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Feste Wortverbindungen in Forschung und Lehre: Phraseologismen, Kollokationen und Verwandtes. In Erinnerung an Saulius Lapinskas (1954–2014). Internationale wissenschaftliche Tagung an der Universität Vilnius

Die weitgefasste wissenschaftliche Auffassung von festen Wortverbindungen in der ge- schriebenen und gesprochenen Sprache sowie moderne Definition(en) erlauben es den Sprachforschern, diese unter verschiedenen Aspekten − syntaktischen, lexikologischen, lexikographischen, stilistischen, pragmatischen, kontrastiven oder didaktischen − und in verschiedenen Bereichen des Sprachgebrauchs zu untersuchen. Die Erforschung von Phraseologismen im Sinne von festen Wortverbindungen bzw. Phrasemen erfährt in den letzten Jahren vielseitige Anregungen durch neue Forschungsansätze und gewinnt neue Perspektiven durch deren Anwendung in korpusbasierten Untersuchungen.
Die wissenschaftliche Tagung „Feste Wortverbindungen in Forschung und Lehre: Phraseologismen, Kollokationen und Verwandtes. In Erinnerung an Saulius Lapinskas (1954–2014)“ wurde am 11.−12. Oktober 2019 vom Lehrstuhl für Deutsche Philologie an der Universität Vilnius veranstaltet. Das für die Tagung gewählte Thema verweist auf die langjährige lebendige und produktive Forschungstradition am Lehrstuhl für Deutsche Philologie. Feste Wortverbindungen – vor allem Phraseologismen im weiteren Sinne des Phänomens – sind seit zwei Jahrzehnten einer der wissenschaftlichen Schwerpunkte der Germanistik an der Universität Vilnius. Der Begründer dieser Forschungsrichtung am Lehrstuhl für Deutsche Philologie war Saulius Lapinskas. Die wissenschaftliche Ta gung, die in Erinnerung an Saulius Lapinskas an der Universität Vilnius veranstaltet wurde, hat eine Möglichkeit geboten, Festes und Formelhaftes in der Sprache unter verschiedenen Aspekten zu erfassen und die aktuellen Tendenzen und Entwicklungen auf diesem linguistischen Gebiet zu diskutieren.
Im Rahmen der Tagung in Vilnius präsentierten 43 Referentinnen und Referenten aus zehn Ländern (Dänemark, Deutschland, Finnland, Griechenland, Kroatien, Litauen, Polen, Russland, Slowenien und Tschechien) ihre Projekte und Forschungsergebnisse zu verschiedenen Formen des Festen und Formelhaften in Sprache(n). Der gemeinsame Themenbereich brachte an der Tagung nicht nur die Vertreter der Germanistik, sondern auch die der Anglistik, Lituanistik und Skandinavistik zusammen. In den 37 Vorträgen wurden von den Referentinnen und Referenten der Tagung verschiedene Schwerpunkte aus dem breit gefächerten linguistischen Bereich Phraseologie behandelt und diskutiert.
Nach Grußworten der Dekanin der Philologischen Fakultät Prof. Dr. Inesa Šeškauskienė und der Leiterin des Lehrstuhls für Deutsche Philologie Dr. Vaiva Žeimantienė wurde die Tagung mit einem Plenarvortrag von Prof. Dr. Dr. Csaba Földes (Universität Erfurt) „Figuratives in der auslandsdeutschen Pressesprache“ eröffnet, in dem ein Aspekt von dem am Lehrstuhl für Germanistische Sprachwissenschaft der Universität Erfurt bearbeiteten variationslinguistischen Projekt vorgestellt wurde. Der Schwerpunkt des Vortrages lag auf den Besonderheiten von Pressetexten im dynamischen Schnittfeld von zwei (oder mehreren) Sprachen und Kulturen und behandelte die journalistischen Handlungsmöglichkeiten undformen unter spezifischen Bedingungen von Mehrsprachigkeit und Interbzw. Transkulturalität an Textbeispielen aus den auslandsdeutschen Druckmedien in Russland, Ungarn und Kasachstan. Im inhaltlichen Fokus der Präsentation standen figurative Sprachbzw. Kulturzeichen und Umgang mit ihnen, dargestellt an verschiede- nen Belegen aus der Pressesprache.
