier hatten die Befragten mehrere Antwortmöglichkeiten und konnten auch weitere Motive nennen. So wurden unter anderen auch folgende Motive für das Lernen der deutschen Sprache in Kroatien genannt: „Erreichen eines hohen Sprachniveaus“, „Wunsch guter Übersetzer zu werden“, „Ich möchte Deutschlehrerin werden, und in einer Schule arbeiten, das ist mein Traumberuf“, „Ich möchte den Menschen eines Tages beibringen, wie wichtig und toll Deutsch eigentlich ist. Es stört mich, wenn Deutsch als schwere und hässliche Sprache bezeichnet wird“,„Ich fühle mich sehr wohl, wenn ich Deutsch spreche“, „Beim Lernen anderer Sprachen moti- viert mich Goethes Sprichwort: Wie viele Sprachen du sprichst, sooft mal bist du Mensch.“ Auffallend ist, dass es hier wieder einige Nennungen (25) in Bezug auf die eigene berufliche Zukunft und Arbeit im Ausland gab.
Nach den beiden Regionen betrachtet sind die sechs häufigsten Motive für das Lernen und Stu- dieren der deutschen Sprache aus der Sicht der 131 Befragten, die ursprünglich aus dem konti- nentalen Gebiet stammen (cf. Abbildung 8), folgende:
Als die sechs häufigsten Motive für das Lernen und Studieren der deutschen Sprache aus der Sicht der 68 Befragten, die ursprünglich aus dem adriatischen Gebiet stammen (cf. Abbildung 9), konnten folgende Motive herausgestellt werden:
Es zeigt sich, dass die Motive „Ich möchte mich persönlich weiterentwickeln“ und „Es lohnt sich immer, in die eigene Bildung zu investieren“ für die Befragten aus beiden Regionen hoch- relevant sind. Ein deutlicher Unterschied zeigt sich erst beim dritten Motiv: Während für Stu- dentinnen und Studenten aus dem Inneren Kroatiens der Klang der deutschen Sprache motivie- rend ist, sehen Studentinnen und Studenten aus der Küstenregion die deutsche Sprache im Hin- blick auf Berufsmöglichkeiten vorteilhaft. Eine weitere Abweichung ist an sechster Stelle er- kennbar. Studentinnen und Studenten aus der kontinentalen Region lernen Deutsch, um mit Freunden und der Familie aus dem deutschsprachigen Raum in deutscher Sprache zu kommu- nizieren, während Studentinnen und Studenten aus der Küstenregion Deutsch lernen, um eines Tages in einem deutschsprachigen Land leben und arbeiten zu können. Ihr Interesse an der deutschen Sprache scheint also auch instrumentell begründet zu sein, denn von guten Deutsch- kenntnissen erhoffen sie sich bessere Arbeitschancen
Die Motive für die Studienwahl werden in den drei Jahrgängen ähnlich eingeschätzt (cf. Abbil- dung 10): Zwischen den drei Studienjahrgängen der Zagreber und Osijeker Germanistik sind keine bedeutsamen Abweichungen in der Bewertung der verschiedenen Gründe für die Studi- enwahl zu beobachten. Die persönliche Entwicklung, das Investieren in Bildung sowie die Schönheit und Eigenheit der deutschen Sprache werden als hochrelevant eingestuft.
Dasselbe gilt auch für die drei Studienjahrgänge in Zadar und Rijeka, denn auch hier zeigt sich, dass die Motive für die Studienwahl nicht wesentlich voneinander abweichen.
Eine Abweichung, wenn auch nicht sehr ausgeprägt, zeigt sich beim einem Vergleich der Stu- dienjahrgänge in Zagreb und Osijek auf der einen Seite sowie Zadar und Rijeka auf der anderen Seite. Zwar führen letztere als relevante Motive auch die eigene Entwicklung und Bildung an, doch macht die Gegenüberstellung deutlich, dass die Studienwahl in der Küsten-region auch sehr an Karriereperspektiven gebunden ist. Auch wenn im Hinblick auf dieses Motiv bis zum dritten Studienjahr eine leicht absteigende Tendenz zu erkennen ist (48 Prozent im ersten Jahr, 47 Prozent im zweiten Jahr, 45,8 Prozent im dritten Jahr), stuft fast die Hälfte der Befragten aus dieser Region dieses Motiv als relevant ein, wodurch es die dritte Stelle ihrer Motivliste besetzt, während dieses Motiv für 31,2 Prozent der Befragten aus dem kontinentalen Kroatien relevant ist und somit erst an neunter Stelle aufgelistet wird.
Kontinentales Kroatien
Das Ziel dieser Studie war es, Hinweise auf die Motivation für den Deutscherwerb am Beispiel von Germanistik-Studierenden aus Zagreb, Osijek, Zadar und Rijeka zu ermitteln. Es wurden Studentinnen und Studenten aus den beiden Regionen kontinentales Kroatien und adriatisches Kroatien befragt, um zu untersuchen, ob sich die Motive nach regionalem Kontext unterschei- den.
Die Befragten aus beiden Regionen lernen in erster Linie Deutsch, weil sie eine Vorliebe für Fremdsprachen haben und sich persönlich weiterentwickeln möchten. Die Befunde sprechen eindeutig dafür, dass sich die Studentinnen und Studenten aus Kroatien sehr gezielt für das Germanistik-Studium und damit für das Lernen der deutschen Sprache entscheiden. Die unter- schiedlichen Motive für die Studienwahl weichen für alle drei Jahrgänge nach Regionen be- trachtet nicht wesentlich voneinander ab, wobei das Motiv, der Erwerb der deutschen Sprache wäre mit größeren Berufschancen verbunden, bei einem regionenspezifischen Vergleich sich als einer der drei wesentlichen Beweggründe der Befragten aus der Küstenregion erweist. So wird vornehmlich eine Entscheidung getroffen, die den weiteren Bildungs- und Berufsweg be- einflusst.
Ein weiterer wichtiger Befund ist, dass nur wenige aus den peripher gelegenen ländlichen bzw. den östlichsten und nördlichsten Gespanschaften, i. e. 1 bis 5 Prozent der insgesamt Befragten, Deutsch studieren, was damit zusammenhängt, dass es in diesen weniger entwickelten Zentren auch weniger Berufsperspektiven gibt als vergleichsweise in der Küstenregion, wo weiterhin ein sehr hoher Bedarf an Arbeitskräften mit Deutschkenntnissen besteht. Ablesen lässt sich das auch aus der Motivliste der Befragten aus dem kontinentalen Kroatien, in der das Motiv „Ein Germanistik-Studium eröffnet zahlreiche Karriereoptionen“ erst am Ende erscheint, was ein weiterer Hinweis darauf ist, dass sich Studenten und Studentinnen aus dieser Region für andere, für sie vorteilhaftere Studiengänge entscheiden. Letztendlich kann festgestellt werden, dass sich auch regionenspezifische Merkmale bzw. die wirtschaftliche Lage der Region und Arbeitsmög- lichkeiten, die sie bietet, auf die Studienwahl in Kroatien auswirken.
Abbildung 6: Die Bedeutsamkeit der deutschen Sprache in der EU aus der Sicht der Befragten