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Konstruktionsgrammatische Zugänge zur (soziokognitiven) Diskurssemantik

Matthieu Bach

Konstruktionsgrammatische Zugänge zur (soziokognitiven) Diskurssemantik

Linguistik online, vol. 117, núm. 5, pp. 3-22, 2022

Universität Bern

Abstract: In this paper, I propose an extension of Busse’s cognitive discourse semantics through a usagebased construction grammatical approach. Following Lasch (2015a, 2015b, 2016), I will argue that (i) constructions are discursive per se, and (ii) some constructions can fulfil a textual or discursive function depending on their usage. The theoretical discussion shows that construction grammar is arguably an interesting and fruitful tool of a cognitive discourse semantics, which is empirically explained with examples.

1 Zur Hinführung

Diskurs ist das Endergebnis und gleichzeitig der Ausgangspunkt wiederkehrender kommuni kativer Handlungen. Diskurs ist zu verstehen als eine Übergangsstruktur zwischen einer kommunikativen Instanz wie einem einzelnen Text und der diachronischen Entwicklung der entsprechenden Kommunikationssorte (hier der Textsorte), zwischen einem Individuum und seiner sozialen Gruppe, Gesellschaft und Kultur. Diskurs gibt Individuen einer Gesellschaft bzw. einer Kultur die adäquaten Hinweise (die routinierten soziokognitiven Prozeduren), um die relevanten Wissenssegmente zu aktivieren, damit sie als Diskursakteur:innen (Spitzmül ler/Warnke 2011: 172–187) mit einer kommunikativen Situation umgehen können. Unter Wissenssegment sind die multidimensionalen Wissenskomponenten zu verstehen, die im Diskurs verankert und die folgenden Komponenten enthalten: Es handelt sich um epistemische Komponenten (i. e. deskriptives und prozedurales Wissen; cf. v. a. Konerding 2009), soziale Komponenten (gesellschaftliche Erwartungen, Gruppennormen, etc.) und linguistische Komponenten (Wörter bzw. Termini, Satzmatrizen, etc.). Zumeist sind diese Komponenten miteinander verknüpft: Das Wissen z. B. um eine Textsorte benötigt epistemisches Wissen, soziales Wissen (um Erwartungen zu erfüllen) und linguistisches Wissen, damit die Sprachproduzent:innen die adäquaten sprachlichen Realisierungen wählen. Genau an der Kreuzung zwischen epistemischen und linguistischen Wissenssegmenten entstehen aus dem Sprachgebrauch Konstruktionen (Goldberg 2006, 2019), die Wissenssegmente aus der Kognition in einen Text konventionell instanziieren, projizieren und realisieren.

Der vorliegende Beitrag widmet sich also der Frage, wie die Konstruktionsgrammatik hinsichtlich einer soziokognitiven Diskurssemantik (Bach 2022) diskursiv operationalisiert werden kann. In Abschnitt 2 biete ich einen Übergang zwischen Texten, Diskursen und Kognition durch Definition des Begriffs Diskurs als soziale und kulturelle konzeptuelle Struktur (Schultz Balluff 2018). In Abschnitt 2.3 wird gezeigt, dass die semantische Proposition im Kern des Diskurses steht. Da sie auch Kern des Begriffs Konstruktion ist, kann man davon ausgehen, dass Konstruktionen mit einem Diskurs assoziiert sind. Abschnitt 3 beschäftigt sich daher mit der Definition von Konstruktion nach Goldberg (2006, 2019), Tomasello (2003) und Lasch (Ziem/Lasch 2013; Lasch 2016), der Umwandlung der Konstruktion in ein soziales holistisches Schema (Merten 2018) und der Erkennung des Konstruktikons als nach diskursivem Druck organisiertes System (Lasch 2015a, 2015b). In Abschnitt 4 wird der Beitrag zusammengefasst.

2 Zur Diskurssemantik

Abschnitt 2 ist eine Zusammenfassung von Bach 2022 (29–57; cf. auch Wengeler 2005; Wengeler/Ziem 2018) und wird nur seine relevantesten Aspekte erwähnen. Zuerst komme ich auf Foucaults Werk (Foucault 1966, 1969, 1971) zurück, erwähne dann kurz die linguistische Operationalisierung des Diskurses nach Busse/Teubert 1994 und ihre Erweiterung durch die Arbeiten von Busse für die Entwicklung einer kognitionsund kulturorientierten Diskurssemantik. Dies bringt mich in Abschnitt 2.3 zur Rolle der semantischen Proposition (nach von Polenz 32008) als Grundlage für die epistemologische Erweiterung, die in Abschnitt 3 vorgeschlagen wird.

2.1 Zurück zum Diskursdebüt in der Sprachwissenschaft

Diskurs entsteht aus Texten, die sich in vielerlei Hinsicht (Zeit und Ort der Produktion, pragmatische Orientierung, Format, etc.) ähneln. Diese Erkenntnis geht, wie der Begriff Diskurs, auf das Werk von Michel Foucault aus den 1960er Jahren zurück. Foucault entwickelte die Prämisse einer Theorie zum Diskurs (cf. zusammenfassend Warnke 2020), bei der ich drei Komponenten isoliere – das Soziale, das Linguistische und das Epistemische –, obwohl sie eng miteinander verbunden sind.

2.1.1 Das Soziale und das Diskursive

Dass Menschen hoch kooperative und soziale Lebewesen sind, wird mittlerweile in der geisteswissenschaftlichen Gemeinschaft akzeptiert, theorisiert und angewandt (cf. insbesondere Tomasello 2003, 2008). Sie helfen sich, versuchen gemeinsame Ziele zu erreichen und bauen interindividuelle Strukturen u. a. durch Rollenverteilung und Normen auf. Diese Strukturen werden durch Konventionen und geteiltes Wissen an einem ebenfalls geteilten Ort gespeichert, organisiert und von den Menschen durch Kooperation und vor allem Kommunikation weitergegeben. Dieser Ort ist der bzw. ein Diskurs, da es so viele Diskurse gibt, wie sozioökonomische Bereiche in einer Gemeinschaft existieren.

Diskurs ist dementsprechend als eine Übergangsstruktur zwischen Mitgliedern einer Gemeinschaft zu verstehen, in der Letztere das für ein gemeinsames öffentliches Leben benötigte Wissen finden und erzeugen. Handlungsmodalitäten sind in diesem Sinne Prozeduren bzw. Kon ventionen, die durch Routinen entstehen, welche Akteur:innen brauchen, um in der Gesellschaft zu handeln.

2.1.2 Das Linguistische und das Diskursive

Eine der Konventionen, die die Mitglieder einer Gemeinschaft teilen, ist Sprache bzw. das linguistische Material, das man hinsichtlich der sprachlichen Normen (Lexik und Grammatik) anpassen kann. Sprache ist ein Werkzeug für die Kommunikation1, um ein gemeinsames und soziales Ziel zu erreichen (Feilke 1996; Tomasello 2008). Diskurs bietet Diskursakteur:innen, also Sprachproduzent:innen undrezipient:innen, sprachliche bzw. kommunikative Strukturen, die jeder und jedem verständlich sind. Was aber wirklich kommuniziert wird, ist nicht in den tatsächlich geäußerten Wörtern zu finden, sondern in dem, was nicht instanziiert wird bzw.„zwischen den Zeilen“ (von Polenz 32008) steht. Das Diskursive ist in diesem Sinne der größteTeil der Bedeutung: im Gebrauch ist die Bedeutung eines sprachlichen Zeichens weitaus umfassenderals die im Lexikon eingetragene Bedeutung (cf. u. a. Ziem 2020).