Einen thematischen Anschluss an den Plenarvortrag in Bezug auf den Gebrauch von festen Wortgruppen in der Pressesprache bot der Vortrag von Mariann Skog-Södersved (Universität Vaasa) und Anita Malmqvist (Universität Umeå), in dem die Kollokationen in Leserbriefen Der Zeit untersucht werden. Die Referentinnen gingen auf den Gebrauch und Funktion von Kollokationen in der meinungsbetonten Textsorte ein und behandelten die Frage, ob die Kollokationen zur Unterstützung der Argumentation und zum Ausdruck der Wertungen eingesetzt werden können. Der Beitrag basierte auf der Annahme, dass Kollokationen wegen ihrer geringen Idiomatizität besser als die idiomatisierten Wortgruppen den Textinhalt widerspiegeln. Die argumentierende Funktion der bereits idiomatisierten Wortgruppen in Pressekommentaren bildete auch den Gegenstand der Untersuchung von Joanna Woźniak (Adam-Mickiewicz-Universität Poznań). Die Re- ferentin stellte die These auf, dass phraseologische Einheiten die Aufmerksamkeit der Rezipienten wecken und zur Meinungsbildung der Leserschaft beitragen können, in-dem sie Emotionen erregen und zum besseren Verständnis von schwer durchschaubaren Zusammenhängen eines Sachverhalts beitragen. Die korpusbasierte Untersuchung von Woźniak zeigte, wie mithilfe von Phrasemen kritische Meinungen zur polnischen Ju- stizreform von Politikern und Journalisten in deutschen Pressekommentaren geäußert wurden. Zu den Besonderheiten der in der deutschen Rechtssprache verwendeten festen Wortverbindungen referierte Maria Biskup (Universität Warschau), indem sie auf ih- ren Gebrauch in ausgewählten Prozessschriften einging und ihre Systematisierung nach morphologischen und semantischen Kriterien anbot.
Eine korpusbasierte Untersuchung von Kollokationen in der deutschen und dänischen Wissenschaftssprache stellte Irene Simonsen (Süddänische Universität) vor. In dieser Studie wurden die Kookkurenzen der zentralen Lexeme der Wissenschaftssprache in zwei Sprachen mit dem Ziel verglichen, nicht nur Gebrauchsfrequenz, semantische Unterschiede und Ähnlichkeiten festzustellen, sondern auch eine fundierte Vorlage für die deutschsprachigen Studenten, die ihre wissenschaftlichen Texte auf Dänisch verfassen, anbieten zu können. Ein sekundäres Ziel war zugleich das Testen der „Word Sketch“- Funktion des Korpuswerkzeugs „Sketch Engine“. Die Rolle der mehrsprachigen Korpo- ra für die Untersuchung der festen Wortverbindungen behandelten in ihrem Beitrag auch Skaistė Volungevičienė und Vilija Valaitė (Universität Vilnius). Mit der Erfassung von festen Wortgruppen in Bezug auf ihre Fixiertheit befassten sich auch Rita Juknevičienė (Universität Vilnius) und Laura Vilkaitė-Lozdienė (Universität Vilnius). Die Auffassung der phraseologischen Einheiten im weiteren Sinne wurde in der von Rita Juknevičienė vorgelegten Studie angewendet, um das gesprochene Englisch von Muttersprachlern und Nicht-Muttersprachlern zu vergleichen. Das Ziel der Studie war es festzustellen, welche Art von Ausdrücken – „partly fixed“ (z. B. might not have, it was actually), „fixed“ (z. B. have something to do with, I’ve never seen) oder „very fixed“ (z. B. at the moment, the first thing that struck) – die signifikanten Unterschiede zwischen L1 und L2 Englisch ausmachen. Das Verständnis der Fixiertheit in dieser Studie ist durch das Anwendungsprinzip des Onlinetools begründet, mit dem die Wortgruppen mit unterschiedlichem Grad an Fixiertheit und Häufigkeit automatisch identifiziert werden, und wurde auf zwei Textkorpora mit Texten von Muttersprachlern und Nicht-Muttersprachlern angewendet. Laura Vilkaitė-Lozdienė