2.1.3 Das Epistemische und das Diskursive

Konstituiert wird die Bedeutung im Gebrauch mit Konzepten, i. e. mit semantischen und pragmatischen Elementen, um Kenntnisse bzw. Wissenssegmente auszutauschen, welche mit einem Objekt der phänomenalen (im Sinne der Phänomenologie) Welt oder einer Kommunikationssituation konzeptuell assoziiert werden. Diskurs enthält multidimensionale Wissenssegmente, die aktiviert werden müssen, um Sinn aus der phänomenalen Welt zu erschließen. Anders gesagt: Wenn sich eine gewisse Menge von Aussagen über ein phänomenales Objekt oder eine phänomenale Situation ähneln – i. e. eine ähnliche Struktur, ähnliche Realisierung und ähnliche Funktion aufweisen –, aktivieren sie ein einzelnes Wissenssystem, und das ist Diskurs (Foucault 1969: 152–153).

Festzuhalten ist, dass Diskurs vor allem eine soziale Struktur ist, die Mitglieder einer Gemeinschaft brauchen, um komplexe sprachliche Äußerungen zu produzieren und Wissenssegmente auszutauschen und zu verwenden, um schließlich ein kommunikatives Ziel zu erreichen.2

2.2 Die Diskurssemantik nach Dietrich Busse

Busse (1987) hat die Operationalisierung der foucaultschen Theorie unternommen. Hieraus sind zwei Hauptrichtungen hervorzuheben:

Ausgehend vom letzten Punkt wurde mit dem inzwischen zum Klassiker gewordenen Ansatz von Busse und Teubert (1994) der textuelle Aspekt des Diskurses vertieft.



Unter Diskursen verstehen wir im forschungspraktischen Sinn virtuelle Textkorpora, deren Zusammensetzung durch im weitesten Sinne inhaltliche (bzw. semantische) Kriterien bestimmt wird.

Fuente: (Busse/Teubert 1994: 14)

Hier werden zwei Hauptargumente erkennbar. Die Texte, die die Basis für das Entstehen eines Diskurses bilden, ähneln sich in ihrer Semantik bzw. ihrer Funktion. Eine Diskursanalyse ist demnach eine semantische Untersuchung von Texten, die über den Text hinausgeht. Darunter ist auch zu verstehen, dass ein Diskurs nur nach einer Korpusuntersuchung rekonstruierbar ist. Dies impliziert also einen korpuslinguistischen Ansatz mit einer adäquaten Methodologie (cf. Bach 2020a für einen Vorschlag).

Texte sind soziale Artefakte, die Menschen vereinen, um Wissen für einen kommunikativen und/oder sozialen Zweck nutzbar zu machen. Die korpusbasierte linguistische Diskursanalyse ist letztlich eine Analyse des Wissens über einen Gegenstand bzw. ein phänomenales oder kognitives Objekt an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit. Die Diskursanalyse kann daher als erkenntnistheoretische bzw. epistemologische Analyse dienen.

Gerade für diese Form der Analyse von Bedeutungsstrukturen und damit von Wissen ist die Frame-Semantik eines der effizientesten Werkzeuge. „Bedeutung ist Begriff ist Konzept ist Frame“ (Klug 2016: 167). Frames sind Wissensrahmen, die sich auf der Grundlage der Erfahrung und der Sprache bilden. Sie entsprechen der prototypischen mentalen Darstellung eines Konzeptes. Ein Frame setzt sich aus Leerstellen, Standardwerten und Füllwerten zusammen (cf. Ziem 2008; Busse 2012; Varga 2020). Frames sind dementsprechend hochrelevant, um die konzeptuelle Strukturierung des Individuums zu repräsentieren und den Verstehensprozess zu modellieren. Sie sind kein geschlossenes, sondern ein dynamisches System, das dehnbar ist. Ein Wort, ein Satz ist aus mehreren Konzepten bzw. Frames zusammengestellt: Die Verbindung der Frames baut den lexikalischen Teil der Bedeutung auf.

Zentral ist: Das Linguistische ist auch das Epistemische, denn „Sprachwissen ist Weltwissen“ (Ziem 2008: 119). Dies hat Fillmore (1984: 138) gezeigt:



In a sense, knowing what is meant by “apple core” requires knowing something about how people in our culture eat apples. If we ate apples, seeds and all, straight through rather than around the middle, we would probably not have formed such a category.

Fuente: Fillmore (1984: 138 [Hervorhebung von mir, MB])

Anhand des vorhergehenden kurzen Beispiels wird erläutert, wie eng die kognitiven Verknüpfungen zwischen Sprache, Wissen und Gesellschaft bzw. Kultur sind (cf. Ziem 2018). Ihr Drehund Angelpunkt bzw. Schnittpunkt ist Diskurs (cf. auch Foucault 1966: 11–12).

Busse (u. a. 1987) hat aber weiter gezeigt, dass Diskurs nicht nur der Ausgangspunkt jeder Aussageproduktion und verarbeitung ist; sondern auch am Ende jeder kommunikativen Situation steht, da Sprache selbst ein wissenskonstituierendes bzw. produzierendes Werkzeug ist. Sprachgebrauch generiert situatives Wissen und dieses Wissen modifiziert dynamisch das diskursive System. In diesem Sinne ist Diskurslinguistik ein Ansatz zur Soziologie, Sprachgeschichte, Mentalitätsgeschichte, Erkenntnisgeschichte bzw. Epistemologie und Kulturwissenschaft (Busse 2012: 805–812, 2015: 403–404).

Zu entwickeln war zunächst eine Diskurssemantik, die diese komplexe Hyperstruktur untersuchen könnte. Wenn sie mit einer induktiven und verstehensorientierten textlinguistischen Methodologie gekoppelt wird, zeigt sich die Frame Semantik in diesem Zusammenhang als besonders fruchtbar (cf. Busse 2012: 533–786; 2015: 189–233; 2018):



Eine epistemologisch ausgerichtete Semantik versucht, das verstehensrelevante Wissen möglichst umfassend zu explizieren und aufzuklären. Da sich in diesem Wissen vorgängige, gesellschaftlich konstituierte und damit kulturell vorgeprägte Schematisierungen (und Frame Strukturen) niederschlagen, ist eine auf Verstehensbedingungen zielende semantische Forschung schon von allem Anfang her genuin kulturwissenschaftlich orientiert.

Fuente: (Busse 2015: 219)

Nach den foucaultschen Prämissen zur Diskurstheorie ist das Ziel einer solchen Diskurssemantik3, (i) wiederkehrende textuelle Sequenzen im Sprachgebrauch zu identifizieren, (ii) kontextuelle Informationen darin zu integrieren und (iii) eine soziale und kulturelle Analyse durchzuführen.4 Interessant ist dabei nicht die Form, sondern das Gesagte, also die Bedeutung. Hier ist eine propositionale Satzsemantik nach von Polenz (32008), die auch textlinguistisch methodologisch strukturiert ist, einzubeziehen (Busse 2012: 687–703).



Nach von Polenz sind also Satzinhalte wesentlich in Form von Propositionen organisiert. Da er sich für die satzsemantische Tiefenanalyse interessiert, spielen die Propositionen nicht als ganze, sondern in ihren Bestandteilen, d. h. den bei ihm als Sprecherhandlungen aufgefassten Teilakten Bezugnehmen und Aussagen eine wichtige Rolle. […] Während die Analyse der Wertigkeit des Verbs, welche an der syntaktischen Satzoberfläche ansetzt, die elementaren Bedeutungsdifferenzen aufdecken kann, eignet sie sich von Polenz zufolge nicht für die Aufdeckung der satzsemantischen Tiefenstrukturen, bzw. der „verdeckten Satzinhalte“. Eine solche tiefensemantische Analyse kann nicht mehr mit den Mitteln der syntaktischen, d. h. an der Satzausdrucksseite orientierten, Valenzgrammatik arbeiten, sondern muss die mit einem bestimmten Satzausdruck vermittelte verdeckte Satzinhaltsstruktur offenlegen.

Fuente: (Busse 2015: 107, 134)

2.3 Die zentrale Rolle der semantischen Proposition

Die semantische Proposition mit ihrem Prädikat und ihren Argumenten (bzw. semantischen Rollen) sind der Ausdruck von multidimensionalen Wissenskomplexen, die für den Sprachgebrauch verdichtet wurden. Zu der Aussage, die damit konstruiert wurde, trägt diese semantische und konzeptuelle Gliederung der phänomenalen Welt bei.

Von Polenz (32008) bietet in einer rein semantischen und sprachwissenschaftlichen Perspektive einen textbasierten Ansatz (von Polenz 32008: u. a. 290), um den Inhalt einer Aussage detailliert zu beschreiben. Er unterscheidet nämlich zwischen dem Gesagten (= dem Satz) und dem Gemeinten (= der semantischen Proposition). Was nicht ausgedrückt ist, ist, wie bei Foucault, der größte Anteil des Kommunizierten. Um diese nicht ausgedrückte Bedeutung zu erschließen und zu analysieren, entwickelt von Polenz in Anlehnung an Fillmore zwei Begriffe: die Prädikation und den Bezugsrahmen.

Die Prädikation mobilisiert ein Prädikat, das eine semantische Beziehung generiert, und zwar zwischen einer konzeptuellen Referenz – dafür wird ein Bezugsobjekt benötigt, welches vom Rest der Aussage profiliert wird, cf. Langacker 2008 – und einer modifizierenden semantischen Stelle. Die Prädikation ist in diesem Rahmen als das linguistische Grundgerüst einer Aussage zu betrachten.



Immer wenn man eine Prädikation/Aussage macht, mu[ss] es etwas geben, vorüber man das Prädikat aussagt. Dieses Etwas ist aber nicht von vornherein in der außersprachlichen Wirklichkeit mit seiner Aussage satzsemantisch konstituiert werden, ist Objekt einer Teilhandlung des Satzinhalts. Es ist sehr selten, da[ss] diese gegenstandskonstituierende Handlung metakommunikativ so ausdrücklich benannt wird […].

Fuente: (von Polenz 32008: 116)

Prädikationen kombinieren zwei bis mehrere sprachliche Einheiten, die auf konzeptuelle Strukturen verweisen, um eine vollständige linguistische Sequenz (einen Satz) zu bilden. Weil die Prädikation selten vollständig von der Aussage ausgedrückt wird, muss man analytisch den Bezugsrahmen berücksichtigen. Unter dem Bezugsrahmen versteht man eine konzeptuelle Struktur, die semantische Stellen mit finitem Inventar und Beziehungen ausstattet. In dem Satz “Ich esse einen Apfel.“ lassen sich die folgenden semantischen Stellen erkennen6:

Tabelle 1
Bezugsrahmen – essen
Bezugsrahmen – essen

Was nicht ausgedrückt wird, wird vom Kontext (cf. dazu von Polenz 32008: 131) explizit gegeben und ist sowieso im Bezugsrahmen enthalten oder im Frame. Dies könnte dementsprechend als erster Versuch eines avant la lettre linguistischen Frames verstanden werden. Ziem (2008) verweist in seiner Monografie zwar auf von Polenz, wenn er seine Definition von Frame skizziert, bleibt aber – anders als Busse (2012: 533–786) – relativ weit von der Satzsemantik entfernt:



Betrachtet man Frames als Bezugsrahmen, so unterscheiden sie sich sowohl von Bezugsrahmen der von Polenz’schen Satzsemantik als auch von Fillmores Kasusrahmen in ihrer transphrastischen Verweisstruktur: Leerstellen von Frames betreffen nicht Leerstellen, die sich allein auf der Satzebene angeben lassen; vielmehr bilden Texte oder Diskurse das Zugriffsformat, aus dem sich mögliche Bezugsstellen ableiten (Fraas 1996a; Konerding 2005; Lönneker 2003a; Ziem 2008). Frames beschreiben somit nicht die Bedeutung von Wörtern und ebensowenig die Bedeutung von Sätzen, sondern allenfalls die Bedeutung von Wörtern in Texten und die Bedeutung von Sätzen in Texten bzw. Diskursen.

Fuente: (Ziem 2008: 303–304)

An Ziem anknüpfend kann man festhalten, dass eine Proposition im Text Frames aufruft, und diese Frames bringen in den Sprachgebrauch die vollzogene Bedeutung (mit all ihren linguistischen, sozialen und epistemischen Komponenten) ein. Aus meiner Sicht ist dieses Postulat problematisch, da folgende Frage unbeantwortet bleibt: Wie werden Wissenselemente (also die diskursiven Komponenten des aktivierten Diskurses) von ihrer konzeptuellen Substanz in eine organisierte morphologische bzw. polylexikale und grammatische Sequenz überführt oder aktualisiert? Wie kann man diesen konzeptuellen Prozess identifizieren, analysieren und darstellen? Bis jetzt ist Ziem bspw. in einem seiner jüngsten Aufsätze (Ziem 2020) und den anderen Frame Semantikern dies m. E. noch nicht gelungen. Eine elegante Lösung wäre in strenger Anlehnung an von Polenz (32008) die Proposition als eine Etappe des konzeptuellen Prozesses der sprachlichen Produktion/Rezeption zu betrachten. In der Proposition werden die aktivierten Frames durch ihre Frame Elemente in eine Satzmatrix integriert. Die Satzmatrix wird aber nach diskursiven Drucken vorgeformt (dies ist die Position Busses 2012: 533–827). Die Satzmatrix wäre in diesem Kontext die Voraussetzung einer Argumentstruktur Konstruktion (Goldberg 2006, 2019).