stellte in ihrem Beitrag ein psycholinguistisches Experiment vor, das sich mit der Verarbeitung von Kollokationen befasste. Es gibt derzeit eine Reihe von Studien, die belegen, dass bei häufigen Kollokationen ein Verarbeitungsvorteil besteht, es sind jedoch noch Fragen zu beantworten, warum dieser Vorteil konkret auftritt. Eine dieser Fragen ist es, ob Kollokationen als Ganzes aktiviert werden oder ob die Wörter, aus denen sie bestehen, die gegenseitige Aktivierung irgendwie erleichtern. Im Experiment wurden die Kollokationen den Teilnehmern sowohl vorwärts (make . conclusions) als auch rückwärts (conclusions . make) präsentiert. Englische Muttersprachler sollten lexikalische Entscheidungsaufgaben mit entsprechenden Paradigmen lösen.
Ihre Reaktionszeiten wurden mithilfe von Mixed-Effects-Modellen aufgezeichnet und analysiert.
Die festen Wortgruppen, insbesondere die mit dem höheren Grad der Idiomatizität, sind beim Fremdsprachenlernen nicht selten mit Verständnis-, Lernund Anwendungs- problemen verbunden. Die phraseodidaktischen Fragestellungen bildeten den Schwerpunkt der Präsentationen nicht nur von den Sprachforschern der Auslands-, sondern auch der Inlandsgermanistik. Im Beitrag von Alja Lipavic Oštir (Universität Maribor, Universität Trnava) wurde auf der Grundlage der Analyse von Lehrwerken gezeigt, dass Phraseme im DaF-Unterricht zwar präsent sind, jedoch häufig nicht entsprechend didaktisiert werden und bezüglich der Datenbanken und Lexika nicht alle aktuell sind. Die Referentin stellte die Frage, welche Möglichkeiten für die Sensibilisierung wie auch für den rezeptiven und den produktiven Erwerb von Phrasemen die Einbeziehung des problemorientierten Ansatzes im DaF-Unterricht bietet. Es wurde davon ausgegangen, dass der problemorientierte Ansatz motivierend wirkt und zugleich auch fächerübergrei- fendes Lernen begünstigt. Die Suche nach neuen phraseodidaktischen Konzepten, die den Anforderungen der sich inzwischen etablierten Methode des phraseodidaktischen Vierschritts Erkennen – Entschlüsseln – Festigen – Anwenden genügen, bildete auch den Schwerpunkt des Vortrages von Hana Bergerova (Jan-Evangelista-Purkyně-Universität Ústí nad Labem). Im Vortrag wurde auf ausgesuchte Projekte und Internetauftritte eingegangen, die eine Inspiration für alle diejenigen darstellen könnten, die sich der Re- levanz einer an authentischen Texten orientierten Vermittlung von phraseologischen Wortverbindungen bewusst sind und die eine konsequente Kontextualisierung bei der Behandlung von Phraseologismen als Grundlage für ihren späteren adressatenspezifischen, textsortentypischen und situationsangemessenen Gebrauch durch die DaF-Lernenden betrachten. Am Beispiel einer Fallstudie wurde gezeigt, wie die Autoren eines an tschechischen Gymnasien häufig eingesetzten Lehrwerks diesbezüglich vorgehen. Ein weiteres didaktisches Problemfeld – die Balance zwischen der fertigkeitsorientierten Spracharbeit und der phraseologiebezogenen Wortschatzarbeit – behandelte in seiner Studie Marios Chrissou (Universität Athen). Anhand konkreter Beispiele wurde erklärt, wie die inhaltsorientierten Ansätze sowie das aufgabenorientierte Lernen (task based learning), die den kommunikativen Aspekt von Sprache betonen und den didakti- schen Schwerpunkt auf situierte rezeptive und produktive Lernaktivitäten legen, mit den formbezogenen Ansätzen, die Präzision in der Sprachbeherrschung durch Fokussierung formaler Aspekte (focus on form) in den Vordergrund stellen, für den Bereich der Phra- seologie integriert werden können. Die phraseodidaktischen Überlegungen ergänzte der von