3 Vorschlag einer Konstruktionsgrammatik als kognitive Diskurssemantik

Nach einer kurzen Definition des Begriffs Konstruktion wird ihr diskursives Potenzial gezeigt. In Abschnitt 3.3 wird die Konstruktionsgrammatik in die Diskurssemantik von Busse (siehe Abschnitt 2.2) integriert.

3.1 Zur sprachgebrauchsbasierten Konstruktion

Unter dem Begriff „Konstruktion“ muss man in diesem Beitrag in Anlehnung an Goldberg (2006, 2019), Tomasello (2003), Ziem/Lasch (2013) sowie Lasch (2016) eine epistemisch linguistische Struktur verstehen, die als Bedeutungsformpaar das Ergebnis aus dem Sprachgebrauch in ähnlichen Kommunikationssettings und soziokulturellen Konventionalisierungsprozessen ist (cf. auch Merten 2018).

Die Grundannahme der gebrauchsbasierten Konstruktionsgrammatik lautet wie folgt: Eine Sprache ist ein dynamisches und kognitives System, das aus Symbolen zusammengestellt wird (Tomasello 2003: 283). Diese Symbole können als multidimensionale Muster verstanden werden, i. e. es sind Kopplungen einer Funktion mit einer Form. Unter Funktion wird hier die semantische Definition eines Zeichens (etwa die Definition im Lexikon) und seine pragmatische Bedeutung (etwa die kontextuelle und situierte Bedeutung) verstanden. Unter Form wird die lexikalisch und grammatikalisch konventionalisierte Struktur eines Zeichens verstanden. Diese Muster entsprechen unterschiedlichen Abstraktionsstufen von Symbolen, und zwar von Morphemen (Booij 2010; Michel 2014; wie Flexionsmorpheme: Syntax > Syntakt[isch]) bis zu komplexen ArgumentstrukturKonstruktionen (Goldberg 2006, 2019; Lasch 2016; wie die TRANSFERKonstruktion: <[XAGENT]+[TRANSFER]+[ZBENEFACTIV]+[YAFFOBJEKT]> >, z. B. Ich gebe meiner Mutter ein Buch) (cf. Ziem/Lasch 2013: 19).

Diese Symbole bezeichne ich nachstehend als Konstruktionen. Nach Goldberg (2006: 5, 2019: 7)7 wird angenommen, dass sprachliche Einheiten, die (i) gänzlich, also in ihrer Funktion und in ihrer Form, vorhersagbar sind, und/oder (ii) mit einer gewissen Frequenz im Sprachgebrauch verwendet werden, als Konstruktionen gelten. Anders gesagt: Eine sprachliche Sequenz ist eine Realisierungsfolge von Konstruktionen unterschiedlicher Komplexitätsgrade, die mit dem Sprachgebrauch konventionalisiert, sedimentiert und abstrahiert wurden. Folglich ist das ganze sprachliche System ein Netzwerk von organisierten Konstruktionen. Analog zum Aufbau eines Satzes, in dem Konstruktionen verknüpft werden, werden unterschiedliche Konstruktionen in der Kognition (wahrscheinlich) in einem komplexen und hoch dynamischen Netzwerk gespeichert. Das Ziel der gebrauchsbasierten Konstruktionsgrammatik besteht darin, einzelne Konstruktionen zu identifizieren, ihre Konventionalisierungsprozesse zu beschreiben und ihren situierten Gebrauch – sowohl in der Kommunikation als auch in der Kognition (Feilke 1996: 20) zu erfassen (cf. Lasch 2014: 93–94).

Dafür haben Ziem/Lasch (2013: 110–142) und ferner Lasch (2016) die Satzsemantik von von Polenz (32008) in die epistemologische Struktur der Konstruktion (hier: ArgumentstrukturKonstruktion) eingeführt. Nach von Polenz (32008) lässt sich eine Aussage auf eine basale semantische Struktur mit einem Prädikat und einem oder mehreren Argumenten (= semantischen Rollen8) reduzieren.9 Damit wurde „ein robustes und nachvollziehbares Modell zur Analyse von Konstruktionen (und vor allem von Konstruktionsbedeutungen)“ (Lasch 2015b: 134) entwickelt, mit Hilfe dessen sich die kommunikative Funktion von Konstruktionen besonders gut analysieren, generalisieren und darstellen lässt.

Das Modell verzichtet auf die Untersuchung der rein syntaktischen Strukturierung von Konstruktionen (wie bei Croft 2001) und erfasst stattdessen die soziokommunikativen Bestandteile des Konstruktionsgebrauchs. Die Erfindung (in der Funktion) ähnlicher konkreten Instanzen einer Konstruktion erlaubt eine Generalisierung, die eine Konstruktion ist. Diese erfundene Konstruktion ist dann in das Konstruktionsnetzwerk implementiert (cf. Lasch 2016; Lyngfelt et al. 2018; Bach 2020a, 2020b).

3.2 Das diskursive Potenzial der Konstruktion bzw. des Konstruktikons

Wenn man annimmt, dass Sprache primär ein kommunikatives Werkzeug und eine Konstruktion ein Funktionsformpaar ist, kann man in Erwägung ziehen, dass Konstruktionen ein diskursives Potential besitzen.



[Es lässt sich postulieren], dass erstens grammatische Konstruktionen gleichermaßen von der individuellen Kognition und übergreifenden sozialen Fähigkeiten abhängen, sie zweitens in der semiotischen Gestalt einer dreigliedrigen Einheit mit den Eckpunkten Form, Bedeutung und Sprachgemeinschaft auftreten, drittens Bedeutungen von Konstruktionen enzyklopädischer Natur sind und viertens als das Ergebnis von Konzeptualisierungsleistungen innerhalb eines kommunikativen Handlungszusammenhangs anzusiedeln sind.

Fuente: (Ziem 2015: 13)

Ausgehend von dieser theoretischen Positionierung, nimmt man infolgedessen an, dass der Konstruktionserwerb nicht nur ontogenetisch ist, sondern die Summe kultureller Prozesse ist, die durch soziale Routinen und Normen eine Gesellschaft bestimmen. Der nächste Schritt in diesem Paradigmenwechsel ist die Umwandlung einer internen Perspektive der Konstruktion wie bei Goldberg (2006, 2019), Croft (2001) oder Langacker (2008) zu einer externen Perspektive der Konstruktion:



Um die Formund Bedeutungsseite einer Konstruktion aufzuschließen, wird mit einem Modell gearbeitet, das im Wesentlichen auf die Modelle zur Darstellung der internen Struktur von Konstruktionen bei Goldberg (1995 u. ö.) und Croft aufbaut (2001 und wieder 2013, 225; zusammenfassend Boas 2013, 234–239). Darüber hinaus werden die Prämissen der von Polenz’schen Satzsemantik (in der aktuellen Auflage von 2008) implementiert (in Bezug auf das Modell cf. Ziem/Lasch 2013, 110–142 und Lasch 2014a). Die Konzepte des Aussagerahmens, des Prädikationsrahmens, der Prädikatsklassen und semantischen Rollen entwickelt von Polenz im Anschluss an die Fillmore’sche Kasusgrammatik (Fillmore 1968), die auch die Goldberg’sche Konstruktionsgrammatik wesentlich beeinflusst. Mit ihrer Hilfe lässt sich die Bedeutung von Konstruktionen – die konzeptuell und terminologisch innerhalb der Konstruktionsgrammatik(en) immer nochnicht zufriedenstellend gefasst ist – analysieren. Damit ist dann nicht nur eine Beschreibung der Struktur von Konstruktionen möglich, sondern auch ihre Vernetzung im so genannten Konstruktikon, das semantische und formale Beziehungen berücksichtigt, darstellbar.

Fuente: (Lasch 2015a: 513)

Mit Alexander Lasch (2016) operiert die gebrauchsbasierte Konstruktionsgrammatik an der Schnittstelle zwischen den kognitiven Aspekten einer Konstruktion (in Verbindung mit der Frame Semantik, cf. Lasch 2019) und den sozio kommunikationellen Fundamenten derselben Konstruktion. Durch die Integration des von Köller (2004) entwickelten Konzepts von Perspektivität führt dies auch zur Modifizierung der Konstruktionsdarstellung. Die kognitive Perspektivität und die kommunikative Perspektivität sind zu unterscheiden:



Von der kommunikativen Perspektivität können wir immer dann sprechen, wenn wir uns auf der Analyseebene der Sprachverwendung danach fragen, in welcher Wahrnehmungsperspektive konkrete Vorstellungsinhalte für einen Adressaten objektiviert werden. Wir interessieren uns dann für das konkrete Produkt eines sprachlichen Objektivierungsund Sinnbildungsvorgangs. […] Von der kognitiven Perspektivität sprachlicher Formen können wir dagegen immer dann sprechen, wenn sich unser Analyseinteresse nicht gegenstandsthematisch auf die Gestaltung konkreter Sachvorstellungen richtet, sondern reflexionsthematisch auf die konventionalisierte immanente Perspektivität der sprachlichen Muster, mit denen wir konkrete Vorstellungen objektivieren. Die Frage nach der kognitiven Perspektivität sprachlicher Formen zielt also auf die Struktur des kollektiven Wissens, das sich in sprachlichen Mustern verfestigt hat und das die kommunikativen Perspektivierungsmöglichkeiten dieser Muster vordeterminiert.

Fuente: (Köller 2004: 21–22)

Was die Konstruktionsgrammatik betrifft, bietet die Integration des Perspektivität Begriffs die Möglichkeit, authentische Realisierungen der Konstruktion als kommunikative Instanzen in der phänomenalen Welt darzustellen. Die kognitive Perspektivität ist die klassische Darstellung einer Konstruktion und die kommunikative Perspektive zeigt dem Leser Belege der sprachlichen Realität.

Die TRANSFER Konstruktion nach Lasch
Abbildung 1
Die TRANSFER Konstruktion nach Lasch

Die Darstellung der Konstruktion ist in drei Ebenen geteilt:

Diese Darstellung wird also zur Basis für die Einbeziehung der Konstruktion in das analytische Mittel der Diskurssemantik. Die von Sprecher:innen bzw. Diskursakteur:innen aktive Wahl einer Konstruktion entspricht (i) einer diskursiven Positionierung (ich wähle diese und keine andere Konstruktion) und (ii) einer vom Diskurs konstruierten sozialen Nachfolge in der kommunikativen Situation (wegen der Erwartung der Hörer:innen) (cf. Feilke 1996: 34):



Man kann das Genitivattribut als Konstruktion analysieren, ohne dabei auf die kontextelle [sic!] Einbettung (im Text oder Diskurs) achten zu müssen. Andererseits ist die hohe Auftretenshäufigkeit der lexikalisch teilspezifizierten Konstruktion [[NP]+[[DETGEN]+[Lebens]]] im Diskursausschnitt bemerkenswert. Hypothesen wie die, dass die Realisierungen dieser spezifischen Konstruktion typisch für einen Diskursausschnitt seien, die Auftretenshäufigkeit die Konstruktions bedeutung entscheidend mit beeinflusse und dass sich Diskurspositionen von Diskursakteuren auch auf der Ebene kleinerer syntaktischer Einheiten rekonstruieren lassen, lassen sich ableiten. Die an der geschriebenen Sprache ausgerichteten gebrauchsbasierten Ansätze der Konstruktions grammatik stellen Thesen wie diese in der Regel nicht auf, da sie zum einen pragmatische Aspekte in der Konstruktionsbedeutung, wie hier am Beispiel des Genitivattributs, eher nicht berücksichtigen. Zum anderen ist die Frage, ob man aus der Erschließung der Konstruktionsbedeutung von [[NP]+[[DETGEN]+[NPGEN]]] in der teilspezifizierten Form [[NP]+[[DETGEN]+[Lebens]]] einen Gewinn für die grammatische Beschreibung ziehen kann.

Fuente: (Lasch 2015a: 518f., Hervorheb. i. O.)

Kontext, pragmatische Aspekte, diskursive Positionierung durch Aktivierung bestimmter lexikalischer Muster etc. sind m. E. Beweise für eine Einbettung der Konstruktionsgrammatik in die Diskurssemantik. Dies ergibt noch mehr Sinn, wenn man das Konstruktikon als diskursives Ensemble (Foucault 1971) betrachtet, das ein Individuum durch linguistische, soziale oder epistemische Komponenten aktivieren kann, um die adäquate Konstruktion (nach der Gebrauchs frequenz und ihrem Konventionalisierungsgrad) auszuwählen (cf. die empirischen Befunde zur französischen Konstruktion <[aller]+[sur]+[Paris] in Bach 2020a).



Gebrauchshäufigkeiten geben Hinweise auf den diskursspezifischen Gebrauch von Konstruktionen, besondere Prägungen ihrer in diesen Kontexten aktualisierten Bedeutungen zeigen semantische Spezifizierungen von Konstruktionen an, die sich für einen Kontext als typisch erweisen können. Mit anderen Worten: Die Analyse von Konstruktionen und Realisierungen von Konstruktionen als konventionalisierten sprachlichen Einheiten mit dem Blick auf ihre Bedeutung unter Berücksichtigung ihrer Kontextualisierung verfolgt ähnliche Ziele wie die Diskurs linguistik, nur gewissermaßen auf einer Ebene, die bisher in der Diskurslinguistik nicht die entscheidende Rolle spielte.

Fuente: (Lasch 2015b: 134)

3.3 Konstruktionen: Kultur – Diskurs – Kognition

Es wurde bereits gezeigt, dass Konstruktionen soziokognitive Schemata sind, die aus Handlungen der phänomenalen Welt generiert wurden. Als solche ermöglichen Konstruktionen Sprecher:innen, über die phänomenale Welt, Individuen, Szenen und Objekte zu reden, Geschichten zu erzählen etc. (Tomasello 2008; cf. bspw. Hilpert 22019: 31–35). Zunächst einmal sind Konstruktionen epistemisch sprachliche Formationen von kommunikativen Handlungen (Bickes/Busse 1987), die konventionalisiert und routinisiert wurden. Sie entsprechen quasi Sprachhandlungsmustern (Holly 2017), die eine soziokommunikative Gestalt mit einer konventionalisierten linguistischen Matrix verbinden. Dieses Paar wird im kulturellen Gedächtnis einer Gemeinschaft gespeichert und später vom Diskurs normiert. Die Verankerung eines Artefaktes im Diskurs resultiert auch aus seiner Sedimentierung und dementsprechend seiner Verfestigung als Norm. Eswird eventuell von neuen Generationen gelernt und weitergegeben (Merten 2018: 147).