Lea Hoffmann (Universität Duisburg-Essen) präsentierte Beitrag, dessen Ausgangs- punkt eine Untersuchung zu den formelhaften Strukturen in der deutschen Sprache, die insbesondere für Jugendliche relevant sein könnten, darstellte. Bei der vorgestellten Un- tersuchung handelte es sich um die Entwicklung eines Phraseminventars, das phraseologische Einheiten für Jugendliche beinhalten soll. Dieses wird mithilfe des Korpus Ref10 erstellt, das sechs Millionen Token umfasst und Texte für und von Jugendlichen beinhaltet: Das Korpus wurde im Rahmen des Projekts Wortschatzwissen an der Universität Duisburg-Essen unter der Leitung von Ulrike Haß entwickelt. Die Beiträge von Diana Babušytė (Universität Vilnius) und Daumantas Katinas (Universität Vilnius) verstanden sich auch als Plädoyer für den Einsatz von Phraseologismen sowie die Förderung phraseologischer Kompetenz im DaF-Unterricht und fokussierten dabei auf vielfältige Materialien zur Phraseologievermittlung als Ressource zur Erweiterung des Wortschatzes auf verschiedenen Niveaustufen.
Viel Interesse und Aufmerksamkeit wurde auf der Tagung der Rolle von festen Wortverbindungen und der Problematik ihrer Erfassung in der Lexikographie gewidmet. Die Sprichwortbedeutung in Bezug auf ihre Komplexität und ihre Wiedergabe in einer anderen Sprache bildete den Gegenstand der von Vida Jesenšek (Universität Maribor) vorgestellten Studie. Dadurch sind laut Referentin verschiedenartige Probleme semantischer und pragmatischer Natur begründet. Aufgrund der Beobachtung der gängigen Praxis in der praktischen Lexikographie wurde angenommen, dass gerade gebrauchs- pragmatisches Potential der Sprichwörter eine bisher unüberwindbare Hürde für eine phänomengerechte und lexikographietheoretisch vertretbare Behandlung der Sprich- wörter in allgemeinen oder speziellen ein- und zweisprachigen Wörterbüchern darstellte. Anhand der Auswertung ausgewählter Bedeutungsbeschreibungen und am Sprachen- paar Deutsch-Slowenisch wurden im Beitrag spezifische Aspekte der parömiologischen Bedeutung diskutiert: Idiomatizität, Motiviertheit, Expressivität, Kontextgebundenheit, Sprachhandlungspotential und Sprechereinstellungen. Es wurde gezeigt, wie sie innerhalb eines gebrauchspragmatischen lexikographischen Konzepts erfasst werden können und unter welchen Bedingungen sich die genannten Problemfelder minimieren lassen, wenn der Lexikograph, wie gegenwärtig üblich, mit korpusermittelten empirischen Sprachdaten arbeitet. Auf lexikographische Probleme mit phraseologischem Material ging auch Malgorzata Gulawska-Gawkowska (Universität Warschau) ein, wobei die neue Konzeption eines zweisprachigen Wörterbuches zwischen Semasiologie und Onomasiologie aufgegriffen wurde, welche nicht nur zwei Sprachen betrifft, sondern auch eng mit der Entwicklung der Korpuslinguistik in phraseologischen Untersuchungen zusammenhängt. Die Referentin nannte Vorteile und Nachteile korpusbasierter Phraseographie und bot einen auf dem Sprachenpaar Deutsch-Polnisch basierenden Überblick über die Möglichkeiten kontrastiver phraseologischer Wörterbücher. Die Suche nach phraseolo- gischen Äquivalenten im Schwedischen und Litauischen behandelte Erika Sausverde (Universität Vilnius): Es wurde somit ein Projekt zur Erstellung eines zweisprachigen Wörterbuches vorgestellt, bei dem man mehrere lexikographische Probleme aufgrund zweier Sprachsysteme zu lösen hat. Mit Stärken und Mängeln von vier Kollokations- wörterbüchern der Gegenwartssprache, die in Polen früher in großem Umfang verwendet wurden, befasste sich in ihrem Vortrag Dorota Osuchowska (Universität Rzeszów).
In der neueren Phraseologieforschung wird der Entwicklung und Rolle der formelhaften Sprache, ihrer Gebrauchsformen in früheren Wörterbüchern und Textsammlungen sowie Textsorten immer mehr Beachtung geschenkt. Auch der historische Ansatz der Phraseologieforschung war auf der Tagung in Vilnius präsent. In der Präsentation von Barbara Kovačevic und Barbara Štebih Golub (Institut für kroatische Sprache und Sprachwissenschaft Zagreb) wurde das erste kroatische Wörterbuch phraseologischer Redewendungen (1837) von Ignaz Kristianovich vorgestellt, in dem der Autor beinahe moderne lexikographische Methoden anwendet wie die Darstellung von Beziehungen zwischen Phrasemvarianten oder Rektionsvarianten und die Kontextualisierung von kajkavischen Phrasemen, um ihre Bedeutung einem deutschsprachigen Zielpublikum näherzubringen. Eine andere Methodik bei der Erstellung eines Wörterbuches von Sprichwörtern stellte Lina Plaušinaitytė (Universität Vilnius) am Beispiel der Sprichwörtersammlung von Constant von Wurzbach (1852) dar. Der Versuch Wurzbachs, die Originalität der litauischen Sprichwörter zu betonen und die litauischen Sprichwörter nicht durch sinnähnliche deutsche Entsprechungen wiederzugeben, sondern ihre wortwörtlichen Übersetzungen aus dem Litauischen anzufertigen, bot einen interessanten Gegenstand für den Vortrag. Die Sprachspiele mit Zwillingsformeln in Briefen von Wolfgang Amadeus Mozart analysierte in ihrem Vortrag Evgeniya Kakzanova (VINITI RAN Moskau). Die formelhafte Sprachform der deutschsprachigen diplomatischen Briefe des litauischen Großfürsten Vytautas Magnus aus dem 15. Jh. bildete den Schwerpunkt des Beitrages von Justina Daunorienė (Universität Vilnius).
Als einer der produktivsten und zu regen Diskussionen führenden Ansätze bei der Un- tersuchung von festen Wortverbindungen erwies sich die Methode der kontrastiven Untersuchung, bei der die Erfassung der Phraseme nach onomasiologischen oder sema- siologischen Kriterien, nach kulturellen, historischen, geographischen, auch situativen Informationen stattfinden kann. In Redewendungen und anderen fixierten Ausdrucksformen treten häufig metaphorisch oder metonymisch interpretierte menschliche Körperteile auf, wie im Beitrag von Inesa Šeškauskienė (Universität Vilnius) am Beispiel des Lexems Herz im Englischen und Litauischen veranschaulicht wurde, oder Tierbe- zeichnungen nach der deutsch-polnischen Fallstudie von Aleksandra Lidzba (Universität Wrocław) sowie gastronomische Komponenten nach der deutsch-litauischen Fallstudie von Diana Šileikaitė-Kaishauri (Universität Vilnius). Onomasiologische Betrachtungsweise in der Verwendung von festen Wortgruppen führte zu interessanten Ergebnissen in den Untersuchungen von Krystian Suchorab (Universität Wrocław) zu pragmatischen deutsch-polnischen Phraseologismen im Bereich der Aggression, von Joanna Szczęk (Universität Wrocław) zu deutsch-polnischen pejorativen Phrasemen und Einwortidi- omen, von Jirina Mala (Universität Brno) zu Phraseologismen als Ausdrucksmitteln von Emotionen wie Freude, Angst, Trauer, Ärger und Liebe, von Anna Gondek (Universität Wrocław) zur idiomatisierten Erfassung von Lachen im Deutschen und Polnischen so- wie in der Fallstudie von Marcelina Kałasznik und Przemysław Staniewski (Universi- tät Wrocław) zur Verwendung von festen Wortverbindungen bei der Beschreibung von Krankheiten. Die Problematik der sprachlichen Parallelen von festen Wortverbindungen in zwei Sprachen in der schöngeistigen Literatur und im Film aus der übersetzungswissenschaftlichen Perspektive behandelten in ihren Untersuchungen die Tagungsteil- nehmerinnen Aina Būdvytytė (Universität Šiauliai), Lucyna Harmon (Universität Rzes- zów) und Danguolė Satkauskaitė (Universität Vilnius). Auf die Schnittstellen zwischen der Humorforschung und Phraseologie wurde im Referat von Virginija Masiulionytė (Universität Vilnius) hingewiesen, in dem humorvolle Beiträge aus sozialen Medien wie Facebook und Twitter in unterschiedlichen Sprachen (Deutsch, Englisch, Litauisch, Russisch, Polnisch) untersucht wurden. Aus der sprach- und literaturwissenschaftlichen sowie psychoanalytischen Perspektive wurde den Funktionen und Mechanismen der den literarischen Text konstituierenden idiomatischen Strukturen im Vortrag von Christian Thienel (München) nachgegangen. Anna Pieczynska-Sulik (Universität Poznań) behandelte ikonische Dimensionen in der Phraseologie. Im Beitrag von Anna Sulikowska (Universität Szczecin) wurde das Ziel verfolgt, anhand einer korpusbasierten Fallstudie das semantische Potential der Idiome zu veranschaulichen sowie die kognitiven Mecha- nismen (image schemas, Metonymien, Metaphern usw.) aufzuzeigen, die zur Konstituierung der aktuellen Bedeutungen beitragen.
Die Tagung in Vilnius brachte renommierte Phraseologieforscher zusammen und bot den jungen Linguisten eine Plattform, ihre begonnenen Forschungen und Projekte zu präsentieren. Als zentrales Ergebnis der Tagung wurde erkennbar, dass die Phraseolo- gieforschung immer neue Forschungsbereiche entdeckt: Sprachkontakte, intensiver Wandel in mündlicher, schriftlicher und technisierter Sprache und Kommunikation, die sich verändernden Voraussetzungen für den DaF-Unterricht oder die zunehmende Varietät der Fachsprachen bilden weitere Themenfelder zur Erforschung der formelhaften Sprachformen, die auf der langjährigen Forschungstradition aufbauend mit interdisziplinären Aspekten ergänzt und mittels neuer linguistischer Ansätze untersucht werden können. Diskussionen und aktiver Ideenaustausch auf der Tagung brachten einige Ideen zu weiterführenden thematischen Projekten hervor, wobei die germanistische Phrasem- forschung mit Ergebnissen nationaler linguistischer Arbeiten verbunden wurde. Die Publikation der Beiträge der Tagung ist in der wissenschaftlichen Zeitschrift Kalbotyra 73 (2020) vorgesehen.