Konstruktionen sind Belege sowohl der soziokognitiven Fähigkeiten von Individuen (Ontogenese) als auch der kulturellen Basis ihrer Gesellschaft (quasi Phylogenese). Texte sind also kulturelle Artefakte, die ein Zwischenergebnis zwischen dem kognitiven Prozess der Produzent:innen und der Rezeption von Leser:innen sind.



Die Vorstellung, dass das kulturelle Gedächtnis eine „medienvermittelte Weitergabe und Modifikation von Wissen“ ermöglicht, bietet so eine Idee sowohl von Wissensspeicherung als auch von der Verarbeitung und Verfügbarmachung von Wissen […] Dies ermöglicht eine Verknüpfung sowohl von kognitiven Strukturen auf der anderen Seite, denn ein „wesentlicher Sinn von Wissen“ [Lakoff 1987: 370f.] besteht in der kommunikativen Weitergabe. Vertextung ist damit ein Prozess der Manifestation von kognitiven Wissensbeständen und mit dem dabei entstehenden Produkt Text liegt schließlich ein befragbarer Wissensträger vor.

Fuente: (Schultz-Balluff 2018: 63)

Davon ausgehend kann man annehmen, dass die framesemantischen Komponenten einer Konstruktion eine kommunikative und kognitive Kategorie bilden, die aus dem und im Diskurs konstruiert wurden und dementsprechend mit der Kultur10 stark verbunden sind. Sie instanziieren Rollen als Mikro Frames bzw. Frame Elemente, die auch als Diskursrollen (Müller 2015) verstanden werden. Kurz: Die argumentalen Rollen sind Frame Elemente und die wiederum sind Diskursrollen. Müller (2015: 37) definiert die Diskursrollen als „soziokommunikativ begründbare Gruppenetikette […], die zwar in vielen Fällen mit festen Statusrollen (,Arzt‘, ‚Biologe‘, ‚Theologe‘) übereinstimmen, sich aber in der geschilderten Weise erst im Handlungszusammenhang gesellschaftlich prozessierter Diskurse manifestieren.“ Ich würde in diesem Zu sammenhang hauptsächlich drei Rollenkategorien vorschlagen:

Diese drei Rollenkategorien sollen an die Analyse angepasst werden (cf. auch Müller 2015: 40– 41): Für die Analyse des Klimarealismusdiskurses11 braucht man Kategorien für die Klimaaktivist:innen (als Einzelmenschen und als politisch engagierte Individuen), für die Regierung, für das Objekt Klima, für die Zeitperiode, für die geographische Zone etc. Die Anwendung eines Objektes und seine Instanziierung in einer Szene wird sich je nach Diskursakteur:in un terscheiden, was m. E. diskursiv gestaltet ist. Die durch die Sprachgemeinschaft/Gesellschaft normierte Intentionalität des Sprechenden wird durch bestimmte Konstruktionen sprachlich realisiert. Diese Verwirklichung ist nicht nur eine aktive Positionierung vom Individuum gegen ein Objekt in einer Situation, sondern auch der Ausdruck von systemischen Grundstrukturen. Diese fest verankerten Mechanismen werden von systemischen Grundstrukturen einer Gesellschaft und Kultur geregelt.

Von hoher Relevanz in unserem Kontext ist die Integration solcher Diskursrollen in funktionale Strukturen, die sich nach einem grammatikalischen Prozess lexikalischen Solidaritäten entwickeln. Die sprachlichen Strukturen wurden sprachliche Muster und werden danach als Diskursmuster eines Diskurses gespeichert und erkannt (cf. Müller 2018: 85–91). Die bewusste Verwendung bestimmter Muster oder die Auswahl bestimmter Lexeme für einen Slot spiegeln soziale Normen, Machtprozesse, Alienationen etc. wider. Zum Beispiel würden manche Akteur:innen auf Französisch den Begriff Droits de l’Homme (wörtlich ‚Männerrechte‘) vorzugsweise gegen Droits de l’Humain (‚Menschrechte‘; wie im Englischen human rights) bzw. Droits des Humains (‚Menschenrechte‘) austauschen (Libération 2015). Aus Sicht mancher Feminist:innen zeigt die aktuelle Bezeichnung die systematische Unterdrückung der Frauen.12 Anhand dieses Beispiels lässt sich folgendes ableiten: Diskursakteur:innen werden durch die diskursive Konstruktion eines Objektes (hier im Beispiel die Menschenrechte) von anderen Diskursakteur:innen unterdrückt. Ein weiteres Beispiel hierfür ist die grammatikalisierte Auseinandersetzung zwischen den Klimaaktivist:innen, die sich für das Klima einsetzen, und den Klimarealist:innen, die den menschlichen Einfluss auf den Klimawandel leugnen. Solche lexikalischen Konstruktionen entsprechen der Widerspiegelung von gegensätzlichen Diskurspositionen (cf. für andere Beispiele Müller 2018: 98).

Durch die Verwendung bestimmter Konstruktionen werden gewisse Diskursrollen realisiert. Die Wahl einer Konstruktion ist nicht nur grammatikalisch, sondern auch situationell (Kontext, Individuen etc.) und diskursiv verankert (Müller 2015: 307). Somit ist ein Bezug zur Diskursgrammatik festzustellen (Müller 2018; Wilk 2021). Eine solche konstruktionsgrammatische Untersuchung dient der semantischen Analyse diskursiver Strukturen mit dem Ziel eine historische und sozio-kulturelle Oberstruktur (sprich: einen Diskurs) zu beschreiben.

Kommen wir also zum Bezugsrahmen nach von Polenz (32008: 130–143) zurück, der den Bezugsrahmen als kognitiven Ort versteht, an dem die Mitglieder einer Gesellschaft die relevanten Wissenssegmente fürs Verstehen einer Aussage finden (cf. ins. von Polenz 32008: 131–133). Der Bezugsrahmen ist dementsprechend eine kognitive Struktur, die aus konzeptuellen Teilelementen zusammengestellt wird. Er ist Teil einer Kultur und wird von den Vertreter:innen einer sozialen Gruppe geteilt, die ihn zum Kommunizieren benötigen. Im Allgemeinen könnte man schlussfolgern, dass der Bezugsrahmen ein epistemisch soziallinguistischer Frame ist (cf. Bach 2022). Diesen Aspekt näher zu beschreiben, würde über das Ziel dieses Beitrags hinausgehen. Es reicht aus festzuhalten, dass man den Bezugsrahmen als konzeptuelle Diskurs Instanz betrachten kann.

Der Bezugsrahmen lässt sich in diesem Zusammenhang als eine Schnittstelle zwischen den Kommunizierenden einer Gesellschaft und einer Kultur bezeichnen. Gesellschaft und Kultur sind in diesem Beitrag als inerte Strukturen, die aus tiefen und stabilen Konzepten zusammengesetzt werden, verstanden. Im Gegensatz dazu ist Diskurs eine aktive Struktur, die auf Kultur und Gesellschaft basiert und außerdem in der Lage ist, diese gegebenenfalls zu verändern. Diskurs modifiziert und erzeugt dynamische Konzepte oder Wissenssegmente, sodass sie jede:r Kommunikationsteilnehmer:in gleichzeitig (aber je nach Expertengrad unterschiedlich) zur Verfügung stehen. Die soziolinguistischen Gestalten, die Kommunikationsteilnehmer:innen verwenden, sind epistemischlinguistische Paare, die kulturell geprägt sind. Analytisch gesehen, ist demnach eine konstruktionsgrammatische Analyse mit unterschiedlichen Abstraktionsstufen ein Zugang zu dem aktivierenden Diskurs und der Kultur der Kommunizierenden.

Hinsichtlich des Klimarealismusdiskurses soll das folgende Beispiel die vorliegenden Überlegungen exemplarisch darstellen. Die Klimarealistin Naomi Seibt veröffentlicht regelmäßig (hauptsächlich englischsprachige) Videos zu unterschiedlichen Themen auf YouTube (Seibt 202013). Sie beendet ihre Videos häufig mit dem Satz „I don’t want you to panic, I want you to think“, was als „Antwort“ auf die berühmte Ausssage „I want you to panic“ von Greta Thunberg, der weltweit bekannten Klimaaktivistin, interpretiert werden kann.

Die Aussage von Naomi Seibt kann in erster Instanz in zwei DoppelArgumentstrukturKonstruktionen zerlegt werden:

<[AG1]+[NEG[HANDLUNG1]]+[AG2]+[HANDLUNG2] + [,] + [AG1]+[HANDLUNG1]+[AG2]+[HANDLUNG3]>

Die erste Konstruktion (nämlich: I don’t want you to panic) trägt eine diskursive Bedeutung. Sie entspricht einer Gegenposition zur ursprünglichen Aussage I want you to panic, die selbst schon eine diskursive Resonanz trägt. Als Thunberg diesen Satz in ihrer Rede im Rahmen des World Economic Forum 2019 in Davos sagte, drückte sie damit auch eine besondere diskursive Positionierung aus. Dies umfasst einerseits auf sozialer Ebene die Darstellung als junge Frau gegen mehrheitlich ältere Männer und gleichzeitig als Vertreterin der globalen Bevölkerung gegen Vertreter:innen einzelner Länder und Unternehmen; und anderseits auf kultureller Ebene die Positionierung als Hauptfigur einer starken Bewegung gegen den Klimawandel, die seit 2015 international an Bedeutung gewonnen hat. Somit positioniert sich Thunberg als eine Diskursakteurin (semantisch: AGENT, Klimaaktivistin, jung, Frau, europäisch, arbeitslos), die mit anderen Diskursakteuren (semantisch: AGENT, alt, Mann, westlich, Unternehmens, Staatsund Regierungschefs) über ein AFFIZIERTES OBJEKT (= das Klima) austauscht. Diese Kommunikationssituation wird als Diskursevent im kollektiven Wissen der Gesellschaft abgespeichert und in den Bezugsrahmen der Konstruktion von Seibt integriert.

Die neue Konstruktion basiert also auf (i) der ersten Konstruktion von Thunberg und ihrem diskursiven Fundament, und (ii) der eigenen diskursiven Positionierung der Klimarealistin. Dies wird in der Doppel Argumentstruktur Konstruktion mit der Negation realisiert: I don’t want you to panic. Was Seibt negiert, ist aber weitreichender als die einfache Handlung, sie widerspricht der Diskurswelt (Schultz-Balluff 2018) des Klimaaktivismus. Die Reichweite der Konstruktion ist nicht propositional, sondern diskursiv.

Diese Perspektive wird mit der zweiten komplexen Konstruktion (I want you to think) weitergedacht.14 Die zweite Konstruktion ist von der Bedeutung her zentral. Bei Thunberg sind Die Zuschauer:innen passiv, weil sollten machen sie, was die soziokulturell konstruierte Figur (= Thunberg) sagt. Bei Seibt bekommen Zuschauer:innen eine aktive Rolle in der diskursiven Situation.

Dies kann man konstruktionsgrammatisch an zwei Stellen zeigen. Zunächst einmal ist das Prädikat der zweiten Teil Konstruktion anders: Bei Thunberg ist es ein ZUSTANDSPrädikat; bei Seibt ein HANDLUNGSPrädikat. Zweitens unterscheidet sich die semantische Rolle der Zuschauer:innen: Bei Thunberg sind sie EXPERIENCEUR; bei Seibt sind sie CONTRAAGENT.

Tabelle 2
G. Thunberg vs. N. Seibt, ein konstruktioneller Konflikt
G. Thunberg vs. N. Seibt, ein konstruktioneller Konflikt

Diese konzeptuelle und konstruktionelle Unterscheidung macht sich auch in der phänomenalen Welt bemerkbar. Seibt drückt aus, dass Thunberg protestiert und sich der globalen Ordnung widersetzt, während Seibt mit ihren Livestreams Synergien mit ihrer Gemeinschaft schafft und andere Lösungsansätze bietet. Beide Konstruktionen tragen eine diskursive Funktion: Die Bedeutung stricto sensu ist Teil der Proposition, aber die implizite Bedeutung – die zwischen den Zeilen – findet sich im Diskurs wieder.

Dabei ist festzuhalten, dass „[d]ie Satzgrenze nicht die Grenze der konstruktionsgrammatischen Analyse [darstellt].“ (Merten 2018: 167, 268) Man sieht hier schon, dass eine konstruktionelle Erweiterung des semantischen Werkzeugs der Diskurslinguistik bzw. Diskurssemantik großes Potential besitzt. Man kann von einer propositionellen Sicht auf die Strukturierung und Realisierung des Diskurses in soziale Artefakte profitieren. Sicherlich ist eine bloße konstruktionsgrammatische Analyse für eine globale Diskursanalyse nicht hinreichend, sie ist aber eine aussagekräftige und notwendige Ergänzung. Das trifft auf das zu, was Busse als reiche Diskurssemantik (2000: 39) bezeichnet, welche sich mit Frames und Konstruktionen operationalisieren lässt, um damit dem „Sisyphosschicksal der Konstruktionsgrammatik“ (Wilk 2021: 23) zu entgehen:



Erster Anla[ss] zur Beschäftigung mit den Möglichkeiten und theoretischen wie methodischen Grundlagen einer linguistisch semantisch reformulierten Diskursanalyse war für mich ein Arbeitsprojekt, welches die Überschrift „Bedeutungssysteme“ trug. Dieses Stichwort zielte auf eine Semantik, welche sich aus den Beschränkungen einer eng gefassten Wortsemantik befreien sollte, wie sie im linguistischen Mainstream der siebziger Jahre vorherrschend war. Gemeint war eine”reiche“ Semantik, welche die methodologischen Grenzen einer isolierten Betrachtung von Einzelwortbedeutungen und einer reduktionistischen Komponentensemantik überschreiten sollte, und die deshalb programmatisch und theoretisch gegen die linguistisch semantischen Hauptströmungen formuliert werden und sich durchsetzen musste. Auch wenn diese Polarität auch heute noch für große Bereiche der linguistischen Bedeutungsforschung fortbesteht, so ergeben sich aus Sicht der jetzigen bedeutungstheoretischen Diskussionslage doch auch überraschende Anknüpfungspunkte zwischen dem vor über zwanzig Jahren von mir anvisierten Ziel der Analyse von”Bedeutungssystemen“ und der linguistischen Avantgarde von heute: es erscheint ein direkter Anschluss möglich an die Analyse „semantischer Netze“ und „Wissensrahmen“ (frames) der heutigen kognitiven Semantik, die (aus anderen Motiven) ebenfalls die Konzeption einer „reichen“ Semantik über die Komponentenanalyse und wortsemantischen Beschränkungen der traditionellen Linguistik hinaus vertritt.

Fuente: (Wilk 2021: 23)

4 Fazit und Ausblick

Aufbauend auf die Diskurssemantik von Busse (2000, 2015) und Lasch (2015a, 2015b, 2016; ferner Merten 2018) wurde in diesem Beitrag eine Erweiterung der Diskurssemantik durch Konstruktionen vorgeschlagen. Mit dem grundsätzlichen Postulat der „Sprache als soziale Gestalt“ zwischen Kommunikation und Kognition (Feilke 1996) und der vertretenen These, dass Sprache ein Konstruktionssystem ist, ist festzuhalten, dass

Mit anderen Worten: Konstruktionen sind per se diskursiv und einige Konstruktionen können je nach ihrer Verwendung eine textuelle oder diskursive Funktion erfüllen. Die theoretische Diskussion zeigt, dass die Konstruktionsgrammatik ein interessantes und fruchtbares Werkzeug einer kognitiven Diskurssemantik ist.

Es konnte gezeigt werden, dass mehrere Faktoren für eine epistemologische und methodologische Integration der Konstruktionsgrammatik in die Diskurssemantik sprechen. Ein Desiderat ist jedoch noch, dass dieser theoretischen Implementierung eine gründliche Korpusstudie eines Diskurses folgt, um die oben dargelegten Elemente empirisch zu bestätigen. Ausgehend von dieser Validierung sollten dann interdisziplinäre Überlegungen (Linguistik, Soziologie, Psychologie etc.) zur kognitiven Linearisierung zwischen Frames, Konstruktionen, Mustern und Terminologie in einer Textsorte angestellt werden, um die verschiedenen tieferen Mechanismen, die bei der Sprachproduktion eine Rolle spielen, besser zu verstehen.

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Fußnote

2 Die drei erwähnten Komponenten des Diskurses wurden hier nur oberflächlich ausgearbeitet; cf. Bach (2022: 29–57) für eine breitere Diskussion.
3 Der Ansatz ist infolgedessen kein diskurslinguistischer, sondern eine kognitive, semantische Herangehensweise an den Diskurs.
4 Schultz Balluff (2018: 141f.) liefert in Anlehnung an Busse die Beschreibung einer solchen Methode. 5. „La proposition est au langage ce que la représentation est à la pensée : sa forme à la fois la plus générale et la plus élémentaire, puisque, dès qu’on la décompose, on ne rencontre plus le discours, mais ses éléments comme autant de matériaux dispersés. Audessous de la proposition, on trouve bien des mots, mais ce n’est en eux que le langage s’accomplit.“ (Foucault 1966: 107)
6 Zur Methode für eine reiche semantisch Interpretation einer Aussage: „Wir gehen von außersprachlichen Wissensbeständen aus und fragen dann danach, in welchen verschiedenen Stufen Teile eines Wissensbestandes in konkreten sprachlichen Äußerungen überhaupt realisiert werden“ (von Polenz 2008: 131).
7 Any linguistic pattern is recognized as a construction as long as some aspect of its form or function is not strictly predictable from its component parts or from other constructions recognized to exist. In addition, patterns are stored as constructions even if they are fully predictable as long as they occur with sufficient frequency.“
8 Zu den semantischen Rollen in der Satzsemantik: von Polenz 2008: 167–174 (zusammenfassend: Ziem/Lasch 2013: 124–127).
9 Dies ist für unser Unternehmen zentral, weil die Annahme im Kern der Frame Semantik nach Busse steht; cf. Busse 2012: 522–532.; auch Ziem 2013.
10 Kultur ist in diesem Beitrag wie folgt definiert: Kultur ist eine tiefe Sedimentation (i. e. über mehrere Generationen) stabilisierter sozialer Handlungen und Mechanismen in einer Gruppe von Individuen. Sie ermöglicht es den Individuen einer sozialen Gruppe, die Zugehörigkeit zu einer gemeinsamen Identität zu beanspruchen und sich als Peers dieser Gruppe anzuerkennen.
11 Klimarealismus ist eine Bewegung gegen die Klimaschutzbewegung. Die Klimarealisten sind aber, in der The orie zumindest, keine Klimawandlungleugner; sie sind hauptsächlich mit der Idee nicht einverstanden, dass die modernen Lebensstile die Klimawandlung erzeugt haben. Dies enthält aber schon eine Perspektivierung auf eine Gruppe!
12 Man sieht hier, dass man den Unterdrücker (also die Männer) in dem Ausdruck „Unterdrückung der Frauen“ nicht explizit nennen muss. Diese Information ist nicht in der Konstruktion selbst, sondern im Bezugsrahmen gespeichert. Durch die häufige Verwendung des Ausdrucks im Diskurs ist dieser Aspekt in die globale Bedeutung der Aussage eingegangen.
13 Die Sammlung des Korpus erfolgte im Sommer 2020, seine Analyse im November und Dezember 2020. Zwischen diesem Zeitraum und der Veröffentlichung dieses Beitrags Ende 2022 wurde Seibt’s YouTube Seite und ihr Inhalt von YouTube wegen „Verstoßes gegen die YouTube Community Richtlinien“ entfernt. Die Videos sind daher nicht mehr zugänglich.
14 Hier ist das Komma ein graphemisches Zeichnen, das die Rolle eines Diskurskonnektors spielt (Merten 2018).
1 Kommunikation lä[ss]t sich unter prozessualen Aspekt analog zur Wirkung eines Brennglases, einer Konvex linse, beschreiben; sie erzeugt einen virtuellen Punkt der Konvergenz von Orientierungen. Ein Brennglas lenkt die einfallenden Lichtstahlen zugleich in ihrer Eigenbewegung ab und bündelt sie. Analog bedeutet dies: Konvergente Orientierungen sind ausschließlich Produkt von Kommunikation. Sie setzen allerdings, wie bei der Optik des Brennglases auch, bereits parallele Orientierungen voraus. Nur das parallel einfallende Licht kann im Brennpunkt zusammenkommen.“ (Feilke 1996: 57; Herv. i. O., MB